TV-Duell in Großbritannien:Drei Verlierer

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Im letzten TV-Duell vor den britischen Wahlen drücken sich die Kandidaten Brown, Cameron und Clegg um ehrliche Antworten. Dem nächsten Premier wird derweil politischer Suizid prophezeit.

Wolfgang Koydl, London

Diesmal also Birmingham. Die große Aula der Universität der Stadt, eine Kreuzung aus Bahnhofshalle und Kirchenschiff, war der Schauplatz der dritten und letzten Debatte der drei britischen Spitzenpolitiker, Premierminister Gordon Brown, Tory-Führer David Cameron und Liberaldemokratenchef Nick Clegg. Doch die Sensationsmeldung des Tages kam nicht aus dem ehemaligen Herzland des industriellen England, sondern vom entgegengesetzten Ende der Welt, aus Australien.

Blieben mehr Antworten schuldig, als sie Fragen beantworteten: Herausforderer Nick Clegg und Premierminister Gordon Brown. (Foto: Foto: Reuters)

Dort hatte ein Wirtschaftsexperte im Fernsehen ausgeplaudert, was ihm unlängst Mervyn King, der Gouverneur der Bank of England, mitgeteilt hatte: Wer immer die nächste Regierung in London stelle, melde sich gleichsam freiwillig zu einem Selbstmordkommando. Eine ganze Generation lang, so die Schätzung des Zentralbankchefs, würde diese Partei nicht mehr wiedergewählt werden, weil sie derart unpopuläre und grausame Spar- und Steuermaßnahmen treffen werden müsse.

Die drei Männer freilich, die in einer Woche Premierminister werden - oder bleiben - wollen, schien diese Aussicht auf politischen Suizid nicht zu schrecken. Denn obwohl die Wirtschaftspolitik das tragende Thema der Diskussion war, wichen Brown, Clegg und Cameron der Kernfrage, wo sie denn das Geld für die geplante Halbierung des Monsterdefizits herbeischaffen wollten, geflissentlich aus. Ja, so meinten sie übereinstimmend, hart werde es schon werden, aber andererseits doch nur halb so schlimm.

Wie eine Hundefigur

Der Liberale Clegg gestand vielleicht am ehesten ein, dass der Ernst der Lage außergewöhnliche Maßnahmen erfordere. Sein Vorschlag jedenfalls, die Wirtschaftsexperten aller Parteien zusammen mit dem Wirtschaftsminister, dem Zentralbankchef und anderen Ökonomen in einem gemeinsamen Gremium zusammenzufassen, gemahnte stark an eine Notstandsregierung, wie sie Staaten in Zeiten akuter nationaler Bedrohung bilden.

Brown und Cameron ging das denn doch ein wenig zu weit. In ihren Ohren klang das allzu sehr nach einer Art von Koalitionsregierung mit Beteiligung der Liberalen. Dies aber suchen sie nach Möglichkeit zu verhindern. Brown machte seine Ablehnung zudem die ganzen 90 Minuten lang deutlich, indem er fast pausenlos den Kopf schüttelte, wann immer einer seiner beiden Kontrahenten sprach. Da der Premier ohnehin entfernt an eine Bulldogge erinnert, wirkte er streckenweise wie eine jener Hundefiguren, welche die Hutablagen von Mittelklasse-Opels zieren.

Keine Fehler, keine Überraschungen

Wie immer bei solchen Debatten stellte sich die Frage nach dem Gewinner. Den ersten Auftritt hatte Clegg für sich entschieden, beim zweiten hatte Cameron knapp die Nase vorn. Brown humpelte stets als letzter durch das Ziel. Nun ja, einer seiner Parteifreunde hatte ihm ohnehin schon vorher bescheinigt, ein Gesicht fürs Radio zu haben, und nicht fürs Fernsehen.

In der dritten Debatte aber schienen alle drei zu verlieren. Niemand machte einen Fehler, aber niemand zeigte neue, überraschende Seiten. Sie spulten ihre alt bekannten Punkte aus ihren Programmen ab, und blieben mehr Antworten schuldig, als sie Fragen beantworteten. Zweimal, dreimal wiederholte Moderator David Dimbleby die Frage eines Zuschauers, weil die drei Männer sie einfach ignoriert hatten. Die Frage lautete: Politiker haben sich weit entfernt von den Sorgen der Menschen. Warum erinnern Sie sich nicht daran, dass es Ihre Aufgabe ist, uns zu dienen? Dimblebys Bemühungen blieben fruchtlos. Keiner gab eine Antwort auf diese schlichte Frage.

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