Thailand:Doch kein Geheimbündler

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Thanathorn Juangroongruangkit, prominentester Kritiker der Militärjunta Thailands, am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Bangkok. (Foto: Sakchai Lalit/AP)

Thailands Oppositionschef wurde von dem Vorwurf entlastet, mit den Illuminaten verbündet zu sein.

Von Arne Perras, Singapur

Diese Runde ging an ihn. Und die Erleichterung war dem Oppositionsführer mit der Igelfrisur anzumerken, als ihn das oberste Gericht in Thailand von den Vorwürfen eines Umsturzversuches entlastete. Thanathorn Juangroongruangkit, prominentester Kritiker der Militärjunta und Magnet für die Jugend, hat nun wieder etwas Zeit gewonnen; seine Anhänger feiern, dennoch rechnen nur wenige damit, dass die Regierenden ihren Druck auf Thanathorn aufgeben werden. Analysten rechnen vielmehr damit, dass der Chef der Zukunftspartei bei einem der nächsten Gerichtsverfahren doch noch verurteilt werden könnte. Vom thailändischen Parlament, in das er hineingewählt wurde, ist er ohnehin schon ausgeschlossen worden. Aber aufgeben und hinwerfen, das ist nicht Thanathorns Sache: "Wir arbeiten weiter", sagt er tapfer, "im und außerhalb des Parlaments".

Trotz des juristischen Siegs ist die thailändische Zukunftspartei gefährdet

Dass die oberste Justiz, die kaum als unabhängig gelten kann, diese Woche zugunsten Thanathorns entschieden hat, dürfte auch damit zu tun haben, wie bizarr der zu prüfende Vorwurf war. Vielen Thailändern war es peinlich, dass sich die Richter überhaupt mit einem solchen Stoff beschäftigten. Gäbe es eine Rangfolge der abwegigsten Justizverfahren in der jüngeren Geschichte - dieser Fall würde es weit nach oben schaffen. Denn die Richter beugten sich allen Ernstes über den Vorwurf, dass die sogenannten Illuminati - ein zerfallener Geheimbund - in neuer Gestalt versucht hätte, die thailändische Monarchie zu stürzen. Eingebracht hatte die Petition ein Anwalt, der von sich sagt, er wolle die Monarchie vor der "Future Forward Party" beschützen. Um das Gericht von Thanatorns vermeintlicher Illuminati-Verschwörung zu überzeugen, musste auch das Parteisymbol herhalten. Ein Dreieck, das dem Zeichen der "Erleuchteten" ähnlich sehen soll, sobald man es entsprechend dreht.

Die "Illuminati" hat es tatsächlich Ende des 18. Jahrhunderts gegeben, ihr Gründer Adam Weishaupt war Professor in Ingolstadt und ließ sich von Denkern der Aufklärung inspirieren. Er wollte durch neue Ideen und Prinzipien den Missbrauch der Staatsgewalt bekämpfen und den Einfluss der Kirche auf die Politik zurückdrängen. Der Geheimbund war nur von kurzer Dauer, die "Illuminati" wurden von der Obrigkeit verboten und zerschlagen. Allerdings inspirierten die "Erleuchteten" spätere Verschwörungstheoretiker, boten Stoff für Bestseller. Und sie beschäftigten zuletzt auch Thailands Justiz.

Dass der Geheimbund in Bayern entstand, machte ihn in den Augen des Antragstellers in Bangkok offenbar noch verdächtiger, denn der thailändische König verbringt viel Zeit in seiner Villa am Starnberger See. Den Richtern reichte das freilich nicht aus, auch wenn es zu ihren vornehmsten Aufgaben gehört, die Monarchie zu schützen. Es mangele der Petition an Beweisen, entschieden sie.

Doch es bleibt eng für Thanathorn. "Auch nach diesem Sieg ist die Zukunftspartei mit zahlreichen Vorwürfen konfrontiert, die zu ihrer Auflösung führen können", schreibt Thitinan Pongsudhirak, Politologe an der Chulalongkorn University in Bangkok. Wenn es so kommt, werden die Reaktionen auf ein mögliches Ende der Zukunftspartei zeigen, ob und wie weit sich die Thailänder schon mit den autoritären Verhältnissen abgefunden haben, oder ob sie es wagen, der Junta die Stirn zu bieten.

Erst vor wenigen Wochen zeigten Tausende Anhänger der Demokratiebewegung bei einer Demonstration Entschlossenheit. Sie fordern politische Teilhabe und weniger Kontrolle durch das Militär. Thanathorn verkörpert die ersehnte Wende. Aber der charismatische Milliardär hat sich damit zum zentralen Feindbild jener Kräfte entwickelt, die ein autokratisches System brauchen, um Pfründe und Privilegien aus der Vergangenheit in die Zukunft zu retten.

© SZ vom 23.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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