Tunesien:Angriff auf den Frühling

Der neue Terror bedroht den geglückten Übergang zur Demokratie. Europa sollte Tunesien helfen.

Von Paul-Anton Krüger

Tunesien ist das einzige Land des Arabischen Frühlings, das erfolgreich den Übergang zur Demokratie geschafft hat - der Nobelpreis an zentrale Akteure war die Anerkennung dafür. Gefestigt ist die Demokratie im Land indes nicht. Der neue Terroranschlag trifft Tunesien in unruhigen Zeiten. Zur Gefahr durch Extremisten im eigenen Land kommt: Der kleine nordafrikanische Staat liegt eingezwängt zwischen unruhigen Regionen in seinem Nachbarland Algerien und dem zerfallenden Libyen. Hier wie dort tummeln sich die Dschihadisten.

Ihre Bomben zielen auf die fragile Stabilität, der ein breiter gesellschaftlicher Konsens zugrunde liegt. Die große Mehrzahl der Tunesier will ein Leben im Einklang mit ihren Traditionen, auch jenen des Islam. Sie will sich aber nicht vom Staat oktroyieren lassen, wie sie zu leben und wie sie den Islam zu interpretieren haben. Die gemäßigten Islamisten der Ennahda-Partei haben dies eingesehen. Darauf beruhen der Verfassungskompromiss und das moderne Staatsverständnis der Tunesier.

Der Terror soll diesen Konsens ins Wanken bringen. Schon werden Rufe nach der harten Hand laut. Die Dschihadisten wollen die Gesellschaft spalten, wollen sie in einen Bürgerkrieg treiben. Die Fliehkräfte in Tunesien, die sozialen und wirtschaftlichen Probleme werden größer. Europa sollte jetzt alles Erdenkliche tun, um den Tunesiern zu helfen.

© SZ vom 26.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: