Es ist eine vorsichtig formulierte Erklärung, keine UN-Resolution. Aber es ist das erste Mal seit September 2013, dass sich die Veto-Mächte im Sicherheitsrat darauf verständigen, neue Vermittlungen im syrischen Bürgerkrieg anzustreben. Für eine Friedenskonferenz im Genfer Format reicht es derzeit längst nicht, zu weit liegen die Positionen der Konfliktparteien in Syrien und ihrer jeweiligen Unterstützer im Ausland auseinander. Deswegen hat der UN-Sonderbeauftragte, Staffan de Mistura, einen bescheideneren Ansatz gewählt: Begleitet von einer internationalen Kontaktgruppe sollen vier Arbeitsgruppen basierend auf dem Genfer Kommuniqué auf "politische Verhandlungen und einen politischen Übergang" hinarbeiten.
Eine Arbeitsgruppe soll sich mit den Themen "Sicherheit und Schutz von Zivilisten" befassen, eine weitere mit politischen und rechtlichen Fragen. Die dritte soll Lösungen für militärische Probleme und in der Terrorismusbekämpfung erarbeiten, die vierte beraten, wie die öffentliche Grundversorgung sichergestellt und das Land wieder aufgebaut und entwickelt werden kann. Vertreten sein sollen die "relevanten Kräfte in Syrien" sein, heißt es in Diplomatenkreisen. Zwar haben sich die wichtigsten Oppositionsgruppen auf einen Übergangsplan geeinigt, doch wie viele der bewaffneten Gruppen sich letztlich von ihnen vertreten sehen, ist nicht klar.
Das Genfer Kommuniqué sieht vor, eine "Übergangsregierung mit vollen exekutiven Befugnissen" zu bilden, an der Vertreter des Regimes von Baschar al-Assad als auch der Rebellen beteiligt sein sollen - die symbolisch höchst aufgeladene Frage nach der Rolle des Machthabers lässt es allerdings offen. Misturas Hoffnung ist nun offenbar, zunächst in Sachfragen eine Annäherung herbeizuführen, um dann mit internationaler Unterstützung eine Lösung zu finden und in Syrien durchzusetzen, die auch Assads Zukunft beinhaltet.
Dem Beschluss des Sicherheitsrates vorangegangen war eine Vielzahl von Gesprächen zwischen Moskau und Washington sowie Vertretern der in den Syrien-Konflikt verwickelten Staaten in der Region. US-Außenminister John Kerry traf in Katar seinen russischen Kollegen Sergej Lawrow und den saudischen Außenminister Adel al-Jubair: Der wiederum flog wenig später nach Moskau. Sichtbares Ergebnis ist eine UN-Resolution, die der Organisation zum Verbot chemischer Waffen ein Mandat gibt, den Einsatz von Chlor in Syrien zu untersuchen - und Schuldige zu benennen.
Syriens Außenminister Walid al-Muallim reiste indes zum ersten Besuch in einem arabischen Land seit vier Jahren nach Oman - das Sultanat hatte schon eine wichtige Rolle dabei gespielt, geheime Kontakte auf hoher Regierungsebene zwischen Iran und den USA anzubahnen. Sie erwiesen sich als entscheidender Schritt zu den Verhandlungen über den Atomstreit, der Mitte Juli mit einem Abkommen beilgelegt wurde. Auch saudische und iranische Diplomaten wurden in Maskat gesichtet.
Moskau weigert sich noch immer, Baschar al-Assad fallen zu lassen
Zugleich tourt Irans Außenminister Mohammad Dschawad Sarif mit einem eigenen Vier-Punkte-Plan durch die Region, der den Bürgerkrieg beenden soll. Er kam dafür nach Damaskus, das von iranischem Geld und Öl abhängig ist. Teherans Einfluss reicht weit: Die schiitische Hisbollah hilft dem militärisch geschwächten Regime zumindest jene Gebiete zu halten, die auch für Iran und die Miliz strategische Bedeutung haben. Sie hört auf Befehle der iranischen Revolutionsgarden. Jüngst handelten diese namens des syrischen Regimes einen Waffenstillstand in der Grenzstadt Zabadani aus. Iran hat seinen Friedensplan nach eigenen Angaben auch der Türkei und Katar vorgelegt, zwei der wichtigsten Unterstützer sunnitischer Rebellen in Syrien.
Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier äußerte die Hoffnung, dass es nach der Einigung im Atomstreit mit Iran "jetzt gelingen könnte, die Blockaden der letzten Jahre zu überwinden". Die Iran-Verhandlungen hätten neue Gesprächskanäle und politischen Spielraum eröffnet, sagen Diplomaten. Dazu komme eine "allgemeine Ermüdung" - das militärische Patt in Syrien verstetigt sich. Die Assad-Unterstützer Russland und Iran sehen, dass die Armee und regimetreue Milizen an Boden verlieren und der Preis für sie weiter steigt. Die Assad-Gegner, darunter die USA, Saudi-Arabien, die Türkei und Katar müssen sich eingestehen, dass die Rebellen keine konkrete Aussicht haben, das Regime zu stürzen. Zugleich wächst die Sorge über den Einfluss der Terror-Miliz Islamischer Staat (IS) und der mit al-Qaida verbundenen Nusra-Front. Die Türkei und Saudi-Arabien, die Ziel von IS-Anschlägen geworden sind, haben ihre lange ambivalente Haltung gegenüber der Terrormiliz revidiert.
Wie schwierig allerdings jeder politische Fortschritt ist, zeigt ein Blick nach Syrien. Dort bombardierte Assads Luftwaffe am Wochenende Douma, einen Vorort von Damaskus, und tötete hundert Menschen auf einem Markt. Es war eine der blutigsten Attacken des Bürgerkriegs.
Unbeeindruckt davon hielt Lawrow am Montag daran fest, Moskau akzeptiere die Forderung mancher Partner nicht, dass am Ende einer Übergangsperiode Assad seinen Posten aufgebe müsse. Von Assads Rücktritt als Vorbedingung für Gespräche, wie etwa Riad es fordert, redete er da schon nicht mehr. Doch werden sich die moderateren Rebellen kaum einem Abkommen unterwerfen, das Assad im Amt beließe. Er und seine Truppen sind noch immer verantwortlich für den Großteil der inzwischen 250 000 Toten in Syrien.