Südafrika:Ballast abwerfen

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Soll die Partei nicht mit in den Abgrund ziehen: Präsident Jacob Zuma bei der Feier zum 106. Jubiläum des ANC. (Foto: Mujahid Safodien/AFP)

Präsident Zuma soll in Würde Abschied nehmen dürfen - aber gehen muss er. Sein designierter Nachfolger wirbt derweil in Davos für ein neues Südafrika.

Von BERND DÖRRIES, Kapstadt

Am Ende haben ihn selbst seine engsten Unterstützer im Stich gelassen, keiner soll das Wort ergriffen und Jacob Zuma verteidigt haben, den Präsidenten Südafrikas - der nicht mehr lange im Amt bleiben wird, so hat es der ANC am Wochenende beschlossen. Seit Donnerstag saß das 80-köpfige National Executive Committee (NEC) des ANC zusammen, so etwas wie der Parteivorstand der Befreiungsbewegung, und beriet darüber, wie die Zukunft des Präsidenten aussehen soll. Obwohl etwa die Hälfte des NEC als langjährige Unterstützer Zumas gilt, gab es offenbar recht schnell Einigkeit darüber, dass Zuma keinesfalls bis zum offiziellen Ende seiner Amtsperiode Mitte 2019 im Amt bleiben könne, zu groß sind seine Korruptionsskandale und die Gefahr, dass der ANC deshalb die Wahlen verlieren könnte.

Zuma ist ein Mann von gestern, nur noch Ballast. Wann er gehen muss ist noch offen, das soll der neue ANC-Chef Cyril Ramaphosa in den kommenden Wochen mit Zuma verhandeln. Offiziell wollte der ANC gar nichts sagen nach dem durchaus historischen Beschluss vom Wochenende, alles wird wie eine interne Angelegenheit behandelt. Ein Parteisprecher sagte lediglich allgemein: "Das NEC ist sich einig, dass der ANC das Band des Vertrauens zwischen dem Volk und der Bewegung und deren moralische Integrität wiederherstellen muss."

Zumas Gegner würden ihn am liebsten ganz schnell aus dem Amt haben, dann könnte Ramaphosa als neuer Staatspräsident am 8. Februar die wichtige Rede zur "Lage der Nation" halten, die auch an den internationalen Finanzmärkten viel beachtet wird. Dort hatte das Land zuletzt viel Vertrauen verspielt, die Wirtschaft stagniert, die Währung ist abgestürzt und die Politik durch die immer neuen Korruptionsskandale gelähmt. Ramaphosa zieht aber offenbar für Zuma einen Abschied in Würde der schnellen Lösung vor. "Was immer wir tun, wir müssen in dieser Sache mit großer Reife und Anstand vorgehen, wir dürfen die Nation nicht spalten", sagte Ramaphosa.

Vor zwei Wochen trafen sich Zuma und Ramaphosa zu einem Vier-Augen-Treffen in Durban. Die Zusammenkunft muss vor allem für den amtierenden Staatschef überraschend verlaufen sein. "Zuma dachte, dass Ramaphosa ihm sagt, dass er das Amt sofort verlassen sollte, stattdessen entschuldigte sich Ramaphosa", so sagte es ein Zuma-Vertrauter der Zeitung Mail&Guardian.

In den vergangenen Monaten war das Verhältnis der beiden abgekühlt, angeblich sprach Zuma kein Wort mehr mit Ramaphosa, der immerhin Vize-Präsident Südafrikas ist. Zuma hatte seine Ex-Frau Nkosazana Dlamini-Zuma ins Rennen um die Präsidentschaft des ANC geschickt, Ramaphosa gewann die Wahl schließlich knapp. Im Wahlkampf hatte er öffentlich gesagt, er glaube einer mittlerweile verstorbenen Frau, die schon vor Jahren Zuma der Vergewaltigung beschuldigt hatte. Dafür entschuldigte sich Ramaphosa nun womöglich, er will offenbar alles daran setzen, den gespaltenen ANC zu vereinen und Zuma nicht zu demütigen. Auch für Zuma scheint das ein gangbarer Weg zu sein, er hat die vergangenen Jahre im Amt hauptsächlich damit verbracht, diejenigen in Polizei und Justiz aus dem Amt zu entfernen, die Ermittlungen gegen ihn führen wollten.

Nach Davos fährt ANC-Chef Ramaphosa. Er will dort sein neues Südafrika präsentieren

Nun weiß er offenbar selbst, dass es sein einziges Verhandlungskapital ist, für einen frühen Abtritt gute Bedingungen auszuhandeln. Dass er ganz ohne Strafe davonkommt, scheint eher unwahrscheinlich zu sein. Die Strafverfolgung gegen ihn scheint gerade erst richtig zu beginnen.

Zum ersten Mal ordnete die Justiz die Beschlagnahmung von Geld an, die Personen aus dem Umfeld von Zuma durch Korruption ergaunert haben sollen. Vize-Präsident Ramaphosa wird in den kommenden Wochen einen neuen Chef der Nationalen Strafverfolgungsbehörde einsetzen, der bisherige Amtsinhaber hatte sich stets geweigert, ernsthaft gegen Zuma zu ermitteln. Nun geraten die Dinge aber in Bewegung, eine staatliche Kommission soll die Korruptionsvorwürfe gegen Zuma und seine Clique untersuchen, 783 Fälle der Korruption gegen den Staatspräsidenten stehen vor der Zulassung vor Gericht. Es sieht schlecht aus für Zuma, der es in seinem Leben aber schon oft geschafft hat, sich aus unangenehmen Situationen zu befreien. Er kann darauf hoffen, dass es selbst bei seinen Gegnern im ANC durchaus die Bereitschaft gibt, zu verzeihen und zu vergessen. Er wäre umgekehrt bereit, schnell zu gehen. Einen großen Teil der Regierungsgeschäfte hat Ramaphosa ohnehin schon an sich gezogen. Er ernannte einen neuen Chef für den staatlichen Energieversorger, der kurz vor dem Kollaps steht, leer geplündert von Zumas Leuten. Zum World Economic Forum in Davos fährt nur Ramaphosa, der dort sein neues Südafrika präsentieren will.

© SZ vom 22.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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