Tansania:So knapp wie nie

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John Magufuli ist der offizielle Wahlsieger. (Foto: Reuters)

Die Langzeit-Regierungspartei in Ostafrikas stabilstem Staat hält sich überraschend an der Macht. Doch die gestärkte Opposition vermutet Wahlbetrug.

Von Isabel Pfaff, München

Lange sah es nach einem historischen Machtwechsel aus. Doch nach den Parlaments- und Präsidentenwahlen im ostafrikanischen Tansania am vergangenen Sonntag hat die Wahlkommission den Kandidaten der Regierungspartei CCM, John Magufuli, zum neuen Präsidenten erklärt. Demnach stimmten fast 59 Prozent der Wähler für den bisherigen Arbeitsminister. Damit ist das offizielle Ergebnis deutlicher ausgefallen als erwartet: Nur knapp 40 Prozent der Stimmen erhielt der Kandidat des Oppositionsbündnisses Ukawa, Edward Lowassa. Dieser will die Niederlage nicht akzeptieren: Noch bevor die Wahlkommission am Donnerstag vor die Mikrofone trat, hatte sich der Oppositionelle zum Sieger erklärt, auf Grundlage eigener Berechnungen. Er fechte das Wahlergebnis an und wünsche eine Neuauszählung, teilte der 62-Jährige auf Facebook mit.

Beobachter hatten der Opposition diesmal gute Chancen eingeräumt - ein Novum in Tansania, wo es bisher nie einer Partei gelungen war, der regierenden CCM zur echten Gefahr zu werden. Seit der Unabhängigkeit 1961 regiert die Partei von Staatsgründer Julius Nyerere das Land. Doch dieses Jahr hatte sich die wichtigste Oppositionspartei Chadema mit drei anderen verbündet und mit Edward Lowassa einen prominenten Präsidentschaftskandidaten ins Rennen geschickt: Von 2005 bis 2008 war er Premierminister - vor allem aber war er bis vor Kurzem noch selbst ein CCM-Mann. Nie hat ein Oppositionskandidat in Tansania ein so gutes Ergebnis erzielt wie er.

Internationale Wahlbeobachter loben zwar den friedlichen Verlauf der Abstimmung, attestieren den Wahlbehörden aber mangelnde Transparenz. Das EU-Team warf der Regierungspartei außerdem vor, staatliche Ressourcen für Wahlkampfzwecke zu nutzen - ein Vorwurf, den die Regierungspartei schon oft gehört hat. Kritik übten alle Beobachter an der Annullierung der Wahl auf Sansibar: Anders als die Wahlkommission am Mittwoch behauptete, sei die Abstimmung dort fair verlaufen. Auf Sansibar, der halbautonomen Inselgruppe, die mit dem tansanischen Festland eine Föderation bildet, ist die Opposition traditionell stark.

Nun deuten sich im stabilsten Staat Ostafrikas Unruhen an. Im Landesinnern soll es Anfang der Woche bereits gewaltsame Zusammenstöße zwischen Gegnern und Anhängern der Regierung gegeben haben, am Donnerstag ließ die Regierung Polizisten an den großen Kreuzungen der faktischen Hauptstadt Daressalam aufmarschieren. Bis Freitagnachmittag blieb die Lage ruhig.

Immerhin: Beobachter sagen dem offiziellen Wahlsieger John Magufuli Integrität und Fleiß nach. Als Minister hat er ein umfangreiches Straßenbauprojekt durchgeboxt. Sein Spitzname seither lautet: "Bulldozer".

© SZ vom 31.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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