Anfang 1945 war der Zweite Weltkrieg auch am Boden nach Deutschland zurückgekehrt, in das Land, von dem er ausgegangen war. SZ.de dokumentiert die Endphase des Krieges im Osten mit Bildern aus dem Achiv von SZ Photo. Im Bild: Eine deutsche Panzerabwehrstellung vor der von sowjetischen Truppen eingeschlossenen ostpreußischen Hauptstadt Königsberg im Jahr 1945.
Jahrelang hatten sie Länder in ganz Europa erobert, nun mussten deutsche Panzer die Heimat verteidigen. Straßenschilder mit deutschen Ortsnamen wiesen ihnen den Weg, wie hier im zurückeroberten Goldap in Ostpreußen, Oktober 1944. Während im Westen die Allierten Aachen eroberten und in den Ardennen eine letzte große Materialschlacht tobte, blieb die Reichsgrenze im Osten bis zum Jahresende 1944 verhältnismäßig ruhig. Sowjet-Chef Stalin nutzte die Zeit, um an der Weichsel Millionen Soldaten sowie Zehntausende Panzer, Kampfflugzeuge und Geschütze für den finalen Stoß gegen das Reich zusammenzuziehen. An der auf 750 Kilometer ausgedehnten Ostfront hatten die Deutschen der Roten Armee nicht mehr viel entgegenzusetzen.
Die deutsche Antwort auf die akute Bedrohung war der sogenannte "Ostwall". Ende 1944 wurden etwa 1,5 Millionen deutsche Zivilisten und Häftlinge herangezogen, um in die vereisten Böden des deutschen Ostens Panzergräben und Bunkerstellungen zu treiben. Erich Koch, der fanatische Gauleiter Ostpreußens, inspiziert auf diesem Foto im Herbst 1944 einen 'Ein-Mann-Bunker', welche im Schnellverfahren an der bedrohten Grenze gegossen und in die Erde gelassen wurden. Eine Evakuierung der Zivilbevölkerung, welche zu diesem Zeitpunkt noch möglich war, lehnte Koch strikt ab. Personen, die ihre Wohnorte verließen, wurden auf seinen Befehl als Verräter hingerichtet.
Unmittelbar vor der sowjetischen Großoffensive standen den Deutschen entlang der gesamten Ostfront etwa 4800 Panzer und 1500 Kampfflugzeuge zur Verfügung - das waren mehr Panzer als beim Überfall auf die Sowjetunion 1941. Doch die Rote Armee hatte in der Zwischenzeit mächtig aufgerüstet. Sie besaß fast dreimal so viele Panzer und zehnmal so viele Flugzeuge. Auch an Artillerie und Infanterie waren die Sowjets der Wehrmacht an manchen Frontabschnitten 10:1 überlegen. Einzig an Winterkleidung mangelte es im letzten Kriegsjahr nicht mehr. Auf diesem Foto rasten deutsche Soldaten in Pelzmützen und Schneetarnanzügen vor einem Sturmgeschütz.
Am 12. Januar 1945 um 4:45 wurde der Himmel schlagartig taghell, als bis zu 300 russische Geschütze pro Frontkilometer das Feuer auf die deutschen Stellungen eröffneten. Die vordersten Linien der Wehrmacht entlang der Weichsel wurden regelrecht zermalmt. Anschließend begannen die berüchtigten sowjetischen Strafbataillone ihre Sturmangriffe gegen die überlebenden Verteidiger. Ein weiterer Feuerschlag um 10 Uhr Vormittag löschte ganze Kompanien der Deutschen aus. Die mobilen Reserven waren viel zu dicht hinter der Front platziert worden - einer der militärisch fatalen Befehle von Nazi-Diktator Adolf Hitler. Auf diesem Bild drücken sich zwei Angehörige eines schlesischen Jägerbataillons an die Wände ihres Schützengrabens.
Die Rote Armee drang in großem Tempo vor. In nur vier Tagen hatten die Sowjets ihre beiden Weichsel-Brückenköpfe auf einer Frontlänge von 300 Kilometern vereinigt und die deutsche Verteidigung zersplittert und aufgerieben. Der deutschen Zivilbevölkerung blieb keine Zeit zur Flucht - sie war auch vorher nicht über die drohende Katastrophe gewarnt worden. Aus den ersten Monaten des Jahres 1945 gibt es Tausende Fotos, die wie dieses zusammengeschossene Flüchtlingstrecks zeigen.
Trotz der Flüchtlingskatastrophe hatte für das NS-Regime die Versorgung und Evakuierung der Soldaten Priorität. Im Kurland war etwa seit Oktober 1944 eine deutsche Heeresgruppe mit etwa 500 000 Soldaten eingeschlossen. Von dort wurden deutsche Soldaten über die Ostsee aus dem Kessel gebracht. Dieses Foto zeigt gerettete Landser im Hafen von Gotenhafen (Gdynia) im Januar 1945.
Deutsche Kriegsschiffe griffen in die Kämpfe an Land ein. Auf diesem Foto eröffnet ein deutscher Zerstörer während der Kämpfe im Samland das Feuer auf sowjetische Stellungen. Die Marine brachte auch viele Flüchtlinge in Sicherheit. Doch für Abertausende endete die Überfahrt nach Westen mit dem Tod in der eisigen Ostsee. Allein bei der Versenkung der Wilhelm Gustloff durch ein sowjetisches U-Boot starben zwischen 5000 und 9000 Menschen - ein trauriger Rekord in der Geschichte der Seefahrt.
Die Deutschen folgten auf Geheiß der Nazi-Führung der Strategie der "verbrannten Erde", auf die Bevölkerung wurde keine Rücksicht genommen. Auf diesem Foto sprengen deutsche Pioniere Teile eines ostpreußischen Dorfes, um der eigenen Artillerie ein besseres Sichtfeld zu ermöglichen. Von taktischen Rückzügen wollte Diktator Adolf Hitler nichts wissen. Der Vorschlag General Guderians, die Hauptkampflinie im Osten auf ein militärisch sinnvolles Maß zu verkürzen, versetzte Hitler in einen Wutanfall.
Kein Orden konnte über das drohende Schicksal der in Ostpreußen Zurückgebliebenen hinwegtäuschen. Die Verzweiflung und Anspannung angesichts ihrer hoffnungslosen Lage steht diesen Soldaten der 95. Infanterie-Division ins Gesicht geschrieben. Auch der auszeichnende Generalmajor Joachim-Friedrich Lang fiel kurz nach dieser Aufnahme bei einem sowjetischen Luftangriff nahe Königsberg.
Auch anderorts begannen die letzten Tage des alten deutschen Ostens. Ende Januar überschritten die ersten sowjetischen Einheiten die Vorkriegsgrenze zu Schlesien. Am 8. Februar begann eine weitere Großoffensive mit dem Ziel Elbe. Als Zentrum der Waffen- und Steinkohleproduktion waren die Industriezentren Schlesiens für die deutsche Kriegswirtschaft unersetzlich, entsprechend hart umkämpft war die Region. Auf diesem Foto passiert ein Schützenpanzerwagen der Wehrmacht während eines Gegenangriffes ein zerstörtes sowjetisches Geschütz.
Was den Deutschen an Material fehlte, sollte durch den Einsatz aller verfügbaren Kräfte wettgemacht werden. Alle "waffenfähigen Männer im Alter von 16 bis 60 Jahren" wurden im sogenannten "Volkssturm" an die Front geworfen. Dem geringen militärischen Wert standen große Einbußen in der Rüstungsindustrie gegenüber, deren geschulte Arbeitskräfte nun in Breslau und Ostpreußen verheizt wurden. Unser Bild zeigt einen 16-jährigen Volkssturmsoldaten nach der Vereidigung im Stadion von Insterburg mit einer "Panzerschreck"-Raketenbüchse.
Am 15. Februar 1945 schloss die Rote Armee den Ring um Breslau. Wie Königsberg erklärte das NS-Regime die alte schlesische Hauptstadt zur "Festung". Breslau sollte bis zum letzten Mann gehalten werden. In Gauleiter Karl Hanke (Mitte links) fand Hitler einen willigen Vollstrecker für seine wahnsinnigen Haltebefehle. Nachdem der Zweite Bürgermeister der Stadt, Wolfgang Spielhagen, zuvor zur Übergabe der Stadt geraten hatte, ließ ihn Hanke vor dem Rathaus erschießen und seine Leiche in die Oder werfen. Auf Plakaten stand: "Wer den Tod in Ehren fürchtet, stirbt in Schande."
Was folgte, sollte als "Stalingrad an der Oder" Berühmtheit erlangen. Aufgepeitscht durch fanatische Durchhalteparolen verwandelte eine wilde Mischung aus versprengten Wehrmachtssoldaten, Hitlerjungen und Volkssturmmännern den sowjetischen Vormarsch in ein Blutbad. Jede Ruine, jeder Straßenzug musste in zermürbenden Häuserkämpfen erstürmt werden. Die Zehntausenden noch in Breslau verbliebenen Flüchtlinge, Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge wurden rücksichtslos zum Stellungsbau in die vordersten Linien geschickt. Tag und Nacht durchkämmte die Gestapo die Stadt nach Deserteuren und "Drückebergern", welche sofort erschossen wurden. Auf diesem Foto nehmen sowjetische Infanteristen eine Häuserruine ins Visier.
Auf die jahrhundertealte Kulturstadt wurde bei den Kämpfen keine Rücksicht genommen. Die Deutschen errichteten sogar eine Rollbahn mitten in Breslau, um die weitere Versorgung aus der Luft zu sichern. Im Weg stehende Gebäude wie das alte Stadtarchiv wurden eingeebnet. Um die leeren Lager der Wehrmacht aufzufüllen, wurde die Bevölkerung zu "Volksopfern" aufgefordert, wie hier auf dem Bild zu sehen. Pausenlos hämmerte die sowjetische Artillerie auf die Stadt und vernichtete, was noch nicht Opfer des Nihilismus der Nazi-Funktionäre geworden war. Die Versorgungslage im Kessel war desolat. Bei der Kapitulation Breslaus am 6. Mai 1945 war die Stadt ein gigantischer Schutthaufen mit Zehntausenden Leichen.
Die wenigen noch zur Verfügung stehenden mechanisierten Reserven wurden von Hitler verheizt. Als "größten Bluff seit Dschingis Khan" bezeichnete er den sowjetischen Aufmarsch im Osten. Statt die Front in Ostpreußen und an der Weichsel zu verstärken, ließ der Diktator seine Truppen in Ungarn nochmals zum Angriff antreten. Mit den Operationen "Konrad" und "Frühlingserwachen" sollte die Treibstoffversorgung durch ungarisches Öl bis auf weiteres gesichert werden. "Eine sehr dumme Entscheidung", kommentierte Stalin lapidar, als er von den deutschen Truppenverschiebungen hörte. Unser Bild zeigt Panzer V Panther der Waffen-SS auf dem Weg in Richtung Budapest im Januar 1945.
Die Rote Armee kesselte Budapest ein. Auf diesem Foto gibt eine Ungarin einem Kämpfer der Waffen-SS Suppe. Dass er überlebte, ist unwahrscheinlich. Bis zur Kapitulation am 13. Februar 1945 wurden etwa 100 000 Deutsche und Ungarn getötet (hier mehr zur Schlacht um Ungarn).
Anders als entlang der Weichsel stießen die 1,5 Millionen Rotarmisten, welche Mitte Januar in Ostpreußen vordrangen, schnell auf erbitterten Widerstand und erlitten hohe Verluste. Ende Januar gelang es den Sowjets schließlich, erstmals die Verbindung zum Hafen von Pilau zu kappen. 200 000 noch in Königsberg verbliebene Zivilisten und rund 130 000 Soldaten waren so eingeschlossen. Den ganzen Februar hindurch versuchten die deutschen Truppen immer wieder, in verzweifelten Kämpfen einen Korridor über das Frische Haff zu öffnen, um einen Fluchtweg zu schaffen. Dieses Foto zeigt Durchhalteparolen in Königsberg.
Das Patt um Königsberg hielt bis April 1945. Anders als andere von Hitler als "Festung" deklarierte Städte war die ostpreußische Hauptstadt tatsächlich schwer befestigt. Schwärme sowjetischer Bomber und massives Trommelfeuer schossen die Stadt sturmreif, bis am 6. April schließlich die ersten Angriffswellen am Boden begannen. Am 9. April kapitulierten die letzten Verteidiger. Auf beiden Seiten kamen während der monatelangen Kämpfe jeweils etwa 50 000 Menschen ums Leben. Auf den Trümmern der zerstörten Stadt entstand das russische Kaliningrad. Unser Bild zeigt zwei Rotarmisten während der Straßenkämpfe im brennenden Königsberg.
In Pommern rückte die Rote Armee im Januar und Februar 1945 in Richtung Küstrin, Danzig und Kolberg vor. Der Gegenangriff mehrerer Waffen-SS-Armeekorps unter dem Decknamen "Unternehmen Sonnenwende" blieb nach einigen Anfangserfolgen unter hohen Verlusten am 18. Februar stecken. Der deutsche Angriff brachte Stalin dazu, die finale Offensive gegen Berlin um zwei Monate zu verschieben - eine unerwartete Galgenfrist für das NS-Regime. Hier ein während der Kämpfe abgeschossener deutscher Panzer vom Typ Tiger II und seine gefallene Besatzung.
Tatsächlich gelang es den deutschen Verteidigern mancherorts, die sowjetischen Sturmspitzen zu stoppen. Übermütig von Gebietsgewinnen von bis zu 60 Kilometern pro Tag wurden manche sowjetische Einheiten durch unerwartete deutsche Gegenangriffe aufgerieben. Die Rückeroberung der Stadt Lauban in Niederschlesien nahm Propagandaminister Joseph Goebbels zum Anlass, sich bei der Truppe zu zeigen - es sollte sein letzter Frontbesuch sein. Propagandawirksam zeichnete er dabei einen 16-jährigen Hitlerjungen mit dem Eisernen Kreuz aus. Am 24. Februar 1945 stellten die Sowjets ihren Vormarsch in Schlesien vorerst ein.
Nach vier Jahren Vernichtungskrieg des Hitler-Regimes in der Sowjetunion und Millionen Kriegstoten kannten viele Soldaten der Roten Armee keine Gnade mit den Deutschen. So töteten die Rotarmisten auch Zivilisten, Frauen, Greise und Kinder. Bei Kriegsende 1945 gab es unzählige Fälle von Vergewaltigungen - auch durch westalliierte Soldaten. Die sexuelle Gewalt wurde von den Armeeführungen übrigens teilweise schärfstens geahndet, auch mit der Todesstrafe. Die mit ersten Gräuel an der deutschen Zivilbevölkerung gab es in Nemmersdorf, einem Ort in Ostpreußen, den die Deutschen Ende Oktober 1944 wieder zurückerobern konnten. Rotarmisten hatten die verbliebenen Einwohner erschossen. Die Toten von Nemmersdorf wurden exzessiv für die deutsche Propaganda instrumentalisiert. Arrangierte Bilder wie dieses, welche die Leichen ohne Unterwäsche und mit hochgezogenen Röcken zeigt, sollten den Kampfeswillen der Truppe neu entfachen.
Die Rotarmisten sollten im April die Reichshauptstadt Berlin erreichen. Adolf Hitler, der Hauptschuldige für Millionen von Toten, traumatisierte Völker und einen verwüsteten Kontinent, brachte sich in seinem Berliner Bunker um. Im Bild: eines der letzten Fotos von Hitler, das ihn im April 1945 mit seinem Adjudanten Julius Schaub in der schwer beschädigten Reichskanzlei zeigt.