Vereinte Nationen:Appell aus Berlin

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Gemeinsames Interesse: Schauspielerin Angelina Jolie und Bundesaußenminister Heiko Maas in New York. (Foto: Thomas Imo/dpa)

Bundesaußenminister Heiko Maas und Schauspielerin Angelina Jolie fordern die Weltgemeinschaft auf, mehr gegen sexuelle Gewalt zu tun.

Von Christian Zaschke, New York

Bundesaußenminister Heiko Maas ist mal wieder in New York. Dort war er in den vergangenen Monaten häufiger zu Gast. Zunächst, um die deutsche Bewerbung um einen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UN) zu unterstützen - und nachdem diese erfolgreich war, um Deutschland in dem Gremium zu vertreten. Am Dienstag übernahm Deutschland den Vorsitz einer Sondersitzung des Sicherheitsrates. Das Thema: "Sexuelle Gewalt in Konflikten".

Um diesem Thema die gebührende Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, hat sich Maas mit der amerikanischen Schauspielerin Angelina Jolie zusammengetan. Jolie engagiert sich seit Längerem für die UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR. Im Zuge dieses Engagements hat sie öfter mit Politikern zusammengearbeitet, zum Beispiel mit dem ehemaligen britischen Außenminister William Hague. Jolie und Maas haben einen gemeinsamen Brief verfasst, den die Washington Post veröffentlicht hat. Darin fordern sie die Weltgemeinschaft zu mehr Einsatz gegen sexuelle Gewalt in Kriegen und Konflikten auf.

Jolie und Maas argumentieren, dass vor allen Dingen drei Aspekte zu beachten seien. Zunächst sei es entscheidend, dass die Täter zur Verantwortung gezogen würden. Es sei wichtig, sich gegen alle Versuche zu wehren, die internationale Strafverfolgung zu schwächen, da diese von immenser Bedeutung sei, wenn es darum gehe, gegen Regierungen vorzugehen, die sich weigerten, Kriegsverbrechen zu ahnden. Dieser Punkt könnte als Hinweis an die Vereinigten Staaten interpretiert werden, die dem Internationalen Strafgerichtshof mindestens skeptisch gegenüberstehen.

Als zweiten Punkt nennen Jolie und Maas, dass es ein besseres System der Überwachung brauche. Die Resolutionen der UN bezüglich sexueller Gewalt blieben letztlich leere Worte, wenn es nicht ein System gebe, dass dafür sorge, dass die Staaten der Welt diese beachteten und umsetzten. Viele Länder, in denen Vergewaltigungen als Mittel der Kriegsführung eingesetzt würden, missachteten die Resolutionen der Vereinten Nationen.

Drittens gehe es darum, die Opfer von sexueller Gewalt besser zu unterstützen und sicherzustellen, dass deren Stimmen gehört würden. Wichtig sei dabei, auch an Opfer zu denken, die oft übersehen würden, zum Beispiel Jungen oder Kinder, die nach Vergewaltigungen geboren wurden. Alle Opfer verdienten es, gehört zu werden und ein würdevolles Leben zu führen.

In ihrem Brief erzählen Jolie und Maas vom kongolesischen Arzt und Friedensnobelpreisträger Denis Mukwege, der ebenfalls nach New York gereist ist, um an der Sitzung des Sicherheitsrates teilzunehmen. Mukwege berichtet, dass er in seiner Klinik drei Generationen vergewaltigter Frauen aus einer Familie behandelt habe. Neben Mukwege nahm auch die Friedensnobelpreisträgerin Nadia Murad an der Sitzung teil. Außerdem anwesend war unter anderem die Menschenrechtsanwältin Amal Clooney, die Ehefrau des Schauspielers George Clooney.

Zu dem Thema haben die Vereinten Nationen bisher zwei wichtige Resolutionen verabschiedet. Die Resolution 1325 aus dem Jahr 2000 fordert, dass Frauen in Konflikten besser geschützt werden und gleichberechtigt in Wiederaufbau und Friedensverhandlungen einbezogen werden sollen. In der Resolution 1820 aus dem Jahr 2008 wird gefordert, dass jegliche Form von sexueller Gewalt kein Mittel der Kriegsführung sein dürfe.

Jolie und Maas wollen diese Resolutionen stärken und erweitern. Bereits im Januar dieses Jahres hatte Maas angekündigt, eine Weiterentwicklung der Resolution 1325 zu einem Schwerpunkt seiner Arbeit bei den Vereinten Nationen machen zu wollen. Deutschland hat dazu eine weitere Resolution entworfen, in der die in dem Brief genannten Punkte enthalten sein sollen.

Derlei im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen umzusetzen ist allerdings schwieriger, als man annehmen würde. Jolie und Maas schreiben zum Beispiel davon, dass auf "reproduktive und sexuelle Gesundheit" zu achten sei. Das stieß bei den Amerikanern auf Widerstand, da damit das Recht auf Abtreibung geschützt werden könnte. Die Regierung von US-Präsident Donald Trump weigerte sich, dem Passus zuzustimmen. Erst nachdem dieser gestrichen wurde, stimmten die 15 Mitglieder des UN-Sicherheitsrats ab. 13 von ihnen stimmten für den abgeschwächten Resolutionsentwurf. Russland und China, die einen eigenen Entwurf vorgelegt hatten, enthielten sich.

© SZ vom 24.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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