Urteil gegen argentinische Kriegsverbrecher:Lebenslänglich für den "Todesengel"

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Ihm wurde Mord, Folter und Entführung vorgeworfen. Jetzt ist der als "Todesengel" berühmt gewordene Alfredo Astiz in Buenos Aires zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Zusammen mit ihm standen 17 weitere ehemalige Angehörige der argentinischen Militärdiktatur vor Gericht. Sie hatten lange von einem Amnestieerlass aus den achtziger Jahren profitiert.

Der als "Todesengel" bekannte frühere Junta-Offizier Alfredo Astiz ist in Buenos Aires zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Richter Daniel Obligado verurteilte Astiz am Mittwoch (Ortszeit) wegen Entführungen, Folter und Mordes während der argentinischen Militärdiktatur zwischen 1976 und 1983. Besonders bekannt ist der Fall zweier getöteter französischer Nonnen. Zusammen mit Astiz standen 17 weitere ehemalige Armeeangehörige vor Gericht. Insgesamt wurden ihnen fast einhundert Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen.

Freude nach der Urteilsverkündung: Mitglieder der Mütter der Plaza de Mayo in Buenos Aires. (Foto: REUTERS)

Die meisten Angeklagten erhielten lebenslange Haft oder langjährige Gefängnisstrafen, zwei wurden freigesprochen. Unter anderen wurde der frühere Außenminister Oscar Montes zu lebenslänglich verurteilt. "Mörder, Mörder", riefen Angehörige von Opfern nach der Urteilsverlesung. Nach 34 Jahren könnten die Familien endlich trauern, sagte ein Anwalt der Angehörigen der 1977 entführten Nonnen der Nachrichtenagentur AFP. Eine Nichte von Léonie Duquet, einer der beiden Nonnen, begrüßte das Urteil nach dem zweijährigen Prozess. Unterstützer der Angeklagten sangen dagegen die argentinische Nationalhymne.

Lebend aus dem Flugzeug geworfen

Die Nonnen Alice Domon und Léonie Duquet waren 1977 verschleppt worden. Mit ihnen wurden zehn weitere Aktivistinnen entführt, darunter die Gründerin der Mütter der Plaza de Mayo, einer Organisation von Frauen, deren Angehörige während der Diktatur verschwanden. Es wird angenommen, dass Duquet und vier Argentinierinnen lebend aus einem Flugzeug ins Meer geworfen wurden. Ihre Leichen wurden 2005 in anonymen Gräbern auf einem Friedhof an der Küste gefunden. Anwohner hatten die Toten entdeckt, als sie an Land gespült wurden.

Hunderte Opfer der Militärdiktatur wurden bei so genannten Todesflügen ermordet. In Frankreich wurde der heute 59-jährige Astiz bereits 1990 in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt, in Italien im Jahr 2007. Ein argentinisches Gericht hatte den "Todesengel" bereits nach dem Ende der Militärherrschaft für schuldig befunden, Morde, Folter und Entführungen begangen zu haben.

Astiz profitierte von einem Amnestieerlass

Ende der 1980er Jahre jedoch wurden unter dem peronistischen Präsidenten Carlos Menem Amnestiegesetze erlassen, von denen Astiz profitierte. Der Oberste Gerichtshof des Landes erklärte den Gnadenerlass später aber für nichtig.

Zur Zeit der Junta war Astiz in der Marine-Ingenieursschule ESMA in Buenos Aires tätig. Dort sollen rund 5000 Menschen misshandelt worden sein. Insgesamt wurden nach Schätzungen von Menschenrechtsorganisationen bis zu 30.000 Menschen während der argentinischen Militärdiktatur gefoltert, ermordet oder verschwanden spurlos.

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