Ukraine:Maidan-Rat schlägt Jazenjuk als Regierungschef vor

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Wurde auf dem Maidan als neuer Premier vorgestelll: Arseni Jazenjuk (Foto: Igor Kovalenko/dpa)

Er soll die Ukraine aus der Krise führen: Die Protestbewegung hat den Politiker Arseni Jazenjuk als neuen Premier nominiert. Auch ein weiterer bekannter Regierungsgegner soll auf der Kabinettsliste stehen, die auf dem Maidan vorgestellt wurde.

Die ukrainische Protestbewegung hat den Politiker Arseni Jazenjuk als neuen Regierungschef nominiert. Der sogenannte Maidan-Rat, in dem die Führungsspitzen der bisherigen Oppositionsbewegung versammelt sind, bestimmte den Vorsitzenden der Batkiwtschyna-Partei (Vaterlandspartei) von Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko zum Kandidaten für das Amt. Jazenjuk muss am Donnerstag noch vom Parlament bestätigt werden. "Diese Regierung steht vor einer ungeheuerlichen Herausforderung: Sie soll nichts Geringeres als das Land retten", sagte Jazenjuk auf dem Maidan.

Die Kandidatur Jazenjuks wurde von den Zehntausenden Aktivisten allerdings mit zahlreichen Pfiffen aufgenommen - er steht in ihren Augen nicht für einen Neuanfang. Die Financial Times bezeichnete Jazenjuk als "Favorit der Amerikaner". Obwohl er erst 39 Jahre alt ist, hatte er bereits viele wichtige Posten inne: Er war Außenminister, Parlamentspräsident und leitete vorübergehend die ukrainische Zentralbank. Er gehörte mit Vitali Klitschko und dem Nationalisten Oleg Tiagnibok zum Dreiergespann, das die Janukowitsch-Gegner in der Öffentlichkeit vertrat.

Der frühere Außenminister Borys Tarasiuk soll nach Angaben der Kiev Post Vize-Premier werden und sich um die EU-Integration kümmern. Der Kommandant des Protestlagers auf dem Maidan, Andrej Parubij, wird demnach Chef des Sicherheitsrates. Demzufolge soll offenbar auch der mutmaßlich gefolterte Regierungsgegner Dmitrij Bulatow dem Interimskabinett als Sportminister angehören.

Zusammenstöße auf der Krim

Die Wahl eines regulären neuen Präsidenten ist am 25. Mai geplant. Ex-Boxweltmeister Vitali Klitschko hat seine Kandidatur für dieses Amt bereits angekündigt. Ob die aus der Haft entlassene Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko ebenfalls kandidiert, ist offen. Timoschenko will sich im März wegen eines Bandscheibenvorfalls in Berlin behandeln lassen.

Unterdessen hatte Russland als Reaktion auf den politischen Umsturz im Nachbarland die Gefechtsbereitschaft seiner Truppen im Grenzgebiet zur Ukraine geprüft. Moskau hat die Nato dabei pflichtgemäß über die Überprüfung informiert. Das sagte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am Mittwoch beim Nato-Verteidigungsministertreffen in Brüssel. "Ich bin nicht in der Lage, über den Umfang und den Zweck dieser Übung ins Detail zu gehen", erklärte Rasmussen. Er gehe aber davon aus, dass Russland alle internationalen Verpflichtungen eingehalten habe.

Ukraine
:Wer nun wichtig wird

Kaum ist Präsident Janukowitsch abgesetzt, beginnt in der Ukraine der Kampf um Macht und Einfluss. Es geht darum, wer das Land künftig regiert. Neben den Polit-Stars Timoschenko und Klitschko haben auch ein Schoko-Milliardär und zwei Nationalisten große Ambitionen.

Von Matthias Kolb

Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu kündigte zugleich Maßnahmen zur Sicherung russischer Einrichtungen auf der Krim an. Die mehrheitlich von Russen bevölkerte Halbinsel ist wichtigster Standort der russischen Schwarzmeerflotte. In der Krim-Hauptstadt Simferopol kam es am Mittwoch zu Gewalt zwischen antirussischen Demonstranten und moskautreuen Einwohnern.

Die USA haben der vor dem Finanzkollaps stehenden Ukraine am Mittwoch eine Kreditbürgschaft von einer Milliarde US-Dollar (727 Millionen Euro) zugesagt. "Wir schnüren erst mal eine Garantie von einer Milliarde Dollar, zusammen mit einigen weiteren Elementen", sagte US-Außenminister John Kerry vor Reportern in Washington. Auch die EU und der IWF haben der Ukraine Finanzhilfen in Aussicht gestellt. Die internationale Gemeinschaft will diese Gelder aber erst gewähren, wenn die neue Regierung steht und ein Reformprogramm beschließt.

© Süddeutsche.de/AFP/Reuters/dpa/dmo/fran - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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