Bangkok:"Man hat nie Hunger in Thailand"

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Für Achiraya Thamparipattra sind die Garküchen ein wichtiger Teil der thailändischen Kultur. (Foto: Monika Maier-Albang)

Eine Anbieterin von Streetfood-Touren in Bangkok will Urlauber und Einheimische beim Essen zusammenbringen. Garküchen gehören für sie zur Kultur der Stadt.

Von Monika Maier-Albang

Achiraya Thamparipattra leitet gemeinsam mit ihrer jüngeren Schwester Mint das Unternehmen Hivesters. Der Reiseveranstalter aus Bangkok bringt Urlauber und Einheimische zusammen - zum Beispiel zum Blätter-Flechten mit "Tante Mali" oder zum Pad-Thai-Kochen mit Frau Orapun, einer Straßenköchin im Viertel Nang Loeng, wo es den ältesten Essensmarkt Bangkoks gibt. Streetfood gehöre untrennbar zu Thailands Metropole, sagt Geschäftsführerin Achi - und sorgt sich um die Leute, die davon leben müssen.

SZ: Wie viele Ihrer Gäste wollen Street food-Touren mitmachen?

Thamparipattra: Etwa 60 Prozent der Leute, die bei uns anfragen, wollen in Bangkok irgendetwas mit Essen erleben. Selber kochen, sich führen lassen, Lokale entdecken.

Also ist Essen nicht nur für die Thai länder eine wichtige Sache, sondern auch für die Besucher des Landes?

Definitiv, Essen ist ein großer Teil unserer thailändischen Kultur. Es vermittelt unsere Lebensweise und wie wir aufwachsen. Abgesehen von der Küche meiner Mutter und Großmutter ist Streetfood das Beste für mich, sehr authentisch und lecker, und du kannst es rund um die Uhr hier in Bangkok finden. Man hat nie Hunger, wenn man in Thailand ist.

Die Originalküche ist überraschend vielfältig. Aber oft auch sehr scharf.

Du bekommst eben hier alle Zutaten frisch. Das kann man wirklich nicht vergleichen.

Wie haben Ihre Gäste reagiert auf die Ankündigung der Stadtverwaltung, weniger Essensstände auf Bangkoks Straßen zu dulden?

Alle haben uns danach gefragt! Das Thema berührt die Herzen der Menschen, weil es einen Teil unserer Kultur ausmacht. Und wir Reiseveranstalter sprechen auch darüber. Was passiert, wenn es verschwindet? Ohne Streetfood wäre Bangkok nicht denkbar.

Wie ist die aktuelle Situation ?

Es gibt einige Gegenden, in denen die Straßenverkäufer nicht mehr verkaufen dürfen. Sie mussten in andere Bereiche wechseln, die möglicherweise nicht genauso viele Kunden anziehen, und dadurch verdienen sie weniger. Aber die Straßenstände kommen teilweise wieder zurück aufgrund des internationalen Aufschreis in den Medien.

Sie sprechen von Supinya Junsuta , der Street food-Köchin, die einen Michelinstern bekommen hat .

Ja, wir sind alle begeistert, und es ist ein großes Thema in Bangkok. Ihr Essen ist sehr gut.

Streetfood hat ja nicht nur für Touristen eine Bedeutung. Viele Thai länder, die im teuren Bangkok leben, haben keine eigene Küche in ihrem Mini-Apartment.

Ja, es bedeutet uns sehr viel. Viele von uns leben in einer Einzimmerwohnung. Einige haben keine eingebaute Küche. Wenn man da kocht, riecht alles nach Essen. Viele von uns können es sich nicht leisten, jeden Tag im Restaurant zu essen. Wenn du 300 Baht am Tag verdienst, und ein Gericht im Ausgehviertel Sukhumvit kostet 80, 100 Baht im Restaurant, kann das ein großes Problem sein. Ein erschwingliches und leckeres Straßenessen, das 30 bis 50 Baht pro Gericht kostet, hält uns am Leben.

Die Köche trifft eine Vertreibung aber trotzdem noch mal härter als die Kunden.

Die meisten Straßenverkäufer sind selbständig. Sie haben kein gesichertes Einkommen jeden Monat, also verlassen sie sich darauf, dass sie jeden Tag verkaufen können. Eine große Zahl sind Frauen, die für ihre Familien, Kinder und Großeltern sorgen müssen. Es ist schwer für sie, sich die Miete des Raumes für die Eröffnung eines Restaurants leisten zu können, da die Mieten in Bangkok sehr hoch sind.

Die Stadtverwaltung hat das Zurückdrängen der Essensstände ja damit begründet, dass die Fußgängerwege vielerorts zu schmal seien. Und die Plastikabfälle die Kanalisation verstopfen. Haben Sie Verständnis für diese Argumente?

Zum Teil. Mancherorts sind die Durchgänge wirklich sehr eng. Aber der Verkehr nimmt nun mal generell in der Stadt immer mehr zu. Wenn sie nicht verkaufen können, könnten viele Verkäufer arbeitslos werden. Das wäre nicht gut für das Land. Ich denke, wenn wir in der Lage sind, die Regeln für die Straßenverkäufer bezüglich Hygiene und Reinigung der Flächen festzulegen, würde das die Probleme lösen.

© SZ vom 06.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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