Uganda:Alter Herrscher, junges Volk

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Feiern konnten in Uganda nur die Anhänger von Präsident Yoweri Museveni, der nach offiziellen Ergebnissen im Amt bestätigt wurde. Die Unterstützer des Oppositionskandidaten Bobi Wine fürchten weitere Gewalt durch die Staatsorgane. (Foto: Baz Ratner/Reuters)

Laut der Wahlkommission ist Präsident Yoweri Museveni nach 35 Jahren an der Macht für eine weitere Amtszeit bestätigt worden. Die Anhänger des Oppositionskandidaten Bobi Wine, 38, sprechen von Wahlbetrug und wollen sich mit dem Ergebnis nicht abfinden.

Von Bernd Dörries, Kampala

Feiern konnten in Uganda nur die Anhänger von Präsident Yoweri Museveni, der nach offiziellen Ergebnissen im Amt bestätigt wurde. Die Unterstützer des Oppositionskandidaten Bobi Wine fürchten weitere Gewalt durch die Staatsorgane. (Foto: Baz Ratner/Reuters)

Senyondo James steht vor seinem Motorrad in einem Slum von Kampala und sagt, er befinde sich in einer Art Streik. "Ich arbeite nicht, weil ich nicht zufrieden bin." Er ist auch meistens nicht zufrieden, wenn er arbeitet, wenn er mit seinem Motorrad-Taxi ein paar Euro am Tag verdient.

Normalerweise schwärmen er und die vielen Tausend anderen Boda-Boda-Fahrer brummend durch die Stadt. Am Sonntag stehen sie überall in Gruppen herum, oder allein wie Senyondo James. "Wir wissen nicht, wie es weitergeht", sagt er.

Es ist der Tag nach der Verkündung der Wahlergebnisse in Uganda, der ewige Präsident Yoweri Museveni, 76, hat mal wieder gewonnen, mit offiziell 58,64 Prozent. "Das war keine freie oder faire Wahl", sagt James. Er ist 19 Jahre alt und hat wie Millionen andere Ugander für Robert Kyagulanyi gestimmt, den alle Bobi Wine nennen.

Der war lange einer der erfolgreichsten Musiker des Landes, bevor er ins Parlament einzog und schließlich auch für das Präsidentenamt kandidierte. Fast 35 Prozent der Stimmen hat er erreicht, ein ziemlich gutes Ergebnis für den Chef einer Partei, die gerade erst ein halbes Jahr alt ist.

Andererseits wurden Wine, 38, und seine Anhänger vor der Wahl so systematisch behindert, verhaftet, gefoltert oder gleich erschossen, dass James und Millionen andere Anhänger sicher sind, dass Wine der eigentliche Gewinner der Wahl ist. "Nur mit ihm haben wir eine Zukunft", sagte James.

Vor der Wahl wurde der Herausforderer massiv drangsaliert

Uganda galt in den vergangenen Jahren als eine Art afrikanisches Musterland, mit wenigen Konflikten und einem stabilen Wirtschaftswachstum, von dem viele aber nichts abbekommen haben, vor allem die vielen Millionen jungen Leute, die nie einen anderen Präsidenten erlebt haben, denen Bobi Wine versprach, Millionen neuer Jobs zu schaffen. "Die Revolution geht weiter", sagt sein Anhänger James.

Die Frage ist nur, wie?

Ein paar Meter weiter die erdige Piste hinunter steht das Hauptquartier der National Unity Party, der Partei Bobi Wines. Durch eine Stahltüre geht es in einen kleinen Innenhof, vor zwei Jahren stand hier nur ein kleines Gebäude, nun sind Toiletten dazugekommen und ein Bürotrakt - mit Wines Popularität wuchs auch die Zentrale, an die Wand sind die Graffiti-Porträts der großen afrikanischen Befreiungskämpfer gesprüht, von Nelson Mandela bis Muammar al-Gaddafi.

Am Sonntagmittag gibt es hier eine kleine Pressekonferenz, die ohne Bobi Wine auskommen muss. Das Regime, sagen seine Anhänger, habe ihn in seinem Haus eingesperrt, lasse keinen herein und ihn nicht hinaus. Das Internet ist im ganzen Land abgestellt, genauso wie die Telefone von Bobi Wine. Die Stimme der Revolution wurde ausgesteckt.

Das Internet ist blockiert, es herrscht Verunsicherung

Der Sprecher der Armee sieht das so: Wine sei eine Berühmtheit, die in die Riege der "very, very important persons aufgestiegen ist, weshalb wir seine Sicherheit garantieren müssen".

Nicht einmal Essen bekomme er noch, sagen seine Anhänger. Die nun alle darauf warten, wie es weitergeht, ob Wine zu Demonstrationen aufruft, auf die das Regime wohl mit Gewalt antworten würde, so wie beim letzten Mal, als die Anhänger von Wine auf die Straße gingen, um gegen seine Verhaftung zu protestieren, und mindestens 56 Menschen erschossen wurden.

Kommt es also wieder so?

Wine selbst scheint unschlüssig zu sein, ob er seine Leute auf die Straße befehlen sollte. "Wir rufen alle Ugander auf, alle Mittel auszuschöpfen, die die Verfassung uns gibt", sagt der Parteisprecher im Innenhof der Zentrale. Vielleicht will Wine warten mit der Mobilisierung, bis das Internet wieder funktioniert, vielleicht ist er sich nicht sicher, wie viele seinem Aufruf folgen würden, nach so vielen Monaten des Terrors. "Überall ist Polizei und Militär, das sieht nicht gut aus", sagt Anhänger James.

"Ich werde Kyagulanyis Gruppe kriegen, wartet nur ab, ich arbeite im Geheimen dran, aber ich werde sie fertigmachen", hatte Museveni einmal gesagt. So geheim war die Repression dann gar nicht, es war wohl die brutalste Wahl, die Uganda je erlebt hat.

"Wir haben eine extrem gut organisierte Wahl gesehen, die Menschen standen geduldig an, um ihre Stimme abzugeben, alles verlief sehr friedlich. Wir sind beeindruckt", sagte hingegen der EU-Botschafter Attilio Pacifici laut der Zeitung Daily Monitor, obwohl die EU gar keine Wahlbeobachter mehr geschickt hatte, nachdem deren frühere Empfehlungen nie umgesetzt worden waren. Präsident Museveni selbst sprach vom Urnengang mit der "geringsten Fälschung".

Warum wurde dann das Internet abgeschaltet, fragt hingegen die Opposition, warum seien dann so viele Ergebnislisten verschwunden, wie konnten die Stimmen ohne Netz überhaupt so schnell zusammengezählt werden aus den fast 35 000 Wahllokalen?

Vor jedem will die Opposition zwei Beobachter positioniert haben, die mit einer eigens programmierten Handy-App die Ergebnisse fotografieren und an eine zentrale Stelle hätten schicken sollen, so wollte man das offizielle Ergebnis kontrollieren.

An manchen Wahllokalen war das Fotografieren aber verboten, die Netzblockade machte die Übertragung ohnehin unmöglich. Die Opposition kündigte an, sie werde in den kommenden Tagen Belege vorlegen, dass die Wahl gefälscht war. Senyondo James sagt, er warte nun erst einmal ab, wie die Revolution weitergehe.

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