Ungarn:Wie die ungarische Polizei Flüchtlinge versorgt

Lesezeit: 2 Min.

  • Ein Video zeigt ungarische Polizisten, die Essen in eine Gruppe von Flüchtlinge werfen. Die Bilder sind erschütternd.
  • Die freiwillige Helferin Michaela Spritzendorfer-Ehrenhauser aus Wien hat die Szene beobachtet.
  • Das Video reiht sich ein in eine Folge von Berichten über Grausamkeit gegen Flüchtlinge in Ungarn.

Von Sophie Rohrmeier

Die Bilder lösen Stress und Beklemmung aus: Ein Video aus Röszke in Ungarn zeigt Polizisten, die ein paar Wasserflaschen und Brötchen in eine Gruppe von Menschen werfen. Die Menschen sind Flüchtlinge in einem Lager. Die Essensausgabe dort ist offensichtlich völlig unorganisiert, mal hier, mal da fliegen Plastiktüten in die Menge. Die Menschen drängen sich zusammen, nach vorne, wo die Polizisten stehen. Sie strecken die Hände in die Luft, um mit etwas Glück eines der Brötchen aufzufangen. Doch neben der bedrückend wirkenden Art, wie die Sicherheitskräfte das Essen verteilen, ist noch etwas an der Szene bemerkenswert: Die Flüchtlinge bleiben friedlich.

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"Es herrschte eine unglaubliche Solidarität unter den Flüchtlingen", sagt Michaela Spritzendorfer-Ehrenhauser der SZ. Die freiwillige Helferin aus Wien war in der Nacht zum Donnerstag in dem ungarischen Flüchtlingslager, um zusammen mit zwei weiteren Helfern Medikamente zu bringen. Sie haben die Bilder aus Röszke mitgebracht. "Das sind immerhin Menschen, die monatelang auf der Flucht waren und jetzt mit anderen, die sie gar nicht kennen, zusammengepfercht werden." Sie hätten zwar um das Essen, jedoch nicht etwa gegeneinander gekämpft. Stattdessen hätten die Männer und Kinder, die etwas davon ergattern konnten, mit ihren Familien und kleineren Geschwistern geteilt.

"Wären wir früher angekommen und nicht gerade zur Essensverteilung am Abend, dann hätten wir nichts gesehen - außer diesem verdreckten, grausligen Bettenlager", sagt Michaela Spritzendorfer-Ehrenhauser, die für für die katholische Entwicklungshilfeorganisation Welthaus St. Pölten in Österreich arbeitet. Sie fuhr dreimal innerhalb einer Woche nach Ungarn, um zu helfen, in ihrer letzten Urlaubswoche.

In Ungarn übernehmen Freiwillige und Hilfsorganisation einen Großteil der Versorgung der Flüchtlinge, die das Land auf ihrem Weg nach Österreich, Deutschland oder weiter nach Nordeuropa passieren. Die Kleinstadt Röszke liegt kurz hinter der serbisch-ungarischen Grenze, es sind nur ein paar Kilometer in die Kreisstadt Szeged. Das Flüchtlingslager dort gilt als eng, nass und miserabel ausgestattet. Die Zustände beschreiben auch die Ärzte ohne Grenzen als untragbar. Es gebe keinerlei Koordination durch die ungarischen Behörden, heißt es von der Organisation.

Ungarn
:"Ich bin keine herzlose, rassistische Kamerafrau, die Kinder tritt"

Die ungarische Reporterin, die Flüchtlinge getreten hat und daraufhin ihren Job verlor, schreibt einen offenen Brief.

Auch die Unterstützung durch Bürger beschreibt Helferin Spritzendorfer-Ehrenhauser als zurückhaltender als etwa in Österreich oder Deutschland: "Ich habe den Eindruck, dass viele Ungarn Angst haben." Die Lage sei sehr unklar: Was ist Schlepperei, wann ist jemand ein Fluchthelfer? Wofür kommt man ins Gefängnis? " Es gibt aber auch das andere Ungarn", sagt die Freiwillige. "Reizende Menschen, die mit der Menge an Spenden überfordert sind." Man müsse, sagt Spritzendorfer-Ehrenhauser, aber den Leuten vor Ort auch Zeit lassen, um sich selbst zu koordinieren. Ungarn mit mitgebrachten Produkten aus Österreich oder Deutschland zu überschwemmen, halte sie nicht für sinnvoll. "Es gibt ja auch ungarische Pampers, nicht nur österreichische."

In den vergangenen Tagen kursierten bereits Bilder, die Grausamkeiten gegen Flüchtlinge in Ungarn dokumentierten. So zeigte ein weiteres Video eine ungarische Kamerafrau, die einem Mann mit Kind auf dem Arm ein Bein stellt und auf Kinder eintritt. Die Frau wurde inzwischen entlassen - und rechtfertigt ihr Verhalten in einem offenen Brief. Sie sei keine Rassistin, sondern sei in Panik geraten. Zudem gab es Berichte, dass ungarische Sicherheitskräfte nahe der Grenze zu Serbien Pfefferspray gegen Menschen einsetzten, die nicht auf ihre Registrierung warten wollten.

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