Terrormiliz Islamischer Staat:IS-Henker "Jihadi John" identifiziert

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"Dschihadi John" in einem brutalen Video des IS (Foto: N/A)
  • Der IS-Henker "Jihadi John" ist Medienberichten zufolge identifiziert worden. Es soll sich um einen jungen Mann handeln, der früher im Londoner Westen gelebt hat.
  • Die Terrormiliz IS soll in Syrien mindestens 200 assyrische Christen entführt haben. Eine Organisation in Brüssel vermutet, dass sogar 350 Christen in die Hände des IS geraten sind.
  • Die Dschihadisten sollen mehrere Dörfer am Chabur-Fluss im Nordosten des Landes überfallen haben.
  • Es gibt widersprüchliche Aussagen darüber, was mit den Geiseln geschehen sein soll.

Britischer IS-Henker offenbar identifiziert

Der berüchtigte Henker der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), der in den Medien als "Jihadi John" bezeichnet wird, ist offenbar identifiziert. Es handele sich um den Mittzwanziger Mohammed E. Er soll in Kuwait geboren worden sein und dann im Londoner Westen gelebt haben, berichten übereinstimmend die britische BBC und die Washington Post. Die BBC beruft sich dabei auf nicht weiter bezeichnete verlässliche Quellen, die Post auf Freunde und andere Personen, die mit dem Fall vertraut seien.

Der Brite habe einen Universitätsabschluss als Programmierer. Es wird angenommen, dass er etwa 2012 nach Syrien reiste und dort später zum IS stieß. Radikalisiert habe er sich nach einem Besuch in Tansania im Jahr 2009. Der nun als "Jihadi John" Identifizierte sei seit längerer Zeit auf dem Radar der britischen Geheimdienste, berichtete die BBC. Scotland Yard sagte demnach, die Polizei werde die Identität des Mannes nicht bestätigen.

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Der als "Jihadi John" bezeichnete Mann war in mehreren Videos des IS aufgetaucht, die die Enthauptung westlicher Geiseln zeigten, unter anderem die des US-Journalisten James Foley und des amerikanischen Helfers Peter Kassig (auch bekannt als Abdul-Rahman Kassig). Der IS-Scherge, der auf den Videos bis auf die Augen verhüllt war, war durch seinen britischen Akzent aufgefallen.

Vom IS freigelassene Geiseln hatten von insgesamt drei britischen Mitgliedern der Terrormiliz berichtet, die europäische und US-amerikanische Gefangene bewachen. Außer "John" gibt es demnach noch "Paul" und "Ringo", so werden sie von den Geiseln untereinander bezeichnet, oder kurz "die Beatles".

IS soll assyrische Christen verschleppt haben

Die Terrormiliz Islamischer Staat soll im Nordosten Syriens laut Aktivisten mindestens 200 assyrische Christen in ihre Gewalt gebracht haben. Die Extremisten hätten in mehreren Dörfern fast 270 Menschen gefangen genommen, sagte der Vorsitzende des Assyrischen Rates in der Region, George Mirza, der Deutschen Presse-Agentur.

Die Sprecherin der in Brüssel ansässigen European Syriac Union, Rima Tüzüm, erklärte, es gebe Informationen aus der Region, dass der IS mehr als 350 Menschen als Geiseln genommen haben könnte. Frauen und Kinder seien von den Männern getrennt und in unterschiedliche Gebiete gebracht worden. Eine konkrete Quelle nennt die European Syriac Union aber nicht.

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte hatte zunächst von 90 entführen Christen berichtet und korrigierte die Zahl später auf 220. Über das weitere Schicksal der Entführten gab es zunächst keine gesicherten Angaben.

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Jonas Schaible, London

Überfall auf Dörfer am Chabur-Fluss

Die IS-Extremisten hatten am Montagmorgen nordwestlich von Al-Hasaka mehrere christliche Dörfer entlang des Euphrat-Nebenflusses Chabur angegriffen und unter Kontrolle gebracht. Wegen der IS-Angriffe sollen Hunderte Menschen in benachbarte Städte geflohen sein. Laut Mirza flüchteten allein etwa 800 Familien nach Al-Hasaka.

Laut European Syriac Union liegen etwa 35 Dörfer in der Chabur-Region entlang des Flusses mit einer mehrheitlich assyrischen Bevölkerung. Auf der Homepage der Organisation gibt es eine Karte, die das Gebiet zeigt. Darunter sind auch die Dörfer Tal Shamiran, Tal Tawil, Tal Hourmiz und Tal Tamir, die der IS überfallen haben soll.

Problematische Quellenlage

Was wirklich mit den assyrischen Christen geschah, ist schwer zu verifizieren. Entführungen und Morde an Journalisten und Fotografen machen die Arbeit in Syrien und im Irak für die Medien immer schwieriger. Auch die großen Nachrichtenagenturen stützen sich deshalb oft auf Meldungen der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in London. Oft ist sie die einzige Quelle, die überhaupt von einem mutmaßlichen Ereignis aus dem Kriegsgebiet berichtet. Das Problem ist nur: Die Beobachtungsstelle soll ein Ein-Mann-Betrieb im englischen Coventry sein.

Der Exil-Syrer Osama Suleiman steckt hinter der Domain syriahr.com, auf der die Beobachtungsstelle Neuigkeiten über Syrien verbreitet. Ihre Informationen bezieht die Beobachtungsstelle nach Suleimans Angaben von etwa 200 Informanten in Syrien und einigen weiteren in Nachbarstaaten. Ob das stimmt und wie verlässlich deren Berichte sind, lässt sich nicht prüfen.

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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