USA:Trumps Fehde gegen die eigenen Dienste

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Trump besteigt die Air Force One - dass ein US-Präsident auf offener Bühne sagt, er vertraue eher Russlands Präsidenten als seinen eigenen Diensten, gilt als ungeheuerlich. (Foto: AFP)
  • US-Präsident Trump erwägt, Kritikern aus dem Sicherheitsapparat den Zugang zu vertraulichen Daten zu entziehen.
  • Vermutlich könnte er das sogar, allerdings hat noch kein amerikanischer Präsident so etwas getan.
  • Es ist üblich, dass sich ehemals hochrangige Mitarbeiter der Nachrichtendienste nach ihrer Amtszeit politisch neutral verhalten - nicht so in der Ära Trump.

Von Christian Zaschke, New York

US-Präsident Donald Trump hat angedroht, manchen seiner Kritiker die Sicherheitsfreigaben zu entziehen. Konkret nannte seine Sprecherin Sarah Huckabee Sanders die Namen mehrerer ehemals hochrangiger Mitarbeiter der Nachrichtendienste, die sich skeptisch über Trumps Umgang mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin geäußert hatten. Es gilt in Washington als wahrscheinlich, dass Trump tatsächlich die Macht hätte, die entsprechenden Freigaben einzuziehen. Allerdings hat bisher noch kein amerikanischer Präsident einen solchen Schritt getan.

Nach Angaben der New York Times verfügen rund 4,1 Millionen Amerikaner über eine Sicherheitsfreigabe, die es ihnen erlaubt, auf vertrauliche Dokumente zuzugreifen. Zirka 1,3 Millionen US-Bürger haben eine Freigabe für streng geheime Unterlagen. Darunter sind neben Mitarbeitern der Regierung, der Nachrichtendienste und sonstiger Behörden auch Lobbyisten und Berater.

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Trump hat unter anderem den ehemaligen CIA-Direktor John Brennan im Auge, die frühere Nationale Sicherheitsberaterin Susan Rice sowie den vormaligen Direktor der Nationalen Nachrichtendienste, James Clapper. Es ist gängige Praxis, dass derart hochrangige Mitarbeiter ihre Sicherheitsfreigaben auch nach dem Ausscheiden aus dem Amt behalten, um ihre Nachfolger zu beraten oder in Krisen konsultiert werden zu können. Zudem nannte Sanders auch den früheren FBI-Direktor James Comey sowie dessen vormaligen Stellvertreter Andrew McCabe. Das sorgte insoweit für Verwunderung, als beide ihre Sicherheitsfreigabe mit dem Ausscheiden aus dem FBI verloren haben.

Trump geht gegen die Nachrichtendienste in etwa so vor wie gegen die Presse

Comey, den Trump persönlich gefeuert hat und seither in Serien von Tweets weiter attackiert, sollte nach Angaben seines Anwalts erst im vergangenen Monat eine neue, beschränkte Sicherheitsfreigabe erhalten, um Einblick in das FBI betreffende Ermittlungen des Justizministerium erhalten zu können. Er habe dies jedoch explizit abgelehnt. Begründung: Er wolle keinen Zugang zu vertraulichen Informationen haben, damit der Präsident ihn nicht beschuldigen könne, er habe diese an die Medien durchsickern lassen. Solche Vorwürfe hatte Trump mehrmals erhoben, allerdings ohne dafür jemals Belege anzuführen.

Es ist üblich, dass sich ehemals hochrangige Mitarbeiter der Nachrichtendienste nach ihrer Amtszeit politisch neutral verhalten. Viele bleiben dem politischen Betrieb erhalten, als Berater, Analytiker oder Experten im Fernsehen. Unüblich ist, dass sie einen amtierenden Präsidenten kritisieren. Genau das ist in Trumps Fall aber mehrmals passiert.

Das liegt unter anderem daran, dass der Präsident eine Fehde gegen seine eigenen Nachrichtendienste und Strafverfolgungsbehörden führt und deren Ermittlungsergebnisse öffentlich anzweifelt. In seinen Augen sind sie Teil eines "tiefen Staates" von ungewählten Beamten, die versuchen, seine Präsidentschaft zu unterminieren. Deshalb geht er gegen die Nachrichtendienste in etwa so vor wie gegen die freie Presse: Mit dauernden Attacken versucht er, die Grenze zwischen Wahrheit und Lüge zu verwischen.

Ex-CIA-Chef Brennan äußerte sich zuletzt am schärfsten. Trumps Auftritt mit Wladimir Putin in Helsinki hat er "verräterisch" genannt. Die Worte des Präsidenten müssten ein Amtsenthebungsverfahren nach sich ziehen. Trump hatte die Erkenntnisse der amerikanischen Geheimdienste infrage gestellt, denen zufolge Russland manipulativ in den Wahlkampf im Jahr 2016 eingriff. Putin habe ihm das Gegenteil versichert, betonte Trump aber.

Dass ein amerikanischer Präsident auf offener Bühne sagte, er vertraue eher Russlands Präsidenten als seinen eigenen Diensten, galt als ungeheuerlich. Der ehemalige FBI-Boss Comey schrieb auf Twitter, Trump habe auf der internationalen Bühne den Ausverkauf der Nation betrieben. James Clapper, ehemals Direktor der nationalen Nachrichtendienste, fragte, ob die Russen belastendes Material über Trump besäßen.

Dass Trump seinen Kritikern nun die Sicherheitsfreigaben entziehen will, entspringt offenbar eher einer spontanen Entscheidung als einer Strategie. Am Montag hatte er Besuch von Senator Rand Paul. Dieser twitterte, nachdem er das Weiße Haus verlassen hatte, er habe dem Präsidenten gesagt, John Brennan und anderen sollten die Freigaben entzogen werden. Das hielt Trump wohl für eine gute Idee.

Sprecherin Sanders erklärte, der Präsident prüfe die Möglichkeiten, die Sicherheitsfreigaben derer zu entziehen, die diese zu politischen Zwecken nutzen und als Kommentatoren zu Geld machten. Zudem gehe es darum, dass Menschen mit Sicherheitsfreigaben "grundlose Anschuldigungen" dahingehend erhöben, dass es "unangemessenen Kontakt mit Russland" gegeben habe - und zwar auf der Basis von "null Beweisen". Dass noch immer ermittelt wird, wie genau Russland Einfluss auf die Wahlen 2016 genommen hat, ärgert Trump über die Maßen. In regelmäßigen Wutausbrüchen auf Twitter nennt er die legitimen Ermittlungen "Hexenjagd".

© SZ vom 25.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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