Ukraine:Damit Kiew Gehälter zahlen kann

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Noch ist ein Ende des Krieges nicht absehbar. Doch auch danach wird die Ukraine auf finanzielle Hilfe angewiesen sein. (Foto: Alexei Alexandrov/AP)

Die G-7-Staaten sagen dem kriegsgebeutelten Land weitere Finanzhilfen in Höhe von 9,5 Milliarden Dollar zu.

Von Claus Hulverscheidt und Henrike Roßbach, Königswinter/Berlin

Die sieben wichtigsten Industrienationen (G 7) haben sich auf zusätzliche Finanzhilfen für die Ukraine in Höhe von 9,5 Milliarden Dollar geeinigt, etwa neun Milliarden Euro. Zusammen mit Zusagen des Internationalen Währungsfonds (IWF) seien dieses Jahr insgesamt Budgethilfen von 19,8 Milliarden Dollar für die Ukraine mobilisiert worden, heißt es in dem Abschlussdokument zum G-7-Finanzministertreffen, das am Freitag in Königswinter zu Ende ging.

Mit dem Geld solle der Ukraine geholfen werden, Finanzierungslücken zu schließen und die grundlegenden staatlichen Leistungen für die Bürger aufrechtzuerhalten - etwa um Gehälter von Staatsbediensteten zu bezahlen. "Wir stehen an der Seite der Ukraine", sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) nach dem Treffen. Die finanzielle Situation des Landes dürfe keinen negativen Einfluss haben auf die militärische Verteidigungsfähigkeit der Ukraine. Auch in der Abschlusserklärung der Finanzminister wird die Solidarität mit dem angegriffenen Land noch einmal betont. Man werde es "in diesem Krieg und darüber hinaus" unterstützen und sei "bereit, bei Bedarf mehr zu tun".

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Tags zuvor hatte Lindner bereits angekündigt, dass Deutschland sich mit einer Milliarde Euro an dem neuen Hilfspaket beteiligen werde. Die USA hatten schon vor dem Treffen 7,5 Milliarden Euro zugesagt; die anderen G-7-Staaten Großbritannien, Frankreich, Italien, Japan und Kanada haben sich laut Lindner ebenfalls an den "frischen" 9,5 Milliarden Euro beteiligt - allerdings nicht wie Deutschland und die USA mit Zuschüssen, sondern lediglich mit Krediten und Garantien.

Die Ukraine hatte ihren akuten Finanzbedarf zuletzt auf etwa fünf Milliarden Euro im Monat taxiert und um Hilfen für zunächst drei Monate gebeten. Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) schätzte den Bedarf auf etwa 15 Milliarden Euro für drei Monate. Lindner sprach davon, dass dieses Ziel nun "übererfüllt" sei für die "voraussehbare Zukunft in diesem Jahr". Der IWF sei nun "um viele Sorgen ärmer". Allerdings werden bei den 19,8 Milliarden Euro, auf die Lindner abstellte, 10,3 Milliarden IWF-Mittel mitgezählt, die bereits vorher ausgezahlt beziehungsweise zugesagt worden waren.

Die von der EU-Kommission angebotenen Hilfskredite für die Ukraine sind in den G-7-Maßnahmen nicht enthalten.

Parallel zu den G-7-Beratungen verabschiedete der US-Senat am Donnerstagabend ein weiteres Hilfspaket für die Ukraine, das militärische, finanzielle und humanitäre Unterstützung im Gesamtvolumen von 40 Milliarden Dollar vorsieht. Gut eine Woche nachdem das Repräsentantenhaus dem Paket zugestimmt hatte, votierten 86 der 97 anwesenden Senatoren für den Gesetzentwurf, der nun nur noch von Präsident Joe Biden unterzeichnet werden muss. Ein Teil des Geldes soll auch für Lebensmittellieferungen an Menschen in Entwicklungsländern verwendet werden, die infolge des Ukrainekriegs wegen des Preisanstiegs für Lebensmittel wie Getreide von Hunger bedroht sind.

Biden begrüßte den Beschluss des Senats als klares Signal, dass die Vereinigten Staaten an der Seite der Ukraine stünden. Ähnlich äußerte sich am Rande des G-7-Treffens auch US-Finanzministerin Janet Yellen. "Die Ukraine hat Bemerkenswertes geleistet, die russische Invasion abzuwehren. Aber das Land braucht unsere Hilfe, und es braucht sie jetzt", betonte sie.

Von den knapp 40 Milliarden Dollar ist etwa die Hälfte für den Verteidigungsbereich gedacht. Neben direkten Waffenlieferungen ist auch Geld eingeplant, um in den Lagerbeständen der USA militärische Ausrüstung zu ersetzen, die an die Ukraine geschickt wurde. Ein Teil des Pakets ist vorgesehen für humanitäre Hilfe für Flüchtlinge aus der Ukraine und für Menschen weltweit, die infolge des Krieges Hunger leiden.

In den USA wird darüber hinaus diskutiert, ob nicht ein Teil der russischen Devisenreserven in Höhe von rund 300 Milliarden Dollar beschlagnahmt werden sollte, die Moskau bei westlichen Notenbanken deponiert hat und die nach dem Überfall auf die Ukraine eingefroren worden waren. Das Geld könnte verwendet werden, um die ukrainische Armee mit weiteren Waffen auszustatten und das Land nach dem Krieg wiederaufzubauen. Yellen zeigte sich jedoch skeptisch, ob solche Ideen umsetzbar seien. Zwar müsse man Russland nötigen, einen erheblichen Teil der Wiederaufbaukosten zu übernehmen. "Es wäre derzeit aber in den USA gesetzeswidrig, diese Vermögenswerte zu beschlagnahmen", sagte sie.

Die G-7-Finanzminister haben sich in Königswinter neben den Ukraine-Hilfen unter anderem auch mit den Folgen der gestiegenen Inflation befasst. "Wir sehen in der Inflation eine enorme Gefahr", sagte Lindner. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel betonte, er sehe den Zeitpunkt gekommen für eine baldig Zinsanhebung im Euro-Raum. Der erste Zinsschritt könne im Juli erfolgen, weitere könnten zeitnah folgen.

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