US-Schuldenstreit: Verhandlungen im Weißen Haus:Obama stellt Kongress ein Ultimatum

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US-Präsident Obama verliert im Schuldenstreit die Geduld: Auch die fünfte Verhandlungsrunde ist ohne Ergebnis zu Ende gegangen - jetzt sollen sich die Parteispitzen in den nächsten 36 Stunden einigen, sonst würden sie zum Nachsitzen ins Weiße Haus beordert. Angesichts der festgefahrenen Verhandlungen droht Standard & Poor's erneut mit der Herabstufung der US-Bonität. Der Senat soll bereits an einem alternativen Vorschlag zur Lösung des Streits arbeiten.

Der erbitterte Streit über die Schuldengrenze in den USA steuert auf seinen Höhepunkt zu. US-Präsident Barack Obama stellte den Parteispitzen im Kongress am Donnerstag (Ortszeit) ein Ultimatum, innerhalb von maximal 36 Stunden eine Einigung zu präsentieren, berichteten mehrere US-Medien. Sonst würde er sie am Wochenende zum "Nachsitzen" ins Weiße Haus zurückbeordern. Der Präsident selbst wollte am Freitag in Washington eine Pressekonferenz geben.

"Die Zeit der Entscheidung ist gekommen": US-Präsident Obama erhöht den Druck auf die Verhandlungsführer der Parteien im Kongress. (Foto: Bloomberg)

Nach nur 80 Minuten war auch das fünfte Treffen im Cabinet Room des Weißen Hauses zu Ende - daraufhin habe Obama die Forderung nach einer umgehenden Lösung des Konfliktes an die Führer seiner Demokraten und der oppositionellen Republikaner im Kongress gestellt. "Die Zeit der Entscheidung ist gekommen", soll Obama gesagt haben, heißt es in den Berichten von mehreren US-Medien. "Wir brauchen jetzt konkrete Pläne." Und weiter: Die Parteispitzen sollten in den nächsten 24 bis 36 Stunden "ausloten, was gemacht werden könne", zitiert die New York Times einen Vertreter der Demokraten, der mit den Verhandlungen vertraut sei.

Seit Sonntag treffen sich die Parteispitzen täglich im Weißen Haus, um zu einer Annäherung im festgefahrenen Streit um die Anhebung der Schuldenobergrenze zu kommen. An diesem Freitag werde es erstmals in dieser Woche keine weitere Verhandlungsrunde im Präsidentensitz geben. Obama und seine Mitarbeiter seien aber "in Bereitschaft", sobald sich eine Verständigung abzeichne.

Es gebe keine weiteren Treffen in dieser Woche, weil man bereits im Senat an einer Lösung arbeite, sagte ein Vertreter der Republikaner der Washington Post. Nach einem Bericht der Zeitung arbeitet der Senat derzeit einen Alternativvorschlag aus. Die Pläne seien noch nicht sehr konkret, wird der demokratische Mehrheitsführer Harry Reid zitiert, der mit dem republikanischen Minderheitsführer Mitch McConnell verhandelt. Letzterer hatte zuvor als Alternative vorgeschlagen, dass Obama die Erhöhung der Schuldengrenze in drei Schritten bis zum Herbst 2012 per präsidentiellem Veto durch den Kongress drücken könnte. Reid bestätigte der Washington Post, dass genau dieses Szenario im Fokus der Verhandlungen stehe. Allerdings war der Vorschlag auch in republikanischen Reihen auf Kritik gestoßen.

Die Diskussion dreht sich um die dringend notwendige Erhöhung des Schuldenlimits von derzeit 14,3 Billionen Dollar (10 Billionen Euro) um 2,5 Billionen Dollar. Die Republikaner wollen nur dann im Kongress zustimmen, wenn Obama und seine Partei erheblichen Einsparungen im Staatshaushalt zustimmen. Der US-Präsident selbst strebte eine große Lösung vor, die eine Reduzierung des Defizits um vier Billionen Dollar über die kommenden zehn Jahre vorsieht, allerdings auch mit Hilfe von Steuererhöhungen - was die Republikaner strikt ablehnen.

Standard & Poor's warnt vor Herabstufung der USA

Derweil erhöht eine weitere Ratingagentur den Druck auf Obama und den Kongress. Standard & Poor's (S&P) teilte mit, die langfristige Kreditwürdigkeit der USA mit einer mindestens 50-prozentigen Wahrscheinlichkeit innerhalb der kommenden drei Monate herunterzustufen. Auch den kurzfristigen Ausblick für die finanzielle Situation der Vereinigten Staaten habe die Ratingagentur auf "negativ" gesetzt, hieß es in dem Bericht des Unternehmens.

Die Entscheidung begründete S&P mit den stockenden Verhandlungen. "Die politische Debatte über die finanzielle Position und der damit verbundene Streitpunkt der Schuldengrenze ist nach unserer Ansicht nur noch komplizierter geworden", so die Analyse.

Am Vortag hatte die US-Ratingagentur Moody's den USA wegen des Konflikts mit der Aberkennung ihrer Topbonität gedroht. Die Bestnote "AAA" für die Staatsanleihen stehe in Frage. Beide Agenturen bringen sich zwar schon seit Wochen mit einer möglichen Prüfung oder gar Herabstufung der US-Bonität ins Gespräch, aber so konkret wie jetzt sprachen sie noch nie darüber.

Die chinesische Ratingagentur Dagong, die bereits seit November 2010 die Kreditwürdigkeit der USA in Frage stellt, hatte am Vortag sogar noch deutlicher gedroht, die US-Bonität herabzusetzen. Selbst wenn sich der Kongress und das Weiße Haus noch über die Erhöhung der Schuldengrenze einigten, werde die Agentur handeln, hieß es aus Peking.

China, größter Gläubiger der USA, zeigte sich beunruhigt und forderte die US-Regierung auf, alle Maßnahmen zu treffen, um die Interessen der Investoren zu wahren. Nach Angaben des amerikanischen Finanzministeriums hielt China im April mehr als eine Billion US-Dollar an Schatzanleihen.

Linktipp: Die Washington Post hat in einer Grafik aufgeschlüsselt, unter welchem US-Präsidenten die Schuldengrenze erhöht wurde.

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