USA:Das nötige Kleingeld

Lesezeit: 2 min

US-Bürgern fehlt es an 25-Cent-Münzen für den Waschsalon.

Von Claus Hulverscheidt

Es gibt Momente im Leben des pandemiegeplagten Amerikaners, da hängt die Zukunft plötzlich an 25 Cents. Die Karriere, die Ehe - alles kann dahin sein, wenn sich am Abend vor dem Bewerbungsgespräch, der Hochzeit, dem Geburtstag der Schwiegermutter herausstellt, dass man nicht genügend 25-Cent-Stücke zur Hand hat, um im Waschsalon die Flecken aus dem einzig präsentablen Hemd zu waschen. Früher war das kein Problem: Man ging in die nächste Kneipe und tauschte Scheine in Münzen um. Doch seit das Coronavirus sein Unwesen treibt, sind die sogenannten Quarters in den USA Mangelware.

Um die Dimension des Problems zu verstehen, muss man wissen, dass beinahe 20 Millionen US-Haushalte keine eigene Waschmaschine haben. Stattdessen reinigen und trocknen die Menschen ihre Wäsche in einem der 30 000 Waschsalons des Landes oder in den Gemeinschaftsgeräten ihrer Mietshäuser. Gründe gibt es viele: Für Singles lohnt die Anschaffung einer Maschine oft nicht, in alten Mietshäusern fehlen die Anschlüsse oder der Betrieb eigener Geräte ist aus Angst vor Wasserschäden sogar verboten. Zuletzt ist noch ein Argument dazugekommen: Ist es wirklich sinnvoll, in ein 20-Parteien-Haus 20 Waschmaschinen und 20 Trockner zu stellen? Oder wären mit Blick auf den Umweltschutz drei, vier Gemeinschaftsautomaten im Keller nicht besser?

Ob Keller oder Salon - was fast alle Mietgeräte gemein haben, ist, dass sie mit Münzen gefüttert werden wollen. Allein die Waschmaschine schluckt meist vier Quarters, der Trockner noch einmal so viele. Auch im Bus, an Mautstationen, in Waschanlagen oder Spiel-, Snack- und Getränkeautomaten sind 25-Cent-Münzen oft unabkömmlich. Viele Bürger decken sich deshalb bei ihrer Bank oder im Geschäft regelmäßig ein, in den Waschsalons gibt es zudem Wechselautomaten.

Das Problem: Seit Monaten sind die Automaten oft leer, die Banken knauserig und die Einzelhändler unwillig. Es sind schlicht nicht genug 25-Cent-Stücke in Umlauf. Ein Grund ist, dass viele Läden ihre Kunden aus hygienischen Gründen drängen, mit Karte zu zahlen - die Prägeanstalt U.S. Mint reduzierte deshalb ihre Münzproduktion. Zugleich horten die Menschen in Krisenzeiten traditionell Bargeld, statt es zur Bank zu bringen oder in Automaten zu stecken. Sogar Notenbank-Chef Jerome Powell hat schon eingeräumt, dass der "Münzstrom gewissermaßen zum Erliegen gekommen ist".

Menschen tigern durch Kneipen und Geschäfte

Ergebnis ist, dass die Menschen abenteuerliche Dinge tun. Viele tigern auf der Suche nach Quarters durch Kneipen, Geschäfte und Falafelbuden, andere leihen sich T-Shirts der Nachbarn. Ein New Yorker Ehepaar machte sich laut Wall Street Journal gar auf den Weg ins 1000 Kilometer entfernte North Carolina, um die Kleidung im Haus der Eltern zu waschen.

Derweil sitzt Caleb Brown vermutlich daheim und ärgert sich, dass er mit seiner Geschäftsidee ein paar Jahre zu früh dran war. 2014 hatte er mit dem Werbespruch "Tragen Sie dreckige Unterwäsche?" die Firma Washboard gegründet, die anbot, Abonnenten monatlich per Kurier 20 Dollar in 25-Cent-Stücken zuzusenden - zum Preis von 26,99 Dollar. Heute könnte sich Brown vor Nachfrage vielleicht kaum retten. Damals ging er pleite. Binnen einer Woche.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: