Wahlkampf in Frankreich:Opposition spottet über stotternden Sarkozy

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Frankreichs Präsident Sarkozy stolpert: über die Worte in einem Fernsehinterview und über den sozialistisch dominierten Senat, der eines seiner zentralen Wahlkampf-Projekte blockiert. Er müht sich, das Image vom Präsidenten der Reichen loszuwerden - und gibt sich als Kämpfer gegen überzogene Managergehälter.

Ein wenig ergeht es Nicolas Sarkozy gerade wie Barack Obama: Der französische und der US-amerikanische Präsident stecken mitten im Wahlkampf für ihre zweite Amtszeit. Und beide sehnen sich nach der Euphorie, die ihnen einst die Türen zum Élysée-Palast und zum Weißen Haus aufstieß.

Der Präsident gibt sich reumütig: Nicolas Sarkozy während des Fernsehinterviews am Mittwochabend. (Foto: Reuters)

Nicolas Sarkozy, dessen Popularitätswerte so niedrig sind wie bei keinem anderen französischen Präsidenten vor ihm, wird gerade die eigene Euphorie nach dem Wahlsieg zum Verhängnis. Er feierte damals im Mai 2007 im Nobelrestaurant Fouquet's auf den Champs-Élysées und machte danach auf der Yacht eines Unternehmerfreundes Urlaub. Seine Landsleute nehmen ihm das bis heute übel. Das Image eines Präsidenten der Reichen haftet ihm hartnäckig an. "Bling-Bling-Präsident" (zu Deutsch etwa: Protz-Präsident) muss sich der konservative Politiker seitdem schimpfen lassen.

Jetzt hat Sarkozy am Mittwochabend in einem Fernsehinterview erstmals eingeräumt, dass die Feier im Edelrestaurant ein Fehler gewesen sei. Der reuige Präsident verhaspelte sich bei seinem Bekenntnis allerdings mehrfach bevor er sagte, er "würde nicht mehr in dieses Restaurant gehen". Bemüht um ein bodenständigeres Image soll er laut Medienberichten bei öffentlichen Auftritten inzwischen auch auf seine Rolex-Uhren verzichten.

Und Sarkozy setzte noch einen drauf: Der Präsident agitierte gegen allzu üppige Vorstandsgehälter: Über die Höhe der Vergütung für Top-Manager sollten künftig die Aktionäre entscheiden, "goldene Fallschirme" für Konzernchefs müssten abgeschafft werden. Außerdem sollten Geringverdiener von der Lohnsteuer befreit werden, forderte er.

Trotzdem war das Interview ein gefundenes Fressen für die Opposition, die den Präsidenten prompt mit Hohn und Spott überzog. Er sei "ergriffen" gewesen, machte sich sein sozialistischer Rivale, der Präsidentschaftskandidat François Hollande, am Donnerstag im Sender France Inter lustig. Sarkozy habe wie ein kleiner Junge "gestottert".

Die Wochenzeitung L'Express hat jüngst das Vermögen der Pariser Spitzenpolitiker offen gelegt: Demnach verdient Präsident Nicolas Sarkozy 18.700 Euro monatlich und besitzt Immobilien im Wert von 2,3 Millionen Euro. Hollande soll im Monat 8300 Euro erhalten und Wohnungen im Wert von rund 1,17 Millionen Euro sein Eigen nennen. Beide Spitzenkandidaten werfen sich gegenseitig vor, Vertreter der oberen Klasse zu sein.

Senat blockiert zentrales Wahlkampf-Projekt

Auch sonst läuft es nicht gut für den angeschlagenen Präsidenten. Der französische Senat lehnte in der Nacht zum Donnerstag den Entwurf für den Nachtragshaushalt 2012 ab, der eine Mehrwertsteuererhöhung und die Einführung einer Finanztransaktionsteuer vorsieht. Die sozialistische Mehrheit im Senat wies damit eines der zentralen Wahlkampf-Projekte der konservativen Regierungsmehrheit zurück.

Sarkozy hatte die Erhöhung der Mehrwertsteuer ab Oktober von 19,6 auf 21,2 Prozent vorangetrieben. Im Gegenzug sollen die Lohnnebenkosten gesenkt werden, um die Unternehmen zu entlasten und so wettbewerbsfähiger zu machen.

Das letzte Wort bei dem Projekt hat allerdings die Nationalversammlung, wo die konservative Mehrheit am 29. Februar den Einspruch des Senats zurückweisen kann. Hollande kündigte bereits an, er werde die Erhöhung der Mehrwertsteuer im Falle seiner Wahl im Mai wieder rückgängig machen. Die Finanztransaktionssteuer von 0,1 Prozent soll ab August erhoben werden.

Bisherige Umweltministerin managt künftig Sarkozys Wahlkampf

Am Mittwochabend hatte zudem Sarkozys Wahlkampfsprecherin auf eigenen Wunsch hin die Regierung verlassen. Sarkozy habe Umweltministerin Nathalie Kosciusko-Morizet aus dem Amt entlassen, teilte der Élysée-Palast mit.

Das Umweltministerium wird nun Premierminister François Fillon unterstellt. Die Amtsübergabe soll am Donnerstagvormittag stattfinden. Sarkozy hatte Kosciusko-Morizet, die in Frankreich kurz "NKM" genannt wird, am Samstag zur Sprecherin seiner Kampagne ernannt.

© Süddeutsche.de/AFP/dapd/sebi - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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