TTIP:Versuch der Entgiftung

Der angebliche Verzicht auf private Schiedsgerichte.

Von Heribert Prantl

Justiz lebt nicht einfach von Paragrafen und Gesetzen; sie lebt vom Vertrauen der Menschen. Wenn die Menschen der Justiz nicht trauen, funktioniert der Rechtsstaat nicht. Es war deshalb an der Zeit, dass die EU-Kommission von der Idee Abstand nahm, Streitigkeiten im Rahmen des geplanten Investitionsschutzabkommens TTIP von privaten Schiedsgerichten entscheiden zu lassen.

Der Versuch, private Investitions-Schiedsgerichte einzurichten, die selbst Urteile des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs als investitionsschädlich hätten brandmarken können, war so abstrus, dass man sich fragt, warum die EU-Kommission so lange daran festgehalten hat. Diese Obsession der EU-Kommission hat dem geplanten Abkommen massiv geschadet. Der Plan, solche Gerichte einzurichten, war für viele TTIP-Kritiker der Beweis dafür, dass dieses Abkommen demokratie- und rechtsstaatsfeindliche, also finstere Zwecke verfolgt. Kurz gesagt: die Investitions-Schiedsgerichtsklauseln haben das Abkommen vergiftet.

Die Ankündigung der Kommissarin Malmström, supranationale öffentliche Gerichte mit ordentlichen Richtern einzurichten, ist deshalb ein Versuch der Entgiftung des Abkommens. Ob dieser Versuch aussichtsreich ist, lässt sich erst sagen, wenn man Genaueres über die neuen Gerichte, ihre Besetzung, ihre Organisation und über den Instanzenzug weiß.

© SZ vom 17.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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