Türkei:Finanzspritze für den Verbündeten

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Zählbare Hilfe: Der Emir von Katar, Tamim bin Hamad al-Thani, solidarisiert sich mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. (Foto: AP)

Katar sichert Ankara Investitionen in Milliardenhöhe zu, um die vom Lira-Absturz geplagte Wirtschaft des Landes zu stützen.

Von Paul-Anton Krüger, Christiane Schlötzer, Istanbul

Katars Emir reise in die Türkei, um den "Ausbau der strategischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern" zu besprechen, kündigte die offizielle katarische Nachrichtenagentur QNA am Mittwochmorgen an. Ein Überraschungsbesuch ohne große Vorbereitung. Beim Mittagessen in Ankara sagte Tamim bin Hamad al-Thani Präsident Recep Tayip Erdoğan dann Investitionen von 15 Milliarden Dollar zu - sie sollen die vom Lira-Absturz geplagte türkische Wirtschaft im Streit mit der US-Regierung stabilisieren.

Es ist die erste zählbare Unterstützung für die Türkei in der Auseinandersetzung, in der es vordergründig um die Freilassung des in Izmir unter Hausarrest stehenden US-Pastors Andrew Brunson geht. Für Katar ist es der Versuch, Schaden von den eigenen Banken abzuwenden. Die haben massiv in türkische Institute investiert. Und es ist eine bedeutsame Solidaritätsgeste für den wichtigsten politischen Verbündeten Katars in der Region.

Die Türkei war das erste Land, das Doha im Juni 2017 beisprang, als Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain und Ägypten ein Embargo gegen das Emirat verhängten. Sie warfen Katar vor, "terroristische Gruppen" zu unterstützen, darunter verschiedene Ableger der ägyptischen Muslimbruderschaft. Die gelten Riad und Abu Dhabi als größte Bedrohung ihrer absoluten Monarchien.

Der Emir und sein türkischer Verbündeter pflegen auch verhältnismäßig gute Beziehungen zu Iran, auch wenn sie im syrischen Bürgerkrieg auf verschiedenen Seiten stehen. Das ärgert die Regierung von Donald Trump in Washington. Vor dem Abschluss des Atomabkommens im Sommer 2015, noch unter Präsident Barak Obama, halfen maßgeblich türkische Banken den Iranern, die US-Sanktionen zu umgehen, die Trump nun in zwei Schritten wieder in Kraft setzt.

Am Donnerstag kündigte US-Finanzminister Steven Mnuchin an, Washington plane weitere Strafmaßnahmen, wenn die Türkei Pastor Brunson "nicht schnell frei lässt".

Ende Juni, in der Türkei waren gerade die Präsidentenwahlen vorbei, versicherte Nihat Zeybekçi, damals Wirtschaftsminister, die Türkei werde weiter iranisches Öl kaufen, trotz der Sanktionen. Zeybekçi ist nicht mehr im Amt, aber an der türkischen Haltung hat sich nichts geändert. Dies erfuhr auch eine US-Delegation Anfang Juli in Ankara. Chef der Delegation war Marshall Billingslea, im Finanzministerium zuständig für den Anti-Terror-Kampf. Er soll Trumps Maßgabe Nachdruck verleihen, alle Länder müssten ihre Öl-Einfuhren aus Iran "auf null" bringen.

Die Amerikaner hätten in Ankara auch türkische Unternehmer "bedroht", damit diese sich an die Sanktionen halten, berichtete die regierungskritische Zeitung Sözcü am Donnerstag. "Die Weigerung der Türkei, sich den Iran-Sanktionen zu beugen, ist ein Grund für die Lira-Krise", schreibt der Sözcü-Kommentator. Erdoğan fragte nach dem Besuch der US-Delegation: "Wer soll mein Land im Winter heizen?" Die Türkei hat in den ersten vier Monaten 2018 drei Millionen Tonnen Rohöl aus Iran importiert, das sind 55 Prozent ihrer Rohölversorgung. Cumhuriyet, auch ein regierungskritisches Blatt, warnte unter Berufung auf die New York Times, es könnte noch US-Sanktionen gegen Turkish Arlines geben, die nationale Fluggesellschaft.

Die Gas- und Öl-Sanktionen treten am 4. November in Kraft, andere Strafen gelten bereits seit 6. August, darunter das Verbot, Iran Gold oder Dollars zur Verfügung zu stellen. Wegen Verstößen gegen diese Bestimmungen in der Vergangenheit laufen in den USA Prozesse gegen türkische Banker und Geldinstitute. Der Finanzbranche sollen nun auch die katarischen Investitionen zu Gute kommen, heißt es in Ankara. Die Lira erholte sich am Donnerstag nach der katarischen Ankündigung leicht. Die 15 Milliarden Dollar bringen Erdoğan eine Verschnaufpause, doch um die Probleme der Türkei zu lösen, ist die Summe zu gering, wenn der Präsident nicht bald einem Deal mit Trump schließt.

© SZ vom 17.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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