Türkei:Erdoğan entlässt weitere 15 000 Beschäftigte aus dem Staatsdienst

Unterstützer der kemalistischen Oppositionspartei CHP protestieren in Istanbul gegen den Kurs der Regierung. (Foto: dpa)
  • Erneut hat der türkische Präsident mehrere Tausend Beamte aus dem Staatsdienst entfernt.
  • Auch mehrere Hundert Vereine wurden geschlossen. Gleichzeitig durften einige Stiftungen wieder öffnen.
  • Die Entlassenen werden beschuldigt, mit dem vermeintlichen Strippenzieher hinter dem gescheiterten Militärputsch in Verbindung zu stehen.

Die Listen, die die türkische Regierung seit dem gescheiterten Putschversuch regelmäßig im offiziellen Amtsblatt Resmî Gazete veröffentlicht, sehen nicht so aus, als enthielten sie Brisantes: Endlose Tabellen mit Namen, Nummern, Funktionen. Doch die Listen sind umstritten. Jeder, dessen Name sich hier wiederfindet, verliert seine Anstellung - ohne dass dem Betroffenen der Prozess gemacht wurde.

Am Dienstag hat Präsident Erdoğan erneut mehr als 15 000 türkische Beamte, Soldaten und Polizisten aus dem Dienst entlassen. Darunter sind 9977 Angehörige der Sicherheitskräfte und 5419 zivile Staatsbedienstete. Auch 942 Universitätsmitarbeiter und 119 Lehrer dürfen nicht länger unterrichten. Das offizielle Dekret gibt zudem die Schließung von 500 Instituten, Wohltätigkeitseinrichtungen und Medien bekannt.

Gleichzeitig werden 155 zuvor entlassene Staatsbedienstete wieder eingestellt, 18 Stiftungen und ein Gesundheitszentrum dürfen wieder öffnen.

Wie immer werden die Entlassungen mit dem gescheiterten Militärputsch am 15. Juli begründet. Den mehr als 110 000 Staatsbediensteten, die seither ihre Jobs verloren haben oder suspendiert wurden, werden Verbindungen zum Prediger Fethullah Gülen zur Last gelegt. Die türkische Führung beschuldigt Gülen, Drahtzieher des versuchten Putsches zu sein. Gülen weist dies zurück.

Dass die Entlassenen mit ihrem Namen und Dienstort benannt werden, ist besonders umstritten. Sie werden damit öffentlich an den Pranger gestellt, ohne von einem Gericht verurteilt worden zu sein. Seit Verhängung des Ausnahmezustands kann Erdoğan per Dekret regieren. Die Dekrete haben Gesetzeskraft und gelten ab ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt. Das Parlament muss sie nur nachträglich bestätigen. Der bereits einmal verlängerte Notstand gilt mindestens bis Mitte Januar.

© SZ.de/dpa/RTR/jly - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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