Es gibt ein paar Probleme, die Mitt Romney bisher hinderten, als Präsidentschaftsbewerber der Republikaner richtig durchzustarten. Da ist zum einen der Umstand, dass er sich in seiner Amtszeit als Gouverneur von Massachusetts für eine Krankenversicherung stark machte, die Konservative in verdächtiger Nähe der verhassten Gesundheitsreform von US-Präsident Barack Obama sehen. Das andere Problem heißt: Religion. Als Mormone gilt Romney vielen erzkonservativen Evangelikalen als schlicht unwählbar. Und vielen rechten Hardlinern seiner Partei gilt er als zu moderat.
Romneys Pluspunkt: Er strauchelte bislang nicht, so wie seine Nebenbuhler um die Präsidentschaftskandidatur. Herman Cain stolperte über mangelnde Libyen-Kenntnisse und, final, über seine weiblichen Bekanntschaften. Rick Perry wusste plötzlich nicht mehr, welches Ministerium er abschaffen wollte - es kam zum inzwischen legendären "Oops".
Nun hat Romney ein zusätzliches Problem, denn auch er hat einen Oops-Moment vor laufender Kamera fabriziert - und eine Debatte um seinen Reichtum entfacht. Bei einer TV-Diskussion in Iowa fragte er Perry, ob er 10.000 Dollar (7500 Euro) auf eine Lösung eines Streits über seine Vorstellungen über das Gesundheitswesen setze. Der texanische Gouverneur schlug nicht in die ausgestreckte Hand ein und sagte, er sei nicht im Wettgeschäft.
Romney, der nach eigenen Angaben ein Vermögen zwischen 190 Millionen bis 250 Millionen Dollar hat, stand plötzlich als der arrogante Reiche dar, der leichtfertig mit hohen Summen jongliert: Kann sich so ein Mann glaubwürdig als Vertreter der amerikanischen Durchschnittsverdiener präsentieren? Der Mann, so scheint es, hat kein Verständnis für die Geldprobleme der Menschen, wenn er um solche Summen wetten möchte. "Ich möchte wissen, ob er die 10.000 Dollar in der Tasche hat", ätzte dementsprechend ein spin doctor von Romneys Hauptrivalen Newt Gingrich hinterher.
Dabei hatte sich auch sein Chef zuvor als diplomatischer Trampel in Szene gesetzt - mit Äußerungen zum Nahost-Konflikt. Gingrich behauptete unter anderem, die Palästinenser seien ein "erfundenes Volk" und geißelte den Friedensprozess mit Israel als "wahnhaft".
Gingrich führt das Feld der Republikaner an
Anschließend, bei einer Debatte in Iowa, bei der sich Romney mit seiner Wette verzettelte, kam es zum Schlagabtausch zwischen den beiden Favoriten, bei der es auch um die Gingrichs Nahost-Äußerungen ging. Romney attackierte Gingrich für seine Einlassungen: "Man spricht nicht im Namen von Israel", kritisierte er und stellte Gingrich als Mann des Washingtoner Establishments dar. Was das Land am wenigsten brauche, seien Politiker, die ihr ganzes Leben in Washington zugebracht hätten, so Romney. Gingrich warf Romney vor, dass er lediglich wegen einer verlorenen Wahl um einen Senatssitz von Massachusetts 1994 gegen Ted Kennedy kein Karrierepolitiker geworden sei.
Der einst unbeliebteste Politiker Amerikas, Gingrich, führt das Feld der republikanischen Obama-Herausforderer derzeit an. Nach einem von der Webseite realclearpolitics.com ermittelten Durchschnitt verschiedener Umfragen führt Gingrich das Feld derzeit souverän mit über 33 Prozent Zustimmung an. Dahinter folgt mit weitem Abstand Romney mit rund 21 Prozent. Auch in Iowa liegt Gingrich in den Umfragen klar vorn. Eine Erhebung des Senders ABC und der Washington Post sieht den 68-Jährigen bei 28 Prozent, Romney bei lediglich 18 Prozent.
Doch nicht alle Konservativen sind von Gingrich begeistert: Manche denken mit Unbehagen als seine Raubein-Methoden als Sprecher des US-Kongresses in den neunziger Jahren zurück. Außerdem ist der Mann aus Pennsylvania zum dritten Mal verheiratet - für Konservative ein Graus. Zudem steht Gingrich im Ruf, in der freien Wirtschaft fürstlich verdient zu haben. Besonders heikel: Beim krisengeschüttelten und inzwischen verstaatlichten Immobilienfinanzierer Freddie Mac kassierte er für Beraterdienste 1,6 Millionen Dollar (1,2 Millionen Euro) - wobei Gingrich nun auch in Iowa beteuerte, nie als Lobbyist gearbeitet zu haben. Doch nachhaltig überzeugen kann er damit nicht.
"Kein Mann für die Präsidentschaft"
Gingrich verkörpere "so ziemlich alles Ablehnenswerte, was es im modernen Washington gibt", meinte der konservative Kommentator George Will. "Er besitzt jede negative Charaktereigenschaft, die Konservative mit den Exzessen der 60er Jahre verbinden: Narzissmus, Selbstgerechtigkeit, Genusssucht und Zügellosigkeit", giftete Kolumnist David Brooks in der New York Times.
"Wer Gingrich am besten kennt, jene, die für ihn oder mit ihm gearbeitet haben oder ihn als Journalisten in den 90er Jahren beobachteten, sind zu dem Schluss gekommen, dass er kein Mann für die Präsidentschaft ist", stimmt der Chef des konservativen Magazins National Review, Ramesh Ponnuru, in den Chor der Kritiker ein. Ponnuru sprach sich für Romney aus - aber der hat nun mit der Reichtums-Debatte zu kämpfen.
Es bleibt also spannend bei den Republikanern: Experten erwarten, dass der Sieger frühestens am 6. März feststeht, dem Super Tuesday, an dem in zahlreichen Staaten die republikanische Kandidatenkür stattfindet. Wenn sich nicht vorher das Feld der Bewerber selbst demontiert hat.