USA: Barack Obama:Das neue Comeback-Kid?

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Nach vielen Niederlagen feiert US-Präsident Barack Obama wieder Erfolge. Doch es ist nicht gesagt, dass er ein "Comeback-Kid" ist, wie einst Clinton, und die Republikaner samt der Tea-Party-Radikalinskis in ihre Schranken weisen kann.

Reymer Klüver

Eines steht am Ende dieses für Amerika so turbulenten Jahres fest: Die politischen Nachrufe, wie sie nach Barack Obamas Schmach bei den Kongresswahlen im Herbst bereits geschrieben wurden, waren stark übertrieben. Frei nach Mark Twain, der mit diesem Aperçu auf Todesmeldungen zu seinen Lebzeiten reagierte, muss man konstatieren, dass die Präsidentschaft Obamas - nach seinen Erfolgen im Senat - in den letzten Wochen des Jahres nun auf einmal vitaler denn je erscheint (wenn man von der euphorischen Anfangszeit absieht).

Wenn die Republikaner 2011 fünf Mandate mehr im Senat haben, wird es schwer für ihn: US-Präsident Barack Obama. (Foto: AFP)

Allerdings könnten auch all jene Meldungen, die nun zu lesen sind, über die politische Wiederauferstehung des bereits als glücklosen Versager und/oder überheblichen Autisten abgeschriebenen Präsidenten ebenfalls nur vorläufigen Wert haben.

In den Köpfen vieler Amerikaner setzt sich dieser Tage bereits die einprägsame Formel vom "Comeback-Kid II" fest. Das ist eine Anspielung auf Obamas Vorvorgänger im Amt, Bill Clinton, der sich seinerzeit nach einem vergleichbaren Tiefschlag bei den Zwischenwahlen 1994 berappelte und die Republikaner in die Schranken wies. Ein konservativer Kolumnist schrieb sogar, tief beeindruckt von der Durchsetzungskraft des Präsidenten, dass Obama binnen Monatsfrist gelungen sei, wofür Clinton damals ein Jahr gebraucht habe.

Doch zeigt die Analyse der Erfolge, die Obama gutgeschrieben werden, dass er sie in den knapp zwei Jahren bis zur Wahl im Herbst 2012 kaum so wird wiederholen können. Die Aufhebung des törichten Schwulenbanns in den US-Streitkräften, die ihm Pluspunkte bei der verunsicherten linken Basis der Demokraten eingetragen hat, und die Ratifizierung des Start-Abrüstungsvertrags hat er nur mit knappen Mehrheiten durchsetzen können. 2011, wenn die Republikaner im Senat fünf Mandate mehr haben werden als bisher, wäre beides sang- und klanglos untergegangen.

Auch den Steuerkompromiss vom Dezember, der Obama zu mehr Ansehen bei den Wechselwählern verholfen hat, wird er nicht nachahmen können. Sowohl die Demokraten als auch die Republikaner werden sich in Steuerfragen jedem Kompromiss entziehen.

Bei den Demokraten wird im Repräsentantenhaus die Parteilinke stärker sein (weil viele Moderate bei der Wahl rausgeflogen sind). Sie glaubt, dass Obama zu viele Konzessionen gemacht hat. Die Republikaner wiederum dürften von den kraftstrotzenden Tea-Party-Radikalinskis an jedem Entgegenkommen gehindert werden.

Eher das Scheitern des Dream Act, das zumindest den Kindern illegaler Immigranten in den USA eine Chance gegeben hätte, dürfte eine Ahnung von dem vermitteln, womit Obama in den kommenden zwei Jahren zu kämpfen hat. Selbst diese bescheidene Änderung des Einwanderungsgesetzes war nicht durchsetzbar, weil ein paar Demokraten gemeinsame Sache mit den Republikanern machten, deren Reihen wie so oft in den vergangenen zwei Jahren geschlossen waren. Das heißt: Die Blockadehaltung, mit der die Republikaner schon so erfolgreich waren gegenüber Obama, wird weitergehen.

Entscheidend dafür, ob Obama ein klares Comeback gelingt, das ihm die Wiederwahl 2012 sichert, sind andere Faktoren. Als Erstes natürlich die Wirtschaft. Wenn der Aufschwung ausbleibt und die Arbeitslosenzahlen nicht wenigstens leicht nachgeben, kann Obama einpacken. Dann werden die Amerikaner 2012 denselben Frust im Wahllokal ausleben, wie sie es in diesem Herbst taten.

Die Amerikaner mögen seinen Familiensinn: Während seines Weihnachtsurlaubs auf Hawaii ging US-Präsident Barack Obama medienwirksam mit Tochter Malia Eisessen. (Foto: AFP)

Dann ist da das Bild Obamas in der US-Öffentlichkeit. Trotz der mäßigen Werte, die seine Politik in Umfragen bekommt, mögen ihn die Amerikaner. Das ist nicht zu unterschätzen. Seinen Familiensinn finden sie gut, und seine Liebe zum Sport gefällt ihnen. Hinzu kommt die Neigung, den Männern im Weißen Haus trotz Schwächen einen Amtsbonus zu geben. Clinton und George W. Bush profitierten davon. Behält Obama seine Sympathiewerte, dürfte auch ihm der Bonus helfen.

Und selbst wenn das am Ende keine entscheidenden Stärken sind, ist eines nicht zu übersehen: die Schwäche seiner Gegner. Eine innerparteiliche Opposition ist (anders als bei Jimmy Carter) nicht in Sicht. Selbst wenn Obama weiter den Ausgleich mit den Republikanern sucht (was er tun wird, aber ohne viel Erfolg), wird die Linke es nicht wagen, einen Gegenkandidaten aufzubauen. Und auf Seiten der Republikaner ist noch kein veritabler Herausforderer zu sehen.

Sollte sich die Kamikaze-Fraktion durchsetzen und Sarah Palin zur Kandidatin küren, hätte Obama leichtes Spiel. Wahrscheinlicher aber ist es, dass die Republikaner einen gesichtslosen Politfunktionär wie Mitt Romney aufstellen werden - was Obama im persönlichen Vergleich zweifellos zugutekäme.

Aber am Ende zählt noch etwas ganz anderes - das, was Obama in den vergangenen Wochen bewiesen hat: politischer Mut. Den zeigte er zweifellos beim Steuerkompromiss mit den Republikanern. Den hatte er auch, als er, allen Bedenkenträgern zum Trotz, den Start-Vertrag durchsetzte. Wenn Obama diese Lektion aus den vergangenen Wochen beherzigt, und weiterhin den Mut zur Auseinandersetzung hat, dann könnte ihm wirklich das Comeback gelingen.

© SZ vom 30.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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