Terrorismus:"Wir sind im Krieg"

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Nach dem mutmaßlich islamistischen Messerangriff in Nizza fordert der französische Innenminister eine entschlossene Reaktion des Staats. Auch in Deutschland werden Rufe nach konsequentem Vorgehen gegen Extremisten laut.

Von Constanze von Bullion und Paul-Anton Krüger, Berlin/München

Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin hat nach dem mutmaßlich islamistisch motivierten Anschlag in Nizza mit drei Toten vor weiteren Terrorakten gewarnt. "Wir sind im Krieg", sagte er am Freitag im Radiosender RTL. Dieser Krieg richte sich gegen die "islamistische Ideologie", nicht gegen eine Religion. Die Feinde befänden sich "im Inneren wie im Äußeren". Radikale Islamisten versuchten, dem "Land der Freiheit und des Laizismus" ihre kulturellen Vorstellungen und ihre Lebensweise aufzuzwingen. Präsident Emmanuel Macron hatte tags zuvor in Nizza die Einheit der Nation betont, sich aber entschlossen gezeigt, dem Terror nicht nachzugeben.

Darmanin sagte, zum Schutz der Bevölkerung seien 150 zusätzliche Polizisten nach Nizza geschickt worden. Die Zahl der zur Terrorabwehr in Frankreich eingesetzten Soldaten werde, wie bereits von Macron angekündigt, von 3000 auf 7000 erhöht. Zudem würden Tausende Reservisten der Gendarmerie mobilisiert. In den vergangenen Wochen sind laut Darmanin 14 radikalisierte Ausländer ausgewiesen worden. Es war der dritte Angriff in Frankreich binnen zwei Monaten, für die islamistische Extremisten verantwortlich sein sollen.

Der 21 Jahre alte Angreifer, der am Donnerstag zweien seiner drei Opfer in der Basilika Notre-Dame mit einem Küchenmesser die Kehle durchgeschnitten haben soll, liegt mit lebensgefährlichen Verletzungen in einem Krankenhaus und ist nicht vernehmungsfähig. Polizisten hatten ihn angeschossen. Der leitende Ermittler und Anti-Terror-Staatsanwalt Jean-François Ricard sagte, der mutmaßliche Täter, ein 1999 geborener Tunesier, sei am 20. September auf der italienischen Insel Lampedusa angekommen. Er war den Geheimdiensten nicht bekannt. Unklar ist bislang, wie er sich radikalisiert hat.

Die Polizei nahm einen 47 Jahre alten Mann in Gewahrsam, der am Vorabend der Tat Kontakt mit dem Angreifer gehabt haben soll. Die Ermittler versuchen herauszufinden, ob der Attentäter Helfer oder Anleitung hatte. Auch in Tunesien wurde gegen ihn, wie bei Terrorverdacht gesetzlich vorgeschrieben, ein Ermittlungsverfahren eröffnet. Die dortigen Behörden boten Frankreich Unterstützung an.

In Europa und Deutschland mehren sich indes Forderungen nach einer entschiedenen Antwort auf Hass und Terrorismus. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) sagte vor einem Gespräch mit ihren Kollegen aus Frankreich und weiteren EU-Ländern: "Uns eint die Solidarität - aber vor allem auch die Entschlossenheit, alles zu tun gegen die Spirale von Hass und Gewalt." Grünen-Chef Robert Habeck forderte eine konsequente Haltung im Kampf gegen militante Islamisten. Dies gelte inbesondere auch für all diejenigen, die für Weltoffenheit und liberale Grundwerte eintreten. "Nach wie vor zählt der Islamismus zu den gravierendsten Bedrohungen für die innere Sicherheit aller freien Gesellschaften", sagte er der Süddeutschen Zeitung. "Wir müssen diesen Terror, die Gewalt in Deutschland wie in Europa mit allen Mitteln des Rechtsstaates bekämpfen."

Nachahmungstaten könnten auch in der Bundesrepublik nicht ausgeschlossen werden, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums. Man bleibe "sehr wachsam", Anlass für eine Verschärfung der Sicherheitsmaßnahmen in Deutschland gebe es aber nicht. Laut dem Ministerium haben deutsche Behörden etwa 620 Menschen als islamistische Gefährder eingestuft. Etwa 210 hätten die deutsche Staatsbürgerschaft, etwa 110 die deutsche sowie eine weitere Staatsangehörigkeit. Insgesamt befänden sich etwa 350 dieser Personen in Deutschland.

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