USA: Barack Obama:Obama-Kinderlied empört Republikaner

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Propaganda oder purer Gesang? In New Jersey haben Grundschüler eine Hymne auf Obama angestimmt. Die Republikaner sehen darin eine "Indoktrination".

M. König

In Burlington Township im US-Bundestaat New Jersey ist die Welt noch in Ordnung. Viele Häuser haben einen Swimmingpool im Garten. Die Einkommen liegen über dem US-Durchschnitt, Pendler aus dem nahe gelegenen Philadelphia bringen ihr Geld in die 22.000-Einwohner-Gemeinde.

Ihre Kinder liefern sie morgens in der Grundschule B. Bernice Young ab, wo es mittags italienische Schmorpfanne gibt, mit Gartensalat, frischem Obst und Milch. Eine große Wiese umgibt das Schulgebäude, auch ein Fluss und ein Waldstück sind nicht weit. Neuerdings gibt es in der Gemeinde allerdings auch Demonstranten, die wütende Parolen brüllen und Flaggen schwenken.

Für die Republikaner ist die Grundschule in Burlington Township zum Inbegriff eines gefährlichen Personenkultes geworden. 70 Demonstranten haben sich am Montag vor dem Schulgebäude positioniert und "Freie Kinder, freie Gedanken!" gerufen. Auch "Keine Indoktrination!" war zu hören. Wie die amerikanische Nachrichtagentur AP berichtet, zogen Demonstranten Vergleiche mit der Hitler-Jugend im deutschen Nationalsozialismus.

Der Grund für die Aufregung liegt sieben Monate zurück: Die Grundschule hatte den März zum Monat der "Black History" ausgerufen und die Buchautorin Charisse Carney-Nunes eingeladen. Sie hat ein Kinderbuch mit dem Titel "Ich bin Barack Obama" geschrieben, das im Unterricht gelesen wurde. Dabei handelt es sich um eine leicht verständliche Biografie des US-Präsidenten.

Anlässlich des Besuches von Carney-Nunes sangen Zweitklässler zwei Lieder und tanzten dazu. Der Text lautet: "Mmm, mmm, mmm, Barack Hussein Obama, er hat gesagt, dass alle mit anpacken müssen, um dieses Land wieder stark zu machen". In einem zweiten Lied heißt es: "Hurra, Mister President, Sie sind die Nummer eins, der erste Afro-Amerikaner, der diese Nation anführt. Hurra, Mister President, wir verehren Ihre großartigen Pläne, die die Wirtschaft dieses Landes wieder an die Weltspitze führen."

Ein Video des Auftritts - offenbar aufgezeichnet von der Schwester der Autorin - erschien bei Youtube und wurde bald darauf von konservativen Medien aufgegriffen. Darunter war auch Fox News, jener Sender, den das Weiße Haus laut Kommunikationsdirektorin Anita Dunn als "Flügel der republikanischen Partei" betrachtet.

Fox-Kommentator Glenn Beck präsentierte das Video in seiner Sendung am 24. September und sprach von "Indoktrination auf einer ganz neuen Ebene": Das einzige, was jetzt noch fehle, sei "eine Statue, bezahlt mit Steuergeldern, vor der unsere Kinder niederkien und Obama huldigen können."

An Obama-Wähler adressiert, sagte Beck: "Wie würden Sie es finden, wenn Ihr Kind eine Hymne auf George W. Bush anstimmen würde?"

Auf der nächsten Seite: Der zuständige Schulinspektor wehrt sich, die Republikaner warnen und rufen zu Spenden auf.

In New Jersey hält der zuständige Schulinspektor Christopher Manno dagegen. In einer Pressemitteilung verteidigte er das Einstudieren des Liedes: "Die Kinder sollten nicht indoktriniert werden. Das Ziel der Lehrerin war es, die Kinder auf berühmte und verdienstvolle Afro-Amerikaner hinzuweisen", schreibt Manno. Der Text der Lieder sei den Eltern vor der Aufführung zugeschickt worden. Niemand habe protestiert.

Manno und die Leiterin der Schule, Denise King, halten die Veröffentlichung des Videos für den eigentlichen Skandal: Sie sei nicht genehmigt gewesen. Manno kündigte deshalb an, rechtliche Schritte einzuleiten. Er wies alle Lehrer an, Videoaufzeichnungen von Kindern nicht zuzulassen. Die Lehrerin der singenden Zweitklässler ist mittlerweile in den Ruhestand versetzt worden - auf eigenen Wunsch und unabhängig von dem Kinderlied-Skandal, wie Manno betonte.

Die verbliebenen Lehrer ermahnte er, "extra wachsam" zu sein und im Unterricht nicht den Eindruck zu erwecken, eine politische Ideologie zu vertreten.

In den Ohren der Republikaner klingen derweil die Alarmglocken: Die Vorfälle in Burlington Township und die Verleihung des Friedensnobelpreises an den demokratischen US-Präsidenten sind ihrer Meinung nach Anzeichen dafür, dass Obama nicht mehr als Politiker, sondern als Idol wahrgenommen wird.

Umso mehr versucht die "Grand Old Party", am Thron des Amtsinhabers zu sägen. Wie der liberale TV-Sender CBS auf seiner Website berichtet, verschickt der republikanische Parteivorsitzende Michael Steele E-Mails an Unterstützer. Darin heißt es mit Bezug auf den Obama-Song: "Freunde, das ist die Art von Propaganda, wie sie im stalinistischen Russland oder in Nordkorea zu sehen ist. Ich hätte nie gedacht, dass ich sie einmal in Amerika sehen würde. Bitte seht euch das Video an, sagt es weiter und spendet zehn, 25, 50 oder 100 Dollar, um uns im Kampf gegen die linke Propaganda zu unterstützen."

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