Wulff lehnt Rücktritt ab:"Man ist Mensch und man macht Fehler"

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Bundespräsident Wulff trotzt dem Druck: In seinem Fernsehinterview bedauert er den Anruf bei "Bild", rechtfertigt aber den Privatkredit eines befreundeten Unternehmers. Die Opposition sieht darin alles andere als einen Befreiungsschlag.

Peter Blechschmidt

Bundespräsident Christian Wulff lehnt einen Rücktritt wegen der Kreditaffäre ab. Das bekräftigte Wulff am Mittwochabend in einem Interview mit ARD und ZDF. Er räumte ein, dass es "ein schwerer Fehler" gewesen sei, zu Beginn der Affäre beim Chefredakteur der Bild-Zeitung zu intervenieren. Zugleich rechtfertigte Wulff sein Verhalten. Zu keiner Zeit habe er gegen irgendein Gesetz verstoßen.

Wulff hatte sich unter dem wachsenden Druck aus Politik und Öffentlichkeit zu dem Interview entschlossen. Der Präsident sagte, zu keinem Zeitpunkt der seit drei Wochen dauernden Debatte um seinen Hauskredit und um die später bekanntgewordene Intervention bei der Bild-Zeitung habe er an Rücktritt gedacht.

"Ich weiß, dass ich nichts Unrechtes getan habe, aber nicht alles richtig war", sagte Wulff. Er habe viel Unterstützung erfahren und wolle sein Amt über die volle Zeit von fünf Jahren zu einer erfolgreichen Bilanz führen. "Ich nehme meine Verantwortung gerne wahr."

Der Präsident räumte ein, dass sein Anruf bei Bild-Chefredakteur Kai Diekmann einen Tag vor der ersten Veröffentlichung in dem Blatt über seinen Hauskredit ein Fehler gewesen sei, der "nicht vereinbar" sei mit seinem eigenen Amtsverständnis. Dabei sei es jedoch nicht darum gegangen, den Bericht zu verhindern. Er habe nur um einen Tag Aufschub bitten wollen, sagte Wulff.

Er habe auf einer Reise durch die Golf-Staaten von der bevorstehenden Veröffentlichung "privatester Dinge" erfahren und habe sich in dem Moment "eher wie ein Opfer gesehen". "Es gibt auch Menschenrechte, selbst für Bundespräsidenten." Er habe seine Familie und seine Freunde schützen wollen. "Man ist Mensch und man macht Fehler." Wulff hatte dem Springer-Verlag mit dem "endgültigen Bruch" gedroht.

Er müsse nun sein Verhältnis zu den Medien "neu ordnen", sagte Wulff und betonte, er habe im Amt auch einen "Lernprozess" durchmachen müssen. Der Wechsel vom Amt des Ministerpräsidenten in Niedersachsen zum Staatsoberhaupt sei sehr schnell gegangen.

Wulff räumte erneut ein, dass er die Aufnahme eines Privatkredits für seinen Hauskauf bei der Ehefrau seines "väterlichen Freundes" Egon Geerkens vor dem Landtag in Niedersachsen hätte offenlegen sollen. Darüber hinaus aber gebe es nichts zu kritisieren. "Ich möchte nicht Präsident in einem Land sein, wo sich jemand von Freunden kein Geld mehr leihen kann", sagte Wulff.

Auch wegen seiner Urlaubsaufenthalte bei wohlhabenden Bekannten müsse er kein Unrechtsbewusstsein empfinden. Bei allen Beteiligten handele es sich um gute Freunde, die er teilweise aus Jugendzeiten kenne. Er habe "eindeutig" nicht gegen das niedersächsische Ministergesetz verstoßen.

Er sehe sich nicht als Staatsoberhaupt auf Bewährung, sagte Wulff weiter. Dieser Begriff werde nur bei Gesetzesverstößen angewendet. Es geht nicht um Rechtsverstöße", betonte Wulff. Er fügte hinzu: "Den Begriff der Bewährung halte ich für abwegig." Über sein Verhalten in der Affäre sagte Wulff: "Durch diese Art von Umgang mit den Dingen hat man dem Amt sicher nicht gedient."

Vertreter der Koalition äußerten sich zufrieden mit dem Auftritt Wulffs. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe zeigte sich zuversichtlich, dass Wulff das Vertrauen der Bevölkerung zurückgewinnen könne. Die CSU bekräftigte ihr Vertrauen in die Amtsführung Wulffs.

Kritik kam von der Opposition. "Das war kein Befreiungsschlag und wird die Debatte nicht beenden", sagte der Vize-Fraktionschef der SPD, Hubertus Heil.

© SZ vom 05.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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