Bundesaußenminister Heiko Maas will beim G20-Treffen, das am Freitag im japanischen Nagoya begonnen hat, mit seinem türkischen Kollegen Mevlüt Çavuşoğlu auch über die Verhaftung eines türkischen Anwalts der Deutschen Botschaft in Ankara sprechen. "Wir sind der Auffassung, dass es dafür eine schnelle Lösung geben muss", sagte Maas vor der Konferenz. Die Festnahme des Anwalts sei "in keinster Weise nachvollziehbar".
Die türkische Polizei hatte am 17. September den türkischen Juristen Yilmaz S. in Ankara festgenommen, der als sogenannter Kooperationsanwalt für das Auswärtige Amt die Angaben überprüfen sollte, die türkische Asylbewerber beim Bundesamtamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) machen.
Türkische Medien bezeichnen Yilmaz S. als "Anwaltsspion"

Spionageverdacht:Türkei nimmt Anwalt der deutschen Botschaft fest
Der Jurist hatte Angaben türkischer Asylsuchender überprüft. Das Auswärtige Amt nennt die Inhaftierung des türkischen Anwalts "nicht nachvollziehbar".
Nach Recherchen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung wird ihm Spionage vorgeworfen. Der Anwalt nutzte für seine Tätigkeit eine digitale Plattform des türkischen Justizministeriums, die Einblick in laufende Strafverfahren gibt. Sie ist für registrierte Nutzer wie Anwälte zugänglich.
Die regierungsnahe türkische Zeitung Yeni Şafak nannte Yilmaz S. am Freitag einen "Anwaltsspion". Das Boulevardblatt Akşam fragte, warum die deutschen Behörden nicht direkt beim türkischen Innenministerium nach Informationen über die "geflüchteten Terrorverdächtigen" gefragt hätten. Für Ankara ist klar, dass es sich bei den türkischen Asylbewerbern nur um kurdische Aktivisten oder um nach Deutschland geflohene Anhänger des Predigers Fethullah Gülen handeln kann. Gülen wird von der türkischen Regierung für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich gemacht.
Der Anwalt hatte sensible Daten dabei
Bei seiner Festnahme hatte der Anwalt auch mehrere Akten mit sensiblen Daten bei sich. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte am Freitag in Berlin, eine mittlere zweistellige Zahl von Asylantragsstellern sei unmittelbar betroffen. Es sei jetzt Aufgabe des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf), dafür Sorge zu tragen, dass diese Personen entsprechend Schutz bekämen, "wenn der Bedarf gegeben ist". Womöglich hat die Tatsache, dass die türkischen Behörden nun Kenntnis über die Asylanträge haben, auch Auswirkungen auf diese Verfahren. Der Sprecher des Innenministeriums wollte dies zumindest nicht ausschließen.
In der Türkei wurden am Freitag 53 Menschen in Zusammenhang mit dem Putschversuch vor mehr als drei Jahren festgenommen. Die Staatsanwaltschaften fahndete in mehr als 20 Provinzen noch nach über 80 Menschen, berichtete die Agentur Anadolu. Auch 46 Kritiker der umstrittenen türkischen Militäroffensive in Nordsyrien wurden festgenommen. Sie hätten "Terrorpropaganda" verbreitet, so Anadolu.