Wahlkampf-Endspurt in NRW:Gabriel kämpft, Merkel nicht

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Mir der ersten Landtagswahl nach dem Triumph von Merkel und Westerwelle geht die Phase klarer Mehrheiten von Union und FDP wohl schon wieder zu Ende. Bei Sigmar Gabriel weckt das Träume.

Nico Fried

Der folgende Satz ist an diesem Wochenende sieben Monate alt: "In Nordrhein-Westfalen wird die These widerlegt werden, dass Wahlen verliert, wer regiert." Gesagt hat das Guido Westerwelle am 8. Oktober 2009, als seine Befindlichkeit drei Wochen nach der von Union und FDP gewonnenen Bundestagswahl noch von Glückshormonen dominiert wurde.

Hannelore Kraft hat sich namhafte Unterstützung geholt. (Foto: Foto: dpa)

Man werde in den Koalitionsverhandlungen ein gutes Ergebnis hinkriegen, prophezeihte der FDP-Vorsitzende, als Union und Liberale frohgemut an ihrem Regierungsprogramm bastelten. Danach komme eine Phase der Kritik an diesem und jenem. Das sei ganz normal. Im Frühjahr aber werde das nächste Erfolgserlebnis folgen, so Westerwelle: Die Titelverteidigung der schwarz-gelben Regierung in Nordrhein-Westfalen.

Verschiedene Koalitionen

Mittlerweile hat sich das Bild doch sehr gewandelt. Allen Umfragen zufolge sind nach der Wahl an diesem Sonntag diverse Koalitionsregierungen im größten Bundesland denkbar - die schwarz-gelbe allerdings ist die am wenigsten wahrscheinliche.

Mit der ersten Landtagswahl nach dem Triumph von Angela Merkel und Guido Westerwelle geht die Phase klarer Mehrheiten von Union und FDP in Bundestag und Bundesrat aller Voraussicht nach schon wieder zu Ende.

Die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende Merkel hat schon frühzeitig damit begonnen, die Bedeutung dieser absehbaren Schmach für ihre angebliche Wunsch-Koalition und ihr Regierungshandeln herunterzuspielen. Tatsächlich hat die Bundesregierung trotz der schwarz-gelben Mehrheit im Bundesrat schon mit einzelnen Bundesländern schwierige Verhandlungen zu führen gehabt - zum Beispiel beim Wachstumsbeschleunigungsgesetz mit dem ebenfalls von CDU und FDP regierten Schleswig-Holstein. Wenn Schwarz-Gelb in Düsseldorf abgewählt wird, schwindet sogar das Erpressungspotential einzelner Länder, weil ohnehin parteiübergreifende Kompromisse gefunden werden müssen.

Verschiedene Altlasten

Was die CDU und die FDP als Parteien betrifft, so hängt die Vehemenz gegenseitiger Schuldzuweisungen von den Gewinn- und Verlustrechnungen in Düsseldorf ab. Die CDU hat dabei den Nachteil, dass sie wegen des Verdrusses über Rot-Grün 2005 ein ungewöhnlich gutes Ergebnis erzielt hat, welches sie in keinem Fall nochmal erreichen wird. Die FDP dagegen schloss 2005 eher schwach ab und könnte sogar noch etwas über ihrem Ergebnis von vor fünf Jahren liegen - allerdings weit unter ihrem NRW-Resultat bei der Bundestagswahl 2009.

Die Bundes-CDU wird sich jenseits der Wir-verlieren-alle-zusammen-Rhetorik darum bemühen, die Gründe einer Niederlage in Düsseldorf, bei der Person des Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers und bei dessen undurchsichtigen Sponsoring-Affären abzuladen. In der FDP wird vor allem interessant sein, ob im Falle eines Ausscheidens aus der Regierung in Düsseldorf eine Debatte über den bisher unumstrittenen Parteichef Guido Westerwelle und dessen Erscheinungsbild in den vergangenen Monaten beginnen wird.

Gabriel macht Dampf

In der Bundes-SPD ist die Wahl die erste Bewährungsprobe für Parteichef Sigmar Gabriel, der sich in Nordrhein-Westfalen seit Wochen intensiv im Wahlkampf engagiert hat. Die jüngsten Umfragen haben bei den Sozialdemokraten Träume geweckt, die Depression nach dem Bundestagswahl-Fiasko könnte sehr viel schneller überwunden werden als erwartet. Gleichwohl ist noch nicht sicher, ob die SPD überhaupt an ihr Ergebnis von 2005 herankommt, das als das schlechteste seit den 50er Jahren zu Buche steht.

Eine Regierungsoption könnte sich für die SPD nicht nur in einer großen Koalition ergeben, sondern auch mit den Grünen, die Zuwächse erwarten können. Sollte die Linkspartei erstmals ins Düsseldorfer Parlament kommen, könnte die Debatte über ein Linksbündnis in der SPD wieder aufleben. In Berlin hat man diese Variante bislang deutlicher ausgeschlossen als in der Landes-SPD.

© SZ vom 8.5.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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