Zentralasien:Es war Terror

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Hunderte Muslime aus Tadschikistan waren zum IS ausgereist, doch im Land selbst blieb es bisher ruhig. Nun reklamiert die Terrormiliz einen Anschlag auf Urlauber für sich, die das Land mit Fahrrädern durchquerten.

Von Frank Nienhuysen, München

Spektakulär gebirgig ist Tadschikistan, mehr als die Hälfte des Landes liegt mindestens 3000 Meter über dem Meeresspiegel, verlockend für Radfahrer, die etwas anderes suchen als immer wieder die Alpen oder Pyrenäen. Für eine Gruppe westlicher Touristen wurde der Ausflug nun jedoch eine Tour in den Tod. Vier Radfahrer starben am Montag, als ein Auto in die Gruppe fuhr. Was zunächst noch nach einem möglichen Unfall mit Fahrerflucht ausgesehen hatte, erwies sich als geplanter Angriff von Extremisten, die aus dem Auto sprangen und mit Messern die Touristen attackierten. Zwei Amerikaner, ein Schweizer und ein Niederländer starben, drei weitere Menschen wurden verletzt, unter ihnen ein Franzose. Mindestens ein Angreifer wurde von Sicherheitsbeamten getötet. Der Angriff ereignete sich im Distrikt Danghara, knapp 100 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Duschanbe. Der Terrorangriff gilt als der erste, der in dem zentralasiatischen Land ausländische Touristen zum Ziel hatte.

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) meldete sich später über seinen Propagandakanal Amaq und reklamierte die Tat für sich. "Soldaten des IS" hätten Bürger "aus Ländern der Koalition" zum Ziel genommen. Nähere Belege für seine Urheberschaft präsentierte der IS aber offenbar nicht. Die tadschikische Regierung glaubt indes nicht an die IS-Version und beschuldigte die Partei der Islamischen Wiedergeburt, hinter dem Terror zu stecken. Die Partei war einst nach dem Ende des Bürgerkriegs in den Neunzigerjahren die einzige zugelassene islamische Partei in Tadschikistan, wurde jedoch vor drei Jahren von der Regierung als "Terrororganisation" eingestuft und verboten. Seitdem geht die Führung gegen Mitglieder der Partei vor.

Die Regierung hatte 2018 zum "Jahr des Tourismus" erklärt, um die Einnahmen zu steigern

Wie schwer der Angriff auf die Radfahrergruppe das Land trifft, zeigt sich darin, dass Präsident Emomali Rachmon persönlich die Kontrolle über die Untersuchung an sich gezogen hat. Tadschikistan, das ärmste Land unter den fünf zentralasiatischen Staaten der früheren Sowjetunion, hatte das Jahr 2018 zum "Jahr des Tourismus" ausgerufen, um die Branche zu stärken und um dem Staat mehr Einnahmequellen zu verschaffen.

Bisher hat der IS keinen Terror in Tadschikistan verübt, allerdings wird vermutet, dass Hunderte Tadschiken das Land verlassen haben und sich dem IS in den Konfliktgebieten des Nahen Ostens angeschlossen haben. Seit Jahren versucht die Regierung, den religiösen Extremismus zu bekämpfen. Es gab Razzien gegen Läden, die Hidschabs, Kopftücher, verkauften, lange Männerbärte sind verpönt. Menschenrechtsorganisationen werfen der Führung jedoch vor, den Anti-Terror-Kampf auch zu nutzen, um gegen Oppositionelle vorzugehen.

© SZ vom 01.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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