Vorgezogene Parlamentswahlen in Italien:Das verdächtige Schweigen des Mario Monti

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Es gibt deutliche Hinweise, dass Mario Monti als Kandidat bei den kommenden Parlamentswahlen antritt - doch er schweigt. (Foto: dpa)

Tritt Italiens Premier Mario Monti bei den vorgezogenen Parlamentswahlen als Kandidat an? Etliches deutet darauf hin, eine offizielle Bestätigung fehlt aber - noch. Das hat vor allem damit zu tun, dass sein Vorgänger Silvio Berlusconi den Zeitplan durcheinander bringt.

Von Andrea Bachstein, Rom

Offiziell schweigt er noch immer höflich-korrekt zur spannendsten Frage Italiens, doch dass Ministerpräsident Mario Monti als Kandidat bei den kommenden Parlamentswahlen antritt, dafür gibt es nun deutliche Hinweise. "Ich kann mich nicht mehr zurückziehen", habe er Vertrauten im Palazzo Chigi gesagt, meldet die Zeitung Il Messaggero.

Monti gehe es darum abzusichern, dass der von seiner Regierung eingeschlagene Reformweg fortgesetzt wird. Ausschlaggebend könnte für Monti gewesen sein, dass ihn vergangene Woche die konservativen Partei- und Regierungschefs der EU in Brüssel gepriesen und versichert haben, dass sie auf seine Zuverlässigkeit auch in Zukunft setzen.

Schon seit Tagen sickert durch, dass Monti ein Memorandum vorbereitet, in das er sein stark auf Europa ausgerichtetes Programm packen will. Indiz dafür, dass es auf seine Kandidatur hinausläuft, war am Mittwoch auch der Besuch von Ferrari-Präsidenten Luca di Montezemolo und dem Chef der kleinen christdemokratischen UDC bei Monti. Sie arbeiten seit Monaten daran, eine weitere Amtszeit Montis zu ermöglichen.

Kooperation mit Ferrari-Boss Montezemolo

UDC-Chef Pierferdinando Casini sagte nach dem Treffen: "Er hat entschieden. Seine Zukunft wird zum Wohl des Landes sein." Was das genau bedeutet, verriet Casini nicht. Er kooperiert mit Montezemolo, der mit seiner Initiative "Für die dritte Republik" dabei ist, eine Bürgerliste aufzustellen, die Monti als Premier-Kandidaten präsentiert. Mit dabei ist einer von Montis engsten Vertrauten, Integrationsminister Andrea Riccardi. Der Gründer der Gemeinschaft Sant'Egidio hat in diskreten Missionen aber auch im Fernsehen in den vergangenen Wochen Verbündete gesucht.

Doch dass Monti schon am Freitag oder am Wochenende die Welt von der Kandidatenfrage erlöst und seine Entscheidung mitteilt, ist seit Mittwoch nicht mehr zu erwarten. Mit aus Wahltaktik gespeisten Manövern haben wieder einmal Ex- Ministerpräsident Silvio Berlusconi und seine PDL den Fahrplan des Parlaments durcheinandergebracht. Sie bremsen die Verabschiedung des Stabilitätsgesetzes. Aber erst wenn das als letzter Akt seiner Regierung in Sicherheit ist, kann Monti wie angekündigt formal zurücktreten. Erst dann wäre er frei, eine Kandidatur anzukündigen, und erst dann kann der Staatspräsident Wahlen ansetzen.

Klar zeichnet sich nun ab, dass der parteilose Wirtschaftsprofessor Monti nicht für eine Partei im Wahlkampf antreten wird - und auch nicht für eine Koalition mit der PDL Berlusconis. Der hat ihm angeboten, von seiner eigenen, in ganz Europa mit Schrecken aufgenommenen Kandidatur wieder zurückzutreten, wenn Monti für das ganze Rechts-Mitte-Lager antritt. Doch der nimmt der PDL die diversen Erpressungsversuchen mit ihren Parlamentsstimmen übel.

"Ja, wir haben die Verschiebung der Wahl vorgeschlagen", sagte Silvio Berlusconi, "diese Eile, wählen zu lassen, ist eine nutzlose Überanstrengung." (Foto: dpa)

Vor allem aber, dass sie ihm nach Berlusconis Ankündigung, wieder zu kandidieren, die Unterstützung im Parlament aufgekündigt hatte. Monti blieb keine andere Wahl, als den Rücktritt anzukündigen. Seither pendelt Berlusconi täglich zwischen Massivattacken auf Montis Politik und der Aufforderung für eine Rechts-Mitte-Koalition zu kandidieren.

Das Unterfangen für eine Kandidatur Montis kompliziert sich auch dadurch, dass er als Senator auf Lebenszeit nicht als Abgeordneter antreten darf. Das Senatoren-Amt niederzulegen, wäre ein schwerere Affront gegen Staatspräsident Giorgio Napolitano, der ihm mit der Ernennung dazu die Regierungsübernahme geebnet hatte.

Es zeichnet sich ab, dass Monti sich am ehesten für die von Montezemolo angestrebte Liste als Premier zur Verfügung stellt. Die UDC und die beiden anderen bürgerlichen Parteien Fli und Api würden sich verbünden und ebenfalls antreten mit dem indirekten Kandidaten Monti. Das Kalkül ist, dass sie gemeinsam auf 15 bis 20 Prozent kommen, um dann mit unabhängigen Abgeordneten und zu erwartenden Überläufern aus der PDL und möglicherweise mit der sozialdemokratischen PD die Richtung bestimmen zu können.

"Wir haben die Verschiebung der Wahl vorgeschlagen"

Monti wird in seinem Memorandum nach den aus dem Regierungssitz zitierten Quellen auch die Reformen nennen, an denen ihn die Parteien in den vergangenen 13 Monaten gehindert haben und die er noch umsetzen will. Die erkennbare Strategie ist, eine Einladung an die Parteien auszusprechen, sich seiner Politik anzuschließen. Vor allem aber dürfte er sich an jene richten, die ihn auch gegen die Linie ihrer Parteien stützen wollen. Davon gibt es eine größere Gruppe in der PDL, aber auch einige unter den Sozialdemokraten der PD.

Obwohl seine PDL es provoziert hat, dass die Wahl vorgezogen werden muss, fordert Berlusconi plötzlich, sie aufzuschieben: "Ja, wir haben die Verschiebung der Wahl vorgeschlagen", sagte er am Dienstagabend im Fernsehen, "diese Eile, wählen zu lassen, ist eine nutzlose Überanstrengung." Die zerrissene PDL hat gemerkt, dass sie es so schnell nicht schafft, ihre Wahllisten zu präsentieren. Sie will das Votum jetzt am 24. Februar oder am 3. März ansetzen.

Staatspräsident Napolitano machte daraufhin nochmals klar, dass er die Wahlkampfphase so kurz wie möglich halten will, er visiert den 17. Februar an. "Es ist im Interesse des Landes, so schnell als möglich zu wählen", mahnte Napolitano am Mittwoch.

© SZ vom 20.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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