USA:Grummeln über Obama

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Es ist kein Drama, der rauschenden Party folgt kein Kater mit Kopfschmerz oder Reue. Doch der Honeymoon für den amerikanischen Präsidenten geht langsam zu Ende.

Christian Wernicke, Washington

Amerika kommt zur Besinnung. Fünf Monate währte des Volkes Honeymoon mit seinem Präsidenten, jetzt aber fallen - in gleich zwei Umfragen - Barack Obamas Werte. Noch ist es kein Drama, der rauschenden Party folgt kein Kater mit Kopfschmerz oder Reue. Allein, die Menschen blicken nüchtern auf den schwarzen Mann im Weißen Haus: Ihnen mag weiterhin gefallen, wen sie da sehen. Nur schürt das, was Obama da anstellt im Oval Office, inzwischen Unbehagen.

Barack Obama muss seinen Worten jetzt Taten folgen lassen. (Foto: Foto: AFP)

Es ist die Politik des Präsidenten, nicht die Person, die mehr und mehr Amerikaner in Zweifel ziehen. Allen voran das horrende Haushaltsdefizit, mit dem die Nation derzeit die nationale (und globale) Wirtschaft anzukurbeln versucht, schreckt sie: 58 von hundert Amerikanern bekunden mittlerweile, das Loch im US-Budget flöße ihnen die größte Furcht ein - größer also als die Sorge um den eigenen Job oder die Angst vor der nächsten Terrorattacke.

Obama spürt das Magengrummeln, offenbar bestätigen auch Geheimumfragen seiner demoskopischen Berater den Trend. Genau deshalb hat der Präsident ja vor drei Tagen sein Seelenleben offenbart und im Fernsehen gestanden, die eigenen Schuldenmacherei raube ihm nächtens des Schlaf.

Der Bonus läuft ab

Typisch Obama. Fast immer findet dieser Präsident den richtigen Ton, um seinem Publikum zu sagen: "Ich habe verstanden!" Nur, auf Dauer reichen Worte nicht. Genau dies ist die wirklich neue (und sehr simple) Erkenntnis der aktuellen Umfragen, exakt hier lauert die Gefahr für Obama: Sein Volk beginnt, ihn an seinen Taten zu messen. Noch immer sagen zwar 46 Prozent aller Amerikaner, der eigentlich Schuldige für das Finanz-Fiasko sei George W. Bush.

Aber der Bonus, nicht Bush zu sein, verbraucht sich. Und einen wirklichen Plan, mittelfristig aus den roten Zahlen herauszukommen, hat Obama nicht. Die Nation mag seinen Zuspruch und seine Rhetorik weiterhin genießen. Genügen wird dies ihr nicht. Obamas Präsidentschaft steht und fällt, nach nicht einmal sechs Monaten im Amt, mit der Konjunktur. Falls die Wirtschaft nicht bald anzieht, werden auch seine persönlichen Sympathiewerte fallen. Bisher hat der Präsident die ererbte Krise geschickt als Chance nutzen können, um beispielsweise mit seinem riesigen Konjunkturpaket viele Investitionen einzuleiten für eine sozialere und ökologischere Wirtschaft.

Solange dieser sogenannte Stimulus jedoch keine Wirkung zeigt, kann Obama keine weiteren Reformen wagen. Sein neuer Kurs, den Staat als Motor marktwirtschaftlicher Modernisierung einzusetzen, muss Ergebnisse abwerfen - sonst gerät die gesamte Agenda ins Stocken.

Schon zeichnet sich ab, dass der amerikanische Präsident seine geplante Gesundheitsreform nicht so schnell wie geplant auf den Weg bringen kann. Der Kongress bockt, trotz satter demokratischer Mehrheiten. Es ist ein brutaler Kreislauf: Obama braucht, dringender als bisher geglaubt, Erfolge. Sonst hat er bald keine mehr.

© SZ vom 19.6.2009/vw - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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