US-Politik:Gemeinsam gegen Teheran

Lesezeit: 2 min

Donald Trump macht sich zunutze, dass Israel und die Golf-Staaten zumindest ein Anliegen verbindet.

Von Hubert Wetzel

Am Sonntag verschickte das Wahlkampfteam von Donald Trump eine E-Mail. In der Betreffzeile stand: "President Trump = Deal Maker". In der Nachricht wurde dann erklärt, dass Trump ein "HISTORISCHES Friedensabkommen zwischen Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten" vermittelt habe und deswegen für den Friedensnobelpreis nominiert worden sei. "Das ist keine Überraschung - tatsächlich ist es seit LANGEM überfällig."

Dass Trump der Ansicht ist, er habe den Friedensnobelpreis verdient - den "Noble Peace Prize", wie es kürzlich falsch buchstabiert in einem seiner Wahlwerbespots hieß -, ist bekannt. Das bietet Diplomaten gelegentlich Anlass zum Spott. Denn bisher beanspruchte der Präsident die Auszeichnung vor allem für das angeblich von ihm ausgehandelte Abrüstungsabkommen mit Nordkorea, obwohl das in der Praxis eher zu mehr Aufrüstung geführt hat. Jetzt, so die Lästerer, komme ein Friedensvertrag zwischen zwei Ländern hinzu, die nie Krieg gegeneinander geführt hätten.

Ganz fair ist das nicht - zumindest nicht, was jene von Trumps Schwiegersohn Jared Kushner vermittelten Abkommen angeht, in denen die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und Bahrain die Normalisierung ihrer politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Israel zusagen und die an diesem Dienstag im Weißen Haus unterzeichnet werden sollen. Dass zwei arabische Länder Israel anerkennen, ist natürlich ein historisches Ereignis. Dass Israel dafür auf die Annexion von Teilen des Westjordanlands verzichtet, ist ein Schritt zur Befriedung der Region. Trump und seine Berater vermuten wohl nicht zu Unrecht, dass die Reaktionen im Ausland und in den Medien sehr viel euphorischer wären, hätte Barack Obama solche Verträge verhandelt.

Als Trump vor vier Jahren ins Amt kam, bestand seine Nahost-Politik aus zwei Elementen: dem Versprechen, die US-Soldaten aus der Region heimzuholen und Amerika künftig aus den Kriegen dort rauszuhalten, sowie dem Ziel, ein Friedensabkommen zwischen Israel und den Palästinensern auszuhandeln - den "Deal des Jahrhunderts", wie der Immobilienhändler Trump es nannte. Den Rückzug der GIs verspricht Trump immer noch, auch wenn der sich zäher gestaltet, als der Präsident sich das zu Beginn wohl gedacht hatte.

Alle ernsthaften Bemühungen, Israel und die Palästinenser zu einem Friedensschluss zu bewegen, hat Trump dagegen längst aufgegeben. Stattdessen hat er die Rolle der USA in der Region neu definiert. Die Regierung in Washington behauptet heute nicht einmal mehr, sie trete als mehr oder weniger neutrale Maklerin zwischen alten Feinden auf. Im Gegenteil: Trump hat sich auf einen offenen Konflikt mit der schiitischen Regionalmacht Iran eingelassen. Er hat das von Obama geschlossene Atomabkommen mit Teheran gekündigt, harte Sanktionen gegen Iran verhängt und den mächtigsten Militärvertreter des Landes töten lassen - eine Aktion, die im Januar beinahe zum Krieg geführt hätte.

Diese strategische Neuausrichtung hatte zum einen zur Folge, dass die Vereinigten Staaten unter Donald Trump zu fast bedingungslosen Verbündeten Israels geworden sind. Das ging zu Lasten der Palästinenser, die außer einigen linken Demokraten praktisch keine Fürsprecher mehr in Washington haben.

Zugleich hat die Feindschaft mit Iran die USA noch näher an die arabischen Golfstaaten heranrücken lassen - an die sunnitische Regionalmacht Saudi-Arabien, aber eben auch an die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain. Diese Bündnisse haben zuweilen hässliche Begleiterscheinungen. Riads brutalen Krieg in Jemen hat Trump ebenso ignoriert wie das saudische Mordkomplott gegen den Washington-Post-Kolumnisten Jamal Khashoggi.

In diesem Zusammenhang muss man auch die Abkommen zwischen den VAE, Bahrain und Israel sehen. Diese Verträge dienen aus Trumps Sicht nicht dazu, das Leid der Palästinenser zu lindern, sondern die Allianz gegen Teheran zu festigen. Trump macht damit, was - aller Friedensrhetorik zum Trotz - viele US-Präsidenten im Nahen Osten gemacht haben: Interessen- und Realpolitik.

© SZ vom 15.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: