Venezuela:Etappensieg für Maduro

Das Regime in Venezuela zeigt sich kaltblütig und brutal. Was nach einem moralischen Sieg für den Herausforderer aussieht, ist in Wirklichkeit ein politischer Etappensieg für Machthaber Maduro. Die Hoffnung auf einen friedlichen Übergang schwindet.

Von Boris Herrmann

Juan Guaidó, der selbsternannte venezolanische Interimspräsident, mag jetzt auf den ersten Blick wie der moralische Sieger aussehen. Sein Gegenspieler Nicolás Maduro hat vor den Augen der Welt seine ganze Brutalität demonstriert. Wohl wissend, dass er in Sachen Moral ohnehin nichts mehr zu verlieren hat, ließ der Machthaber sehnsüchtig erwartete humanitäre Hilfslieferungen mit brutaler Gewalt zurückdrängen, es gab Tote.

Trotzdem scheint Maduros Kalkül zumindest für diesen Tag aufgegangen zu sein. Guaidó hatte seine Anhänger auf eine Art Entscheidungsschlacht eingeschworen, indem er ankündigte, die Hilfslieferungen "ohne Wenn und Aber" ins Land zu bringen. Dieser Plan ist vorerst gescheitert. Unterm Strich steht: Maduro hat gezeigt, dass er weiterhin die Grenzen und die Streitkräfte kontrolliert. Die Zahl der desertierten Soldaten und Polizisten ist bisher viel zu gering, um an dem Spiel der Kräfte etwas Grundlegendes zu verändern.

Damit schwinden leider die Hoffnungen auf einen schnellen, unblutigen Machtwechsel in Caracas. Zwei Optionen werden nun wahrscheinlicher: ein langwieriger Stellungskampf, in dem der Tyrann Maduro so weitermacht wie bisher - oder eine Militärintervention. In beiden Fällen wäre das venezolanische Volk auf der Verliererseite.

© SZ vom 25.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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