Wahlen in Birma:"Alles andere als frei und fair"

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Es ist die erste Abstimmung in Birma seit 20 Jahren - und die Opposition beklagt massive Einflussnahme der Militärjunta. Internationalen Wahlbeobachtern und Journalisten wurde die Einreise verweigert, US-Präsident Barack Obama ist verärgert.

Tobias Matern, Bangkok

Die amerikanische Regierung hat die ersten Wahlen in Birma seit 20 Jahren scharf kritisiert. US-Präsident Barack Obama sagte während seines Staatsbesuchs am Sonntag in Indien, die Abstimmung sei "alles andere als frei und fair" gewesen. Den Menschen in dem südostasiatischen Land sei schon zu lange das Recht verwehrt geblieben, "ihr eigenes Schicksal zu bestimmen". Die Wahl verdeutliche, wie die Militärjunta ihre Macht missbrauche, sagte US-Außenministerin Hillary Clinton. Die Armee regiert in Birma seit 1962, die Generäle bezeichnen die Wahlen als Schritt hin zur "disziplinierten Demokratie".

Die Partei der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, Nationale Liga für Demokratie (NLD), boykottierte die Wahl. Sie sieht darin nur den Versuch der Generäle, deren Herrschaft ein ziviles Antlitz zu geben, ohne wirklich demokratische Reformen zuzulassen. Im Bild: Anhänger Aung San Suu Kyis protestieren in der thailändischen Hauptstadt Bangkok gegen die Wahlen im von der Militärjunta in Myanmar umbenannten Birma. (Foto: dpa)

Das Exil-Magazin Irrawaddy, das in ganz Birma zahlreiche Informanten hat, berichtete am Sonntag von zahlreichen Unregelmäßigkeiten während der Stimmabgabe. Auch sei ein japanischer Journalist verhaftet worden. Die Junta hatte weder internationalen Wahlbeobachtern noch ausländischen Journalisten die Einreise gestattet. Westliche Botschafter lehnten es ab, ausgewählte Wahllokale zu besuchen. Der Chef der größten demokratischen Oppositionspartei in Birma sagte, Behördenvertreter hätten die Menschen am Tag der Abstimmung massiv dazu aufgefordert, für die von der Junta gegründete Partei "Union Solidarität und Entwicklung" (USDP) zu stimmen.

Mehr als 29 Millionen Menschen waren zur Wahl aufgerufen. Birmanische Journalisten erklärten, die Beteiligung sei gering ausgefallen. Am Sonntagabend war noch unklar, wann das Ergebnis bekanntgegeben würde. Schon vor dem Wahlgang hatte sich das Militär den Weg für einen sicheren Sieg geebnet. In beiden neu zu wählenden Kammern des Parlaments und den Regional-Vertretungen waren jeweils ein Viertel der Sitze für die Armee reserviert.

Mehr als 3000 Kandidaten traten zu der Wahl an, die meisten von ihnen stehen dem Militär nahe. Die USDP war als einzige Partei in der Lage, die für birmanische Verhältnisse horrenden Gebühren in Höhe von 500 Dollar pro Kandidat aufzubringen. Beobachter sprachen davon, dass die demokratischen Parteien maximal ein Drittel der Stimmen erreichen könnten, sofern das Ergebnis nicht gefälscht werde.

Wenig Hoffnung auf einen Wandel

Im Jahr 1990 hatten die Menschen in Birma das letzte Mal wählen dürfen. Die Junta hatte damals allerdings den überlegenen Sieg der Nationalen Liga für Demokratie (NLD) missachtet und die Anführerin der Partei, Aung San Suu Kyi, ins Gefängnis gesteckt oder unter Hausarrest gestellt. Die Friedensnobelpreisträgerin könnte am kommenden Samstag freigelassen werden. Ihre Partei boykottierte die Wahl, weil sie darin nur den Versuch der Generäle sieht, deren Herrschaft ein ziviles Antlitz zu geben, ohne wirklich demokratische Reformen zuzulassen. Allerdings wollten einige NLD-Anhänger dieser Linie nicht folgen und gründeten die Nationale Demokratische Kraft (NDF), weil sie auf eine leichte Besserung der Lage setzen.

Die Hoffnungen der Menschen auf einen Wandel in ihrem Land scheinen gering zu sein. "Die Wahlen werden uns keinen schnellen Fortschritt bringen", sagte ein Student in Rangun. Aus Sicht der Organisation Transparency International gehört das Land zu den korruptesten der Welt. Allerdings treiben die asiatischen Nachbarstaaten einen intensiven Handel mit dem Regime, gegen das der Westen weitreichende Wirtschaftssanktionen verhängt hat.

© SZ vom 08.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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