"Stuttgart 21":Projektgegner lassen Gespräche platzen

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Die Gegner des Stuttgarter Bahnhofprojekts wollen erst mit den Verantwortlichen reden, wenn die Bauarbeiten ruhen. Doch zu mehr als einer "Geste" sind Bahn und Politik nicht bereit.

Dagmar Deckstein, Stuttgart

Das für Freitag angesetzte und mit großen Hoffnungen begleitete Spitzengespräch zwischen Gegnern und Befürwortern des Bahnprojekts "Stuttgart 21" kommt nun doch nicht zustande. Am Montagabend hat das Aktionsbündnis gegen das umstrittene Milliardenprojekt das Treffen mit Vertretern von Bahn, Bund, Landesregierung und Stadt Stuttgart abgesagt.

Stuttgart-21-Gegner demonstrieren seit Wochen gegen den Neubau des Hauptbahnhofs. Jetzt haben sie ein Treffen mit Bahn und Politik abgesagt. (Foto: dpa)

"Wir werden das Gespräch nicht annehmen, weil weiter abgerissen wird", erklärte Gangolf Stocker, der Sprecher des Bündnisses. Dazu habe man sich nach einem Treffen der Projektgegner entschieden.

Nachdem Bahn-Chef Rüdiger Grube und Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus, CDU, sowie der Grünen-Fraktionschef Winfried Kretschmann vor einer Woche zum runden Tisch geladen hatten, hatte das Feilschen über mögliche Vorbedingungen angehalten. Einige Gruppierungen der hartnäckigen Projektgegner hatten einen Baustopp während der gesamten Woche gefordert.

Grube und Mappus hatten als "Geste" aber lediglich versprochen, die Abrissarbeiten am alten Bahnhof wenigstens während des Freitagsgesprächs ruhen zu lassen. Seit Ende August sind bereits große Teile des Nordflügels des Stuttgarter Hauptbahnhofs vom Abrissbagger beseitigt worden. Das sieben Milliarden Euro teure Projekt "Stuttgart 21" sieht vor, den Zugverkehr unter die Erde zu legen sowie eine Anbindung an die Neubaubaustrecke nach Ulm, die für schnellere Zugverbindungen sorgen soll.

Mappus zeigte sich über die Absage Stockers enttäuscht: "Die Ablehnung des Gesprächsangebots an die Gegner von 'Stuttgart 21' nehme ich mit großem Bedauern und auch Enttäuschung zur Kenntnis. Die Projektgegner haben damit die ausgestreckte Hand der Projektträger ausgeschlagen", sagte er am Montagabend. Das zeige nur, dass die Projektgegner an einem konstruktiven Dialog nicht interessiert seien. Das Gesprächsangebot bestehe aber weiter.

Die hartnäckigen Auseinandersetzungen um das längst beschlossene und von allen Gremien verabschiedete Projekt hat inzwischen auch die Kirchen auf den Plan gerufen. Die katholischen und evangelischen Bischöfe in Baden-Württemberg sehen mit Sorge auf den erbitterten Streit und mahnten, Gegner und Befürworter behandelten sich inzwischen in unerträglicher Weise. Dadurch sei die Menschenwürde bedroht, schrieben Gebhard Fürst und Frank Otfried July am Montag. Sie appellierten an beide Seiten, sich nicht gegenseitig zu verunglimpfen und in ihrer Würde zu verletzen.

© SZ vom 07.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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