Transatlantische Beziehungen:Brüssel bietet Biden Neustart an

Lesezeit: 2 min

EU-Ratspräsident Charles Michel will Joe Biden schon bald in Brüssel willkommen heißen. (Foto: OLIVIER MATTHYS/AFP)

Die EU-Kommission will eine enge Partnerschaft mit dem künftigen US-Präsidenten bei Klimaschutz, Digitalem und China. In anderthalb Wochen debattiert ein Gipfel darüber.

Von Björn Finke und Matthias Kolb, Brüssel

Die Europäische Union möchte mit den USA unter Führung des designierten Präsidenten Joe Biden ein neues Bündnis schließen, um unter anderem der "strategischen Herausforderung" durch China zu begegnen. Auch wenn sich beide nicht immer einig seien über die "besten Antworten" auf den Aufstieg der Volksrepublik, sollten die EU-Mitglieder und die USA "als offene Demokratien und Marktwirtschaften" zusammenstehen, heißt es in einem elfseitigen Papier der EU-Kommission, aus dem die Financial Times (FT) zitiert. Der Europäische Auswärtige Dienst und Experten der Kommission haben darin Vorschläge entwickelt, um die transatlantische Partnerschaft "zu erhalten und zu erneuern".

Als Themen für eine Zusammenarbeit werden laut FT etwa Klimaschutz, die Bewältigung der Corona-Pandemie, der Kampf gegen Hacker sowie die Regulierung des digitalen Raums genannt. Beim EU-Gipfel am 10. und 11. Dezember soll eine strategische Debatte über das Verhältnis zu den USA geführt werden; Ratspräsident Charles Michel wird vorab mit allen Staats- und Regierungschefs darüber sprechen. Außerdem ließ der Belgier ein eigenes - nur zweiseitiges - Strategiepapier schreiben, über das am Montag die EU-Botschafter diskutierten. Die Stoßrichtung dieses Dokuments, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, ähnelt der des Kommissionspapiers.

Einen EU-USA-Gipfel hat es mit Trump nie gegeben

Der amtierende US-Präsident Donald Trump, dessen Amtszeit am 20. Januar endet, bezeichnete die EU mehrfach als "schlimmer als China, obwohl sie kleiner ist", und behauptete, die Organisation sei nur gegründet worden, um den Vereinigten Staaten zu schaden. Einen EU-USA-Gipfel hat es mit Trump nie gegeben: Die Erleichterung der Europäer über Bidens Wahlsieg wird auch dadurch deutlich, dass Charles Michel den Demokraten nach Angaben von EU-Diplomaten schon zu einem virtuellen Treffen eingeladen hat und ihn in den kommenden Monaten in Brüssel empfangen will. Die EU-Botschafter begrüßten diese Pläne am Montag, hieß es nach dem Treffen.

In Brüssel ist man sich bewusst, dass die Republikaner wohl den US-Senat weiter kontrollieren werden, weshalb man an Angeboten arbeitet, die auch bei den Konservativen Unterstützung finden könnten. Es wird damit gerechnet, dass EU-Kommissare sofort nach Washington reisen werden, sobald die Pandemie-Lage es zulässt.

Der Wechsel an der Spitze in Amerika wird allerdings nicht alle Streitpunkte verschwinden lassen. Heikel ist etwa die Regulierung und Besteuerung von Digitalkonzernen. Unternehmen wie Google versteuern bisher ihre Gewinne ganz überwiegend in den USA, obwohl sie viel Umsatz in Europa erzielen. Staaten wie Frankreich haben daher eine Sondersteuer für Digitalunternehmen eingeführt, und auch auf EU-Ebene wird darüber diskutiert - sehr zum Ärger Washingtons. Zudem haben sich die USA und die EU gegenseitig Strafzölle auferlegt. Doch die Kommission hofft, diesen Handelsstreit mit Biden leichter beenden zu können.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: