Bildstrecke:Verlorene Reiseparadiese: Ach, war das schön!

Seit 30 Jahren reist Stefan Loose durch die Welt, um Reiseführer zu schreiben. Manche Reiseziele haben sich im Laufe der Zeit drastisch verändert.

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Seit 30 Jahren reist Stefan Loose durch Asien, um Reiseführer zu schreiben. Manche Reiseziele haben sich im Laufe der Zeit drastisch verändert - meist zum Negativen. Von der Hütte mit Palmendach zum Hotel mit Pool (Ko Samui) Fischen und die Verarbeitung der Kokosnüsse zu Kopra, dem getrockneten Kernfleisch, bestimmten vor 30 Jahren den Tagesablauf in den Dörfern auf Ko Samui, der Insel der Millionen Kokospalmen an der Ostküste Thailands. Wenn die Männer die Kopra im Hafen Nathon verladen hatten, brachten sie in ihren Pick-ups Globetrotter mit zurück an den Chaweng Beach, wo die schlammige Piste an einer felsigen Landzunge endete. An einer kleinen Flussmündung ankerten die Fischerboote der Familien, die neben ihrem Wohnhaus kleine einfache Hütten für Touristen errichtet hatten. Wenn für Neuankömmlinge kein Platz mehr frei war, wurde aus dem weichen Palmenholz schnell eine neue Hütte gebaut und mit Palmblättern gedeckt. Die Türen standen meist offen, da es keine Fenster gab, und jeder wusste, dass der Chef die Reisekasse aller Anwesenden unter seiner Matratze verwahrte. Nach Sonnenuntergang wurden die Petroleumlampen angezündet, aber weit schöner war der leuchtende Sternenhimmel über dem kilometerlangen, weißen Sandstrand. Heute steht auf der beliebten Urlaubsinsel an der kleinen Flussmündung eingepfercht zwischen zahlreichen anderen Hotels ein komfortables Resort mit klimatisierten Zimmern und Swimmingpool. Es ist immer noch in Familienbesitz - mittlerweile in der dritten Generation. Früher war alles schöner: Was ist mit Ihren Sehnsuchtsorten passiert? Foto: istock

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Poste restante statt E-Mails (Singapur) Auf langen Reisen waren Postämter immer ersehnte Zwischenstationen, denn dort warteten poste restante. In Regalfächern lagerten alphabetisch sortiert die Briefe mit Neuigkeiten von daheim. Doch nicht alle Postämter auf der Welt waren zuverlässig. Manchmal waren die Briefe falsch oder gar nicht einsortiert oder sie reisten im Drei-Wochen-Abstand hinterher. Als eine der zuverlässigsten Adressen galt in den siebziger und achtziger Jahren das Hauptpostamt in Singapur im Fullerton Building, einem britischen Kolonialgebäude mit repräsentativen Säulen. Auf vielen Reisen haben wir dort unsere Post abgeholt, um sie bei einem Glas Tee an den kleinen Essensständen am Fluss nach Priorität sortiert langsam und genüsslich zu lesen - wissend, dass die Neuigkeiten, die aus einer anderen Welt zu kommen schienen, mindestens drei Wochen alt waren. Im Zeitalter des Internets und billiger Telefonanbieter verstauben die Postfächer. In Singapur hat man das ehemalige Hauptpostamt edel saniert und zu einem Luxushotel umgebaut. Wenn wir wieder nach Singapur kommen, könnten wir im "The Fullerton" in einer Nacht so viel ausgeben wie die gesamte Reise damals bei unserem ersten Besuch in dem Gebäude gekostet hat. Früher war alles schöner: Was ist mit Ihren Sehnsuchtsorten passiert? Foto: istock

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Die letzten 64 Kilometer (Borneo) Im August 1978 unternahmen wir den ersten Versuch: Wir stießen mit dem Flussboot von der malaysischen Hafenstadt Sibu aus auf dem Batang Rajang ins Landesinnere von Borneo vor. Von Kapit aus wollten wir weiter nach Belaga, um in drei Tagen zu Fuß über die Wasserscheide nach Tubau zu laufen, und auf dem Batang Kemena wieder mit dem Boot zur Küstenstadt Bintulu zu gelangen. Doch kein Boot konnte die Stromschnellen wegen Niedrigwasser überwinden - wir mussten umkehren. Beim nächsten Versuch klappte es. Allerdings dauerte es einige Jahre später keine drei Tage mehr. Holzfäller hatten sich an den Oberlauf des Rajang vorgearbeitet und von ihren Camps an den Flussläufen aus breite Schneisen in den Dschungel geschlagen. So fuhren wir mit dem Holzfällertruck ins Hauptcamp, von wo aus wir nach einer Übernachtung bis zur Verladestation am Kemena mitgenommen wurden - gegen Bezahlung selbstverständlich. Mittlerweile haben wir den Trans-Sarawak-Highway bereits mehrfach befahren und sind auf Asphaltstraßen weit ins Landesinnere von Borneo vorgestoßen. Nach Belaga geht es aber immer noch nur mit einem Geländewagen auf unbefestigten Plantagen- und Holzfällerstraßen durch endlos abgeholzte Wälder - zumindest auf den letzten 64 Kilometern. Früher war alles schöner: Was ist mit Ihren Sehnsuchtsorten passiert? Foto: istock

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Der Kreislauf des Tourismus (Malaysia) Bevor die verschlafene Ostküste der Malaiischen Halbinsel von der Ölindustrie wachgerüttelt wurde, war die Fahrt auf den schmalen Landstraßen durch geruhsame Dörfer sehr entspannend. Fehlende Brücken verlangsamten die Reise und Palmenstrände verlockten zu ungeplanten Zwischenstopps. Außerhalb der Städte gab es bis auf die Gästehäuser der Regierung kaum Unterkünfte. So wohnte man in dem Dorf Cherating bei Fischerfamilien und teilte mit ihnen für wenige Ringgit das Essen und ihr Haus. Als jedoch immer mehr Traveller auftauchten, entstanden hinter dem Haus in den Mangroven erste Hütten, später auch welche direkt am Strand. Die Touristen waren eine willkommene Alternative zum Fischen, denn der Hafen versandete wegen der Ölindustrie zunehmend. Auch zum Schwimmen musste man immer weiter hinauslaufen. Die kleinen Strand-Restaurants wurden mit Karaoke-Anlagen ausgestattet und an den Wochenenden zu beliebten Zielen der Einheimischen. Vielen Backpackern gefiel der Ort nicht mehr. Sie wollten sich nicht beschallen und begaffen lassen und zogen weiter auf die Inseln. So ist Cherating mittlerweile wieder fast ganz in einheimischer Hand, nur wenige ausländische Urlauber bleiben hier hängen. Früher war alles schöner: Was ist mit Ihren Sehnsuchtsorten passiert? Foto: dpa

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Vom Geheimtipp zum Backpacker-Treff (Bangkok) Es war ein Geheimtipp, die Empfehlung der Freundin einer Bekannten, die Ende der siebziger Jahre in Thailands Hauptstadt Bangkok arbeitete: "Wenn ihr eure Zeit nicht in Verkehrsstaus verbringen wollt, dann sucht euch eine Unterkunft in der Altstadt", sagte sie. "Es gibt da ein Hotel in der Nähe meines Schneiders in der Khao San Road." Das Viengtai Hotel im Viertel der Textilhändler wurde für die nächsten Jahre unsere Basis in Bangkok. Anfang der achtziger Jahre entstanden in den benachbarten zweistöckigen Holzhäusern die ersten Backpacker-Quartiere. Eine Matratze auf dem Balkon war bereits für 30 Baht (damals etwa 1 Euro) zu bekommen. Mittlerweile stehen auf der Khao San Road über hundert Gästehäuser und Boutique-Hotels - und jedes Jahr kommen zahlreiche neue, komfortablere, teurere hinzu. Abends wird die Khao San Road zur Fußgängerzone. Mit ihren offenen Restaurants, Bars, Cafés, Diskos und Boutiquen ist sie Treffpunkt vieler einheimischer Jugendlicher und der internationalen Backpacker-Szene. Früher war alles schöner: Was ist mit Ihren Sehnsuchtsorten passiert? Foto: Getty Images

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Tourismus und Terror (Bali) Bei aller Liebe zum einheimischen Essen verspürt man auf Reisen manchmal große Lust auf gewohnte kulinarische Genüsse. Vor 30 Jahren war in Ubud auf der indonesischen Insel Bali dafür eine gute Adresse: der Warung von Oka Wati - gleich neben dem Palast des Ortes. Die ersten Hippies, die nach Bali kamen, liebten Oka Watis Reispudding. Sie hatten ihr sogar beigebracht, wie man Obstsalat und Pancakes zubereitet. Ein Renner war auch die Schokolade, die sie aus der Hauptstadt Denpasar mitbrachte. Einige Jahre später erzählte sie uns stolz, dass ihr Mann ein Hotel auf einem ehemaligen Reisfeld auf dem Weg zum Monkey Forest gebaut hatte. Bei jedem unserer folgenden Besuche war an dem Hotel wieder etwas an- und umgebaut worden. Einige neue Zimmer erhielten geschnitzte Himmelbetten und eine Freiluftdusche mit kleinem Wasserfall. Nach dem Bombenanschlag auf eine Diskothek in Kuta im Oktober 2002, bei dem mehr als 200 Menschen starben, war plötzlich alles vorbei. Die Urlauber blieben aus - für eine Insel, die vom Tourismus lebt, eine Katastrophe. Viele Angestellte mussten zu ihren Familien in die Dörfer zurückkehren. Oka Wati und ihre Familie sind geblieben. Manchmal, wenn wir bei ihr zu Besuch sind, feiern wir große Feste im balinesischen Stil. Früher war alles schöner: Was ist mit Ihren Sehnsuchtsorten passiert? Foto: istock (Texte: Stefan Loose/Renate Loose/sonn) Der Stefan-Loose-Verlag feiert in diesem Jahr sein 30-jähriges Jubiläum. Als Stefan Loose im Jahr 1975 in Vietnam hängenblieb, entstand die Idee, einen Südostasien-Ratgeber zu schreiben. 1978 erschien der Reiseführer, gleich danach ging Stefan Loose mit seiner späteren Frau Renate wieder auf Reisen - diesmal nach Borneo. Seitdem war das Ehepaar Loose jedes Jahr unterwegs, vor allem in Asien.

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