Vor Ratifizierung des Fiskalpakts:Merkel bekennt sich zu Transaktionsteuer

Lesezeit: 3 min

Eine Finanztransaktionsteuer in dieser Legislaturperiode? Finanzminister Schäuble glaubt nicht daran. Die Kanzlerin schon. Kurz vor den Ratifizierungsgesprächen zum EU-Fiskalpakt sichert sie der Opposition zu, sich für die Einführung der Finanztransaktionsteuer starkzumachen.

Kurz vor den Ratifizierungsgesprächen zum EU-Fiskalpakt hat Angela Merkel der Opposition zugesichert, dass sich die schwarz-gelbe Regierung für die Einführung einer Finanztransaktionsteuer starkmacht. "Die Bundesregierung setzt sich mit Überzeugung und mit Nachdruck dafür ein", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. "Die Opposition kann sich auf die Zusagen der Bundesregierung und der Koalition verlassen." Die Kanzlerin persönlich sei von der Notwendigkeit einer solchen Steuer überzeugt. Sie werde für deren Einführung auch auf europäischer Ebene kämpfen.

Zuvor hatte Unionsfraktionschef Volker Kauder SPD und Grünen einen entsprechenden Kabinettsbeschluss zur Transaktionsteuer in Aussicht gestellt. Deren Einführung hatten die Oppositionsparteien zur Bedingung für ihre Zustimmung zum EU-Fiskalpakt gemacht. "Wenn dies die Voraussetzung ist, dann kann man auch einen Kabinettsbeschluss machen", sagte Kauder. Gehe es nach ihm, solle die Steuer "so schnell als möglich" kommen.

Schäuble versucht zu beschwichtigen

Gleichzeitig erhöhte er auch den Druck auf die Opposition. Eine Verschiebung der Abstimmung über den EU-Fiskalpakt bezeichnete Kauder als "eine fatale Botschaft an die Märkte". Und auch der Präsident des CDU-Wirtschaftsrates, Kurt Lauk, mahnt, den EU-Fiskalpakt vor der Sommerpause im Bundestag zu verabschieden. Gleichzeitig übt er Kritik an SPD und Grünen und ihrem "Geschacher um Bedingungen" für eine Zustimmung.

CSU-Chef Horst Seehofer glaubt derweil nicht an eine Blockade seitens SPD und Grünen. Er setzt auf eine Einigung mit der Opposition im Streit über die Einführung der Finanztransaktionsteuer. Seehofer sagte, er erwarte, dass sich alle Beteiligten aufeinander zubewegen und bekräftigte, die CSU wolle die Finanztransaktionsteuer. Es sei nun "lange genug" darüber diskutiert worden.

Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble versuchte zuletzt die Opposition zu beschwichtigen: Sie könne sich völlig auf die Zusagen der Koalition verlassen, sagte der CDU-Politiker im Deutschlandfunk. Das Kabinett habe die Einführung der Abgabe bereits im Juni 2010 beschlossen. Es liege aber nicht alleine an Deutschland. Einige europäische Länder seien entschieden gegen eine solche Steuer.

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin gab vor allem der FDP die Schuld an einer fehlenden Einigkeit für eine Transaktionsteuer in Europa. Trittin sagte im ZDF- Morgenmagazin: "Was fehlt, ist eine klare deutsche Initiative, eingebracht und herangetragen an die Kommission, dies auf den Weg zu bringen. Das liegt nicht an anderen, sondern das liegt an der Zockerei des kleinsten Koalitionspartners: der FDP."

Trittins Äußerungen sind ein weiterer Höhepunkt im Streit zwischen Regierung und Opposition, kurz vor entscheidenden Gesprächen über die Ratifizierung des EU-Fiskalpakts. Auslöser waren Äußerungen aus der Koalition am Sonntag, wonach nicht mit einer raschen Umsetzung der Finanztransaktionsteuer zu rechnen sei. SPD und Grüne warnten die schwarz-gelbe Regierung vor Tricksereien und drohten gar mit einem Platzen der Verhandlungen.

Kabinettsbeschluss über Transaktionsteuer möglich

Hintergrund sind Berichte vom Wochenende, wonach die Koalition intern von einem Scheitern der von der Opposition geforderten Steuer ausgeht. Schäuble sicherte zu, er werde sich für eine Finanzmarktsteuer einsetzen, rechnet aber nicht mit schnellen Ergebnissen.

In dieser Legislaturperiode werde es eine solche Steuer nicht geben, zitierte der Spiegel interne Äußerungen von Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU). Aus der FDP-Fraktion hieß es, die für die Steuer in den Verhandlungen mit SPD und Grünen formulierten Bedingungen seien so gestaltet, dass es die Steuer nicht geben werde.

"Die Äußerungen von Ronald Pofalla sind ein Rückschritt in den Verhandlungen über den Fiskalpakt", erklärte dazu SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann. Er verlangte von Union und FDP "ein unumkehrbares Bekenntnis zur Einführung der Finanztransaktionsteuer". SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hatte dazu zuvor einen Kabinettsbeschluss für die Einführung der Finanztransaktionsteuer gefordert.

"Wer trickst, riskiert ein Scheitern des Fiskalpakts"

Grünen-Parlamentsgeschäftsführer Volker Beck drohte drohte der Koaliton: "Wer trickst, riskiert ein Scheitern des Fiskalpakts." SPD und Grüne würden sich "nicht mit warmen Worten oder wohlklingenden Absichtserklärungen zufrieden geben", erklärte Beck am Sonntag in Berlin. Das gelte auch für den Zeitplan. Beck forderte auch erneut einen ökologisch ausgerichteten Investitions- und Wachstumspakt.

"Wir werden alles für die Einführung einer Finanztransaktionsteuer tun", versicherte Schäuble in der Passauer Neuen Presse. Auch die Einführung der Steuer in einem kleineren Kreis von Staaten wäre zwar "nur die zweitbeste Lösung, aber es ist eine Lösung". Schäuble bekräftigte auch die Bereitschaft der Regierung zu dem von der Opposition ebenfalls geforderten Wachstumspakt.

In der ARD-Sendung Bericht aus Berlin schränkte Schäuble allerdings am Sonntag ein, auch er rechne nicht damit, dass eine Finanztransaktionsteuer auf europäischer Ebene noch vor der Bundestagswahl 2013 umsetzbar sei. Zugleich wies er Forderungen SPD-regierter Bundesländer zurück, der Bund müsse aus dem Fiskalpakt resultierende Kosten, etwa bei Strafzahlungen, komplett übernehmen.

Koalition und Opposition hatten sich am Donnerstag auf Arbeitsebene im Grundsatz darauf verständigt, eine Finanzmarktsteuer auf europäischer Ebene auch gegen den Widerstand einzelner EU-Staaten durchsetzen zu wollen. Instrument dafür könnte eine sogenannte verstärkte Zusammenarbeit von mindestens neun EU-Staaten sein.

SPD und Grüne machen Finanztransaktionsteuer und Wachstumspakt zur Bedingung für ihre Zustimmung zum europäischen Fiskalpakt. Außerdem verlangen sie Maßnahmen gegen die Jugendarbeitslosigkeit, einen Schuldentilgungsfonds sowie Garantien, dass den Bundesländern durch den Fiskalpakt keine Nachteile entstehen.

Da für den Fiskalpakt in Bundestag und Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit erforderlich ist, sind Union und FDP auf die Unterstützung der Opposition angewiesen. Für Mittwoch ist ein neues Spitzengespräch von Regierung und Opposition geplant.

© AFP/Reuters/fran - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: