Stuttgart 21: Die Rolle des Gutachters SMA:Schweizer Examen

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Es gibt wohl niemanden, der die Leistungsfähigkeit des neuen Bahnhofs besser beurteilen könnte: Verkehrsplaner aus der Schweiz sollen nun klären, ob Stuttgart 21 tatsächlich so viele Zugverbindungen zulässt, wie die Bahn verspricht.

Thomas Kirchner

Es gibt vermutlich niemanden, der die Leistungsfähigkeit des neuen Stuttgarter Bahnhofs besser beurteilen könnte als die Verkehrsplaner der Schweizer Firma SMA. Das Unternehmen, das nun herausfinden soll, ob Stuttgart 21 tatsächlich so viele Zugverbindungen zulässt, wie die Bahn verspricht, arbeitet in einer Nische - einer Nische allerdings, die für das Zusammenleben in dicht besiedelten Ländern immer wichtiger wird.

Ein Zug der Rhätischen Bahn fährt auf der Bernina-Strecke durch den Schweizer Kanton Graubünden. Verkehrsexperten aus der Schweiz sollen nun klären, wie leistungsfähig Stuttgart 21 wirklich ist. (Foto: dpa)

Es ist darauf spezialisiert, Systeme des öffentlichen Verkehrs zu optimieren. Dazu gilt es, die vielen Variabeln, aus denen ein solches System besteht, auf bestmögliche Weise aufeinander abzustimmen. Die Variabeln sind zum Beispiel Streckenlänge, Topographie, Fahrgeschwindigkeit, Transportkapazität, Umsteigezeiten. Sie alle gilt es so miteinander zu verbinden, dass am Schluss möglichst viele Menschen möglichst schnell und möglichst pünktlich an ihr Ziel kommen.

Gründer und einer der Teilhaber des Beratungsunternehmens ist Werner Spohler. Er war an der Eidgenössisch-Technischen Hochschule in Zürich tätig, bevor er sich selbstständig machte. Wer den weißhaarigen Mann im nüchternen SMA-Gebäude in Zürich-Oerlikon besucht, dem legt er gleich ein Stück Papier vor die Nase: den Taktfahrplan der Schweiz, ein gigantisches Diagramm, in dem jeder in dem Land verkehrende Zug als Linie verzeichnet ist.

SMA hat diesen Fahrplan mehrmals optimiert, auf fast revolutionäre Weise vor knapp zehn Jahren beim Projekt Bahn 2000. Deshalb gibt es im Schweizer Bahnverkehr so gut wie keine längeren Wartezeiten mehr, die Anschlüsse funktionieren perfekt bis auf den letzten Postbus im hintersten Tal. Das Instrument, das die SMA-Ingenieure dazu entwickelt haben, ist eine Planungssoftware namens Viriato, die das Büro in viele Länder verkauft hat.

Drei Viertel seines Umsatzes macht das Unternehmen im Ausland. Es arbeitet hauptsächlich mit Transportbetrieben und öffentlichen Verwaltungen, aber auch mit der Industrie zusammen. In Deutschland hat es eine wichtige Rolle bei der Einführung von Taktfahrplänen gespielt. Die Zürcher halfen, regionale Netze nach Schweizer Vorbild miteinander zu verbinden. 1993 stießen sie den Allgäu-Schwaben-Takt an, auch an der Taktung in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen waren sie entscheidend beteiligt. Bei der Münchner S-Bahn lieferte SMA das Betriebskonzept für die zweite Stammstrecke.

© SZ vom 01.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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