Südafrika:Meer-Strom

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Ein türkisches Schiffskraftwerk: Eine Lösung für Südafrikas Energieprobleme? (Foto: Karadeniz Energy Group)

Das Land könnte bald von Schiffs­kraft­werken versorgt werden.

Von Bernd Dörries

Als sich eine Gruppe Parlamentsabgeordneter des regierenden ANC vor einigen Monaten traf, um die Lage der Energieversorgung in Südafrika zu diskutieren, fiel im Versammlungssaal des Parlaments in Kapstadt der Strom aus. So wie im ganzen Land derzeit immer wieder der Strom ausfällt. Korruption, Missmanagement und politische Gleichgültigkeit haben den staatlichen Strommonopolisten Eskom in wenigen Jahren vom preisgekrönten Unternehmen zum Sanierungsfall gemacht.

Der seit zwei Jahren amtierende südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa versucht nun zumindest, für das am meisten industrialisierte Land des Kontinents wieder eine einigermaßen stabile Stromversorgung herzustellen. Das Energieministerium hat Ende 2019 eine Ausschreibung gestartet, mit der kurzfristig 2000 Megawatt ins Netz eingespeist werden sollen. Sehr vielfältig sind die Optionen nicht, wie das gelingen soll: Südafrika ist von Nachbarn umgeben, die selbst nicht gerade Strom im Überfluss haben. Oder vom Meer.

Von dort könnte nun die Lösung kommen: Die türkische Firma Karpowership hat der Regierung angeboten, innerhalb weniger Wochen mehrere mobile Schiffskraftwerke ans Kap zu schicken, die die Energieprobleme des Landes kurzfristig mildern könnten. Das Unternehmen versorgt derzeit nach eigenen Angaben etwa 30 Millionen Einwohner in acht afrikanischen Ländern mit Strom vom Schiff.

Auf die Idee, temporären Stromengpässen mit mobilen Kraftwerken zu begegnen, kam man wohl zuerst an der Küste Neuenglands, als Winterstürme in den Dreißigerjahren des vergangenen Jahrhunderts die Stromleitungen kappten, ein Energieversorger ließ die SS Jacona bauen, die dann in warmen Monaten dorthin geschickt wurde, wo Sommerfrischler den Stromverbrauch steigen ließen. Ein großer Erfolg war das Schiff nicht, es schaffte kaum zehn Megawatt, etwa ein Prozent der Leistung eines mittleren Kernkraftwerkes. Erst der technische Fortschritt machte die Schiffskraftwerke wieder rentabel. An den Piers von New York speisen ein Dutzend Kraftwerke auf schwimmenden Riesenflößen etwa 400 Megawatt ins Stromnetz ein. Russland setzte Ende 2019 ein schwimmendes Kernkraftwerk in Dienst, das eine Region in Ostsibirien mit Strom versorgen soll. In Japan entstehen schwimmende Photovoltaik-Kraftwerke, im Hamburger Hafen schwimmt ein Flüssiggas-Kraftwerk, das Kreuzfahrtschiffe mit Strom versorgt. Am erfolgreichsten sind aber die 25 Schiffe von Karpowership, die mittlerweile eine Gesamtleistung von fast 5000 Megawatt haben, ein Dutzend weitere sind im Bau und bis zu drei Fußballfelder groß. Motoren und Transformatoren wandeln Gas und Öl in Strom um, was nicht unbedingt zu den umweltfreundlichsten Energiegewinnungsmethoden gehört. Aber günstiger und effizienter sei als die Dieselgeneratoren in vielen afrikanischen Großstädten, sagt Karpowership. Wenn in Istanbul ein neues Schiff vom Stapel geht, ist oft Präsident Recep Tayyip Erdoğan zu Gast, in dessen Amtszeit die türkischen Investitionen in Afrika massiv zugenommen haben. Das Unternehmen Karpowership hat sich für die Expansion in Afrika den Slogan "The power of friendship" ausgedacht.

© SZ vom 11.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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