USA:Warum Arkansas sieben Häftlinge in elf Tagen hinrichten will

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  • Der US-Bundesstaat Arkansas will bis Ende des Monats sieben Häftlinge hinrichten.
  • Der Grund für die Eile: Bei einem der Medikamente in der Todesspritze läuft das Mindesthaltbarkeitsdatum ab.
  • Der Wirkstoff Midazolam ist umstritten, da er bei früheren Exekutionen nicht wie vorgesehen wirkte.

Von Beate Wild, New Orleans

Für sieben Todeskandidaten in Arkansas wird es eng: Am Montag soll in dem US-Bundesstaat gleich eine Serie von Hinrichtungen beginnen. Geplant ist, sieben Schwerverbrecher im Todestrakt innerhalb von elf Tagen per Giftspritze zu exekutieren. Doch noch haben die Anwälte der Verurteilten den Kampf nicht aufgegeben.

Sollten die Verteidiger scheitern, wären Don Davis und Bruce Ward am Montag als erste dran. Drei Tage später träfe es Stacey Johnson und Ledell Lee, gefolgt von Marcel Williams und Jack Jones am 24. April und Kenneth Williams am 27. April. Vor einem Bundesgericht in Arkansas haben die Anwälte gemeinsam Klage eingereicht und fordern die sofortige und permanente Aussetzung der Todesurteile.

Die Termine für die Hinrichtungen hatte der republikanische Gouverneur des im Süden gelegenen US-Bundesstaates, Asa Hutchinson, erst im Februar angesetzt. Grund für die schnelle Durchführung demnach: Das Mindesthaltbarkeitsdatum von Midazolam, eines der Medikamente, die für die Todesspritze verwendet werden, läuft Ende April ab.

In Arkansas ist seit zwölf Jahren niemand mehr durch die Todesstrafe ums Leben gekommen. Das letzte Mal wurden in den USA 1976 so viele Hinrichtungen in derart kurzer Zeit durchgeführt. Die Anwälte der Verurteilten argumentieren, dass bei einer derart übereilten Durchführung viele Fehler passieren können und es für ihre Mandanten eine "grausame und unübliche Bestrafung" bedeute.

Qualvoller Tod wegen Midazolam

Vor allem die Verwendung von Midazolam ist umstritten. Es hat eine sedative Wirkung und wird eingesetzt, damit der Gefangene bewusstlos wird, bevor die anderen Medikamente seine Atmung und sein Herz anhalten.

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Eigentlich soll die verwendete Wirkstoffkombination so funktionieren, dass die Häftlinge einen relativ schnellen und schmerzlosen Tod sterben und vor allem den Todeskampf nicht bei vollem Bewusstsein erleben. Doch mit Midazolam war es in den vergangenen Jahren bei Hinrichtungen in den vier Bundesstaaten Alabama, Arizona, Ohio und Oklahoma zu massiven Problemen gekommen.

Einige Häftlinge verloren nicht das Bewusstsein und mussten starke Schmerzen ertragen. Todeskandidaten schnappten nach Luft, liefen blau an, röchelten und wanden sich im Todeskampf. Eine Exekution zog sich über zwei Stunden hin, bis der Gefangene endlich starb.

Der Oberste Gerichtshof hatte 2015 den Einsatz von Midazolam für rechtmäßig erklärt. Richterin Sonia Sotomayor schrieb in ihrem Widerspruch der Minderheitsmeinung, dass der Todescocktail nicht korrekt funktioniere. Das Herz des Häftlings werde gelähmt und angehalten, aber auf "qualvolle Art, die brennende Schmerzen auslöst". Die Verwendung von Midazolam stelle ein "substanzielles und verfassungsmäßig nicht tragbares Risiko" dar.

Arkansas Gouverneur Hutchinson sagte im Februar, er habe keine Wahl, als die Exekutionen schnell durchzuführen. Wenn das Midazolam erst einmal abgelaufen ist, wird es für Arkansas nämlich schwierig, Nachschub aufzutreiben. Große Pharmakonzerne wie zuletzt auch Pfizer weigern sich, den Wirkstoff für den Gebrauch in der Todesspritze zu verkaufen - zum Teil aus moralischen, zum Teil aus geschäftlichen Gründen.

Nach dem Ablauf der Haltbarkeit bliebe Arkansas nur noch ein selbst zusammengemischtes Wirkstoffkombinat, das jedoch nicht mit einer offiziellen Zulassung durch die US-Gesundheitsbehörde (FDA) rechnen kann. Der US-Bundesstaat steht mit seinen Problemen nicht allein da: Andere Bundesstaaten greifen bei der Beschaffung der Todes-Wirkstoffe inzwischen zu fragwürdigen Mitteln, einige weigern sich, über ihre Quellen Auskunft zu erteilen.

Zunächst sollten in Arkansas sogar acht Todeskandidaten hingerichtet werden. Vergangene Woche entschied ein Gericht jedoch, dass die Todesstrafe für Jason McGehee ausgesetzt wird. McGehee hatte gemeinsam mit weiteren Tätern einen 15-jährigen Jungen aus ihrem Bekanntenkreis zunächst brutal zusammengeschlagen und dann in einem Wald erwürgt. McGehee soll nun eine lebenslange Haftstrafe ohne Bewährung erhalten, wenn Gouverneur Hutchinson, der in solchen Fällen das letzte Wort hat, zustimmt.

Extremer Druck für Häftlinge und Anwälte

Jeff Rosenzweig, ein altgedienter öffentlicher Verteidiger in Arkansas, führt den Kampf der Anwälte um das Leben ihrer Klienten an. "Wir hatten noch niemals so viele Hinrichtungen in so kurzer Zeit angesetzt", sagte er dem Guardian. Nicht nur die Todeskandidaten, auch die Anwälte stünden unter extremen Druck. Schließlich müssten sie den Verurteilten die bestmögliche juristische Beratung geben, vor allem, weil es die letzten Tage ihres Lebens sein könnten.

Vor wenigen Tagen hat auch die amerikanische Anwaltskammer Hutchinson aufgefordert, von seinem "beispiellosen Plan" abzurücken. Weder politische Entscheidungsträger noch Justiz hätten die adäquate Zeit um sicherzustellen, dass diese Exekutionen rechtmäßig durchgeführt würden.

Noch ist es nicht zu spät für die Todeskandidaten. Ein Gericht kann die Hinrichtungen stoppen - oder Gouverneur Hutchinson ringt sich zu einer Begnadigung durch. Diese Möglichkeit gilt allerdings als eher unwahrscheinlich.

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