Bei Thailands erster Parlamentswahl seit dem Putsch der Armee vor fünf Jahren liegt das Lager des Militärs überraschend vorn. Die neugegründete Partei PPRP von Premierminister Prayut Chan-ocha hatte am Sonntagabend (Ortszeit) nach Auszählung von 92 Prozent der Wahlzettel eine halbe Million Stimmen mehr als die größte Partei der demokratischen Opposition. Damit hat der General gute Chancen, an der Macht zu bleiben. Prayut hatte 2014 als Chef der Armee eine demokratisch gewählte Regierung aus dem Amt geputscht. Allerdings konnte sich Prayut des Sieges noch nicht sicher sein. Die staatliche Wahlkommission verschob die Bekanntgabe genauerer Zahlen auf diesen Montag.
Die Thailänder wissen allerdings, dass ihre Generäle Weltmeister im Putschen sind, seit 1932 rückte die Armee schon 19 Mal aus, um die Kontrolle zu übernehmen. Zwölfmal hatte sie Erfolg. Zuletzt schritt das Militär 2014 ein, entmachtete die demokratisch gewählte Premierministerin Yingluck Shinawatra. Oberbefehlshaber Apirat Kongsompong, der nun seit 1. Oktober die Streitkräfte führt, signalisiert, dass es auch ein 13. Mal geschehen könnte. Er scheint den Coup als letztes Mittel der Politik immer noch für akzeptabel zu halten. Eine frustrierende Nachricht für alle, die demokratische Zustände ersehnen und sich nicht damit abfinden wollen, dass die Armee die Interessen eines engen royalistisch-konservativen Zirkels beschützt. Zwar beschwört Apirat die angebliche Neutralität der Armee, doch das nehmen ihm viele Thailänder nicht ab.
Jetzt, da mehr als 51 Millionen Bürger aufgerufen waren, ein neues Parlament zu wählen, steuert das Land in ungewisse Zeiten. Mit Hilfe verbündeter Parteien wollen die Generäle einen Regierungschef im demokratischen Mäntelchen installieren, der frühere Armeechef Prayuth steht bereit. Falls die Pläne platzen, gibt es immer noch Apirat. Der 59-Jährige ist nun die Rückversicherung der Junta, falls es an der Wahlurne für das Militär nicht gut läuft.
Wahlen in Thailand:Wie sich die Generäle an der Macht halten wollen
Die Thailänder haben erlebt, wie die Junta mit harter Hand regiert, Kritiker gängelt und einsperrt. Nun wird gewählt, doch die Regeln für den Urnengang haben die Militärs selbst geschrieben.
Der General genießt das Vertrauen von König Maha Vajiralongkorn, der Monarch hat ihm den Weg in die Spitze der Streitkräfte geebnet. Er kennt die Familie Kongsompong schon lange, es heißt, der Vater Apirats habe dem Kronprinzen einst geholfen, das Hubschrauberfliegen zu erlernen. Bereits 1991 war der Vater Apirats in einen Putsch verwickelt, allerdings währte die Kontrolle des Militärs damals nicht lange.
Wie bedeutsam die Rolle des Armeechefs ist, wurde erneut im Februar deutlich, als der Wahlkampf für einige Stunden sensationelle Meldungen hervorbrachte: Die ältere Schwester des Königs wollte für das Lager des geflohenen Milliardärs Thaksin Shinawatra ins Rennen gehen und Premierministerin werden. Zu jener Zeit war der König gar nicht im Lande, er weilte, wie so oft, in seinem Anwesen bei München. Apirat flog ihm hinterher, was besprochen wurde, ist nicht bekannt, doch der König zog schließlich die Bremse und untersagte der Schwester anzutreten. Offenbar war der Widerstand im Establishment gegen den Plan der Prinzessin zu groß, ihre Kandidatur hätte die Chancen von General Prayuth zerstört, nach den Wahlen weiterzuregieren.
Armeechef Apirat muss garantieren, dass die Krönung des Königs Anfang Mai reibungslos verläuft, keimende Unruhen gilt es aus Sicht des Militärs zu ersticken für den Fall, dass Thailand nach diesem Wahlsonntag in eine schwere Krise steuern sollte. Die Kritik an der Armee des Landes ist zuletzt lauter geworden, ein "Rap gegen die Diktatur" wurde auf Youtube fast 60 Millionen Mal aufgerufen, junge Thais singen nun: "Mein Land hält mir die Pistole an die Kehle."
General Apirat hat im Gegenzug ideologische Geschütze aus alten Zeiten aufgefahren. Im Februar wies er Radiostationen des Militärs an, Hörer täglich mit einem antikommunistischen Hasslied zu berieseln, das die Armee glorifiziert. Doch der Protest in sozialen Medien war so groß, dass er den Befehl rasch wieder zurückziehen musste.