Syrien:Waffenruhe für Aleppo vereinbart

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Regierungstruppen nehmen die Stadt ein. Rebellen sollen den Ostteil verlassen, die Lage der Zivilisten ist zunächst unklar.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Mehrere syrische Rebellengruppen haben am Abend von einer Einigung auf eine Waffenruhe für Aleppo und einen Abzug aus der Stadt berichtet. Zivilisten und Aufständische sollten demnach die von syrischen Truppen eingekesselten Gebiete im Osten der Stadt verlassen können. Das sagte ein Sprecher der islamistischen Brigade Nureddin al-Zinki, ohne Details zu nennen. Die Waffenruhe sei am Dienstagabend in Kraft getreten, bestätigte Osama Abu Sajd, ein Rechtsberater der Freien Syrischen Armee. Damit würden die Kämpfe um die in Teilen zerstörte syrische Wirtschaftsmetropole nach vier Jahren mit dem Abzug der Rebellen enden.

Ein Vertreter der lokalen Räte, eine Art Stadtrat im Rebellengebiet, sagte, fünf Busse mit Zivilisten würden die Rebellengebiete um fünf Uhr an diesem Mittwoch verlassen. Dagegen teilte Ahrar al-Scham, eine weitere islamistische Rebellengruppe mit, das gesamte Gebiet in Ost-Aleppo werde noch in der Nacht vollständig geräumt.

Russlands Botschafter bei den Vereinten Nationen sagte, nach seinen Informationen gebe es eine Einigung. Die Vereinbarung gelte für die Kämpfer aus Aleppo, die abziehen könnten. Die Zivilisten könnten selbst entscheiden, ob sie bleiben wollten oder ob sie in sicherere Gebiete ziehen wollten. Die Gebiete würden in die Kontrolle der Regierung übergehen, damit sei humanitäre Hilfe möglich. Niemand werde den Zivilisten etwas antun, zitierte Reuters den Diplomaten. Aus syrischen Armeekreisen hieß es zunächst, das Militär habe keine Informationen über eine Feuerpause.

Es hatte in den vergangenen Tagen indirekte Gespräche zwischen Rebellen-Vertretern und Russland gegeben, die von der Türkei vermittelt wurden, ebenso Gespräche zwischen den USA und Russland. Auch Kontakte zwischen den Rebellen und dem Regime soll es gegeben haben. Nichts davon hatte bislang zu einer Evakuierung der Rebellengebiete oder zu einer Waffenruhe geführt. Russlands Außenminister Sergej Lawrow hatte während des OSZE-Außenministertreffens in Hamburg am Donnerstag eine vorübergehende Einstellung der Kampfhandlungen angekündigt, sie kam aber dann doch nicht zustande.

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz und die Vereinten Nationen hatten an die syrische Regierung von Präsident Baschar al-Assad und an Russland appelliert, die Rettung der eingeschlossenen Zivilisten zu ermöglichen. Frankreich hatte für den Abend eine Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrates beantragt. Die UN hatten dem Regime vorgeworfen, Soldaten hätten wahllos mehr als 80 Zivilisten in vier Stadtvierteln getötet, die sie kurz zuvor erobert hatten. Auch gebe es Belege dafür, dass Hunderte Männer nach ihrer Flucht in die Regierungsgebiete verschwunden seien. Regierungstruppen und mit ihnen verbündete Milizen hatten mehr als 90 Prozent der einst von den Rebellen gehaltenen Viertel eingenommen. Das verbliebene Gebiet wurde aus der Luft bombardiert und mit Artillerie beschossen. Laut Rebellen sind dort noch Tausende Zivilisten eingeschlossen, dazu Hunderte oder Tausende Kämpfer.

© SZ vom 14.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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