Syrien:100 Beobachter für Aleppo

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Der in der Syrienfrage zerstrittene UN-Sicherheitsrat beschließt einstimmig, eine Beobachtermission nach Aleppo zu entsenden, um die Evakuierung der Bürgerkriegsstadt zu überwachen.

Von Moritz Baumstieger, München

Eine Beobachtermission der Vereinten Nationen soll so bald wie möglich in die syrische Bürgerkriegsstadt Aleppo entsandt werden. In einem einstimmigen Votum beauftragten die 15 Mitglieder des Sicherheitsrats den UN-Generalsekretär Ban Ki-moon am Montagmorgen New Yorker Ortszeit, Absprachen mit den Konfliktparteien zu treffen, um die Sicherheit der Mission zu gewährleisten. Die Resolution ruft zudem alle Konfliktparteien auf, für humanitäre Hilfe einen "vollständigen, unmittelbaren, bedingungslosen, sicheren und ungehinderten Zugang" nach Aleppo zu ermöglichen.

Die Hauptaufgabe der UN-Beobachter soll jedoch sein, den Transport der Zivilisten aus dem bisher von Aufständischen gehaltenen Ostteil der Stadt zu überwachen und über die Lage der dort noch verbliebenen Bewohner zu berichten. Nach Angaben von Samantha Powers, der US-Botschafterin bei den UN, werden mindestens 100 zivile UN-Mitarbeiter an der Mission beteiligt sein.

Der Verabschiedung der Resolution ging ein langes Ringen im Sicherheitsrat voraus. Am Sonntag hatte zunächst die französische Delegation einen eigenen Entwurf eingebracht, den Russlands UN-Botschafter Witalij Tschurkin jedoch ablehnen wollte. Nach dreistündigen Verhandlungen gelang es schließlich, einen Kompromiss mit der russischen Delegation zu erzielen. Obwohl die Evakuierungen in Syrien stockten und die Menschen in Ost-Aleppo auf schnelle Hilfe angewiesen sind, vertagte sich der UN-Sicherheitsrat, damit alle Gesandtschaften ihre Regierungen konsultieren konnten. Mit seinem Votum vom Montag einigte sich der in Hinblick auf Syrien sonst vollkommen zerstrittene Sicherheitsrat das erste Mal seit Monaten auf einen gemeinsamen Standpunkt. Der UN-Botschafter des syrischen Regimes von Machthaber Baschar al-Assad bezeichnete die Resolution trotz der Zustimmung des Verbündeten Russland als "Teil der fortgesetzten Propaganda gegen Syrien und seinen Kampf gegen Terroristen".

Im Osten Aleppos ist die Lage nach Schilderungen von Hilfsorganisationen verheerend. Nach UN-Angaben halten sich dort weiterhin bis zu 40 000 Zivilisten und bis zu 5000 Kämpfer mit ihren Familien auf. Viele Zivilisten drängen zu den Sammelpunkten für die immer wieder ausgesetzten Evakuierungen, andere berichten, von schiitischen Milizen, die für das syrische Regime kämpfen, aus ihren Häusern vertrieben worden zu sein. In der Nähe der Übergänge nach West-Aleppo campieren Tausende auf der Straße oder in offenen Hallen, die Temperaturen fallen nachts unter den Gefrierpunkt. Nach Schätzungen des Roten Kreuzes haben bisher 15 000 Menschen die Rebellenviertel verlassen.

Am Montag ging die Evakuierung zweier schiitischer Dörfer weiter, die seit Monaten von Rebellen belagert werden. Sonntagnacht verließen erste Busse die Orte al-Fu'a und Kafraya, nachdem zuvor mehrere Anläufe gescheitert waren. Schiitische Milizen hatten daraufhin die Evakuierungsversuche in Ost-Aleppo blockiert.

© SZ vom 20.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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