USA:Trump will an umstrittenem Kandidaten für Supreme Court festhalten

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  • Nach dem Willen von US-Präsident Trump soll Brett Kavanaugh Richter am Supreme Court, dem Obersten Gerichtshof der USA, werden.
  • Die Ernennung würde die Balance des neunköpfigen Gerichts zugunsten der Republikaner verschieben, und das für Jahre oder gar Jahrzehnte, da die Richter auf Lebenszeit ernannt werden.
  • Nun beschuldigt ihn eine Professorin der versuchten Vergewaltigung. Einem Lügendetektortest hat sie sich bereits unterzogen.

Von Christian Zaschke, New York

Die Vorwürfe sind detailliert, und sie sind schwerwiegend: Brett Kavanaugh, der republikanische Kandidat für den freien Posten am Supreme Court, dem Obersten Gerichtshof der USA, wird beschuldigt, als Teenager eine Frau sexuell belästigt zu haben. In einem Interview mit der Washington Post erzählte Christine Blasey Ford, die als Wissenschaftlerin in Kalifornien arbeitet, dass Kavanaugh sie vor mehr als 30 Jahren drangsaliert habe. Kavanaugh bestreitet die Vorwürfe energisch und hat am Montag angekündigt, sie vor dem Justizausschuss zu widerlegen.

Der Richter ist die erste Wahl von US-Präsident Donald Trump für den Posten am Supreme Court. Seine Ernennung würde die Balance des neunköpfigen Gerichts zugunsten der Republikaner verschieben, und das für Jahre oder gar Jahrzehnte, da die Richter auf Lebenszeit ernannt werden. Die Anhörungen waren so weit abgeschlossen, dass Kavanaugh an diesem Donnerstag vom Justizausschuss als Kandidat bestätigt werden sollte. Im nächsten Schritt sollte seine Ernennung durch den Senat erfolgen. In beiden Gremien haben die Republikaner eine knappe Mehrheit. Ob dieser Zeitplan eingehalten werden kann, ist nun fraglich.

Das Weiße Haus ließ verlauten, man stehe weiterhin zu dem Kandidaten. Allerdings haben republikanische Senatoren angedeutet, dass sie mehr über die Vorwürfe erfahren wollen. Im Justizausschuss sitzen elf Republikaner und zehn Demokraten, sodass eine einzige republikanische Gegenstimme mindestens zu einer Verzögerung der Ernennung Kavanaughs führen würde.

Jeff Flake, republikanischer Senator aus Arizona, sagte am Sonntag, er fühle sich nicht wohl damit, für Kavanaugh zu stimmen, bevor er mehr über die Anschuldigungen wisse, seine Kollegin Susan Collins aus Maine schlug vor, Kavanaugh und Ford sollten im Justizausschuss unter Eid aussagen. Auch Lindsey Graham aus South Carolina sagte, er wäre für eine Anhörung von Ford im Ausschuss offen.

Allerdings sei er dafür, am Zeitplan festzuhalten. In dem Interview schildert Ford, wie Kavanaugh und ein zweiter Mann namens Mark Judge sie in den Achtzigerjahren während einer kleinen Party in einem Privathaus in Maryland in ein Zimmer gezerrt hätten. Alle drei waren damals Teenager. Kavanaugh und Judge seien betrunken gewesen. Während Judge zuschaute, habe Kavanaugh sie auf ein Bett geworfen und sich auf sie gelegt. Dabei habe er versucht, sie zu entkleiden. Ford erzählt, dass sie einen Badeanzug unter ihrer Kleidung trug, was es dem betrunkenen Kavanaugh erschwert habe, sie auszuziehen. Beide Männer hätten während des Vorfalls durchgehend gelacht.

Sie habe sich befreien können, als Judge sich ebenfalls auf das Bett warf und damit Kavanaugh aus der Balance gebracht habe. Sie sei aus dem Raum entkommen und habe sich in einem Badezimmer eingeschlossen. Später sei sie aus dem Haus geflohen. Erzählt habe sie damals niemandem von dem Vorfall, aus Scham und aus Angst davor, Ärger zu bekommen, weil sie auf eine Party gegangen war, auf der Schüler Alkohol tranken. Der Vorfall habe sie mehrere Jahre aus der Bahn geworfen. Zudem habe sie lange an Angstzuständen gelitten.

Ford hatte die Vorwürfe erstmals bereits im Sommer erhoben, allerdings mit dem Wunsch, anonym zu bleiben. Sie hatte sich schriftlich an die Washington Post und an die kalifornische Senatorin Dianne Feinstein gewandt. Der Zeitung liegen die Notizen ihres Psychotherapeuten vor, dem sie erstmals 2012 von dem Übergriff erzählte. Auf Anraten ihrer Anwältin Debra Katz hat sich Ford zudem im August einem Lügendetektortest unterzogen. Ein ehemaliger FBI-Agent, der die Untersuchung vornahm, kam zu dem Schluss, dass Ford die Wahrheit erzähle.

Obwohl Ford anonym bleiben wollte, wurde bekannt, dass Senatorin Feinstein offenbar ein Brief mit Anschuldigungen gegen Kavanaugh vorliege. Die Senatorin hatte den Brief zudem an das FBI weitergeleitet. Anwältin Katz erzählt, dass Feinsteins Büro sie mehrmals mit der Frage kontaktiert habe, ob Ford nicht doch an die Öffentlichkeit gehen wolle. Diese habe jedoch anonym bleiben wollen, aus Angst vor der öffentlichen Aufregung, die ihre Äußerungen auslösen würden.

Diesen Wunsch habe die Senatorin respektiert. Nachdem Ford jedoch in der vergangenen Woche von Journalisten kontaktiert worden war und die Geschichte in Washington als Gerücht kursierte, entschloss sie sich am Wochenende dazu, mit vollem Namen und Details an die Öffentlichkeit zu gehen. Ford sei zu einer öffentlichen Aussage vor dem Senat bereit, sagte ihre Anwältin.

Das Weiße Haus verweist darauf, dass Kavanaugh gerade von Frauen viel Unterstützung erhalte. Unter anderem gibt es einen Brief von 65 Unterstützerinnen, die sagen, dass sie Kavanaugh in der Highschool kannten. In dem Brief heißt es, er habe Frauen stets "mit Anstand und Respekt" behandelt.

Kavanaughs Freund Mark Judge, der bei dem Vorfall dabei gewesen sein soll, sagte der New York Times: "Das ist nie passiert. Ich habe niemals etwas in der Art gesehen, was da beschrieben wird." Das passe zudem nicht zu Kavanaughs Charakter: "So ist er nicht." Kavanaugh selbst teilte in einem Statement mit: "Ich weise diese Anschuldigung kategorisch und unmissverständlich zurück. Ich habe so etwas weder in der Highschool noch später getan."

Mehrere Republikaner wiesen darauf hin, dass die Professorin aus Kalifornien auch eine registrierte Demokratin sei. Zudem fragten sie, warum die Vorwürfe erst jetzt ans Licht kämen, so kurz vor der Nominierung Kavanaughs. Sie vermuten dahinter ein taktisches Manöver der Demokraten.

© SZ vom 18.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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