Streit unter Ministern in Großbritannien:Katzenzoff im Kabinett

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Bizarrer Streit mit ernstem Hintergrund: Der britische Justizminister Clarke spottete über Innenministerin Theresa May, die sich als Hardlinerin positionieren will. Sie hatte auf dem Parteitag der Konservativen behauptet, ein Illegaler dürfe nicht abgeschoben werden, wenn er ein Haustier besitze.

Christian Zaschke, London

Ken Clarke weist gern darauf hin, dass er der einzige Politiker ist, der während der kompletten Amtszeiten von Margaret Thatcher, John Major und David Cameron Minister war. Seit 41 Jahren sitzt er im Parlament, er war unter anderem Innen-, Gesundheits-, Bildungs- und Finanzminister, derzeit ist er Justizminister. Doch nun könnte eine Katze die Karriere des 71 Jahre alten konservativen Politikers beenden. Seit Mitte der Woche entfaltet sich in der britischen Politik eine Posse, über die in der Regierung aber niemand lachen mag.

Ken Clarke sitzt seit 41 Jahren im britischen Parlament, derzeit als Justizminister. (Foto: REUTERS)

Die Geschichte nahm ihren Ausgang auf dem Parteitag der Konservativen in Manchester. Innenministerin Theresa May wetterte gegen den Human Rights Act, der den Geltungsbereich der Europäischen Menschenrechtskonvention für das Vereinigte Königreich regelt. Sie will ihn abschaffen, weil er absurde Folgen habe: "Ein illegaler Einwanderer kann nicht abgeschoben werden, weil - ich erfinde das nicht - er eine Katze als Haustier hat."

Clarke begann umgehend, sich über seine Kollegin lustig zu machen. Er biete eine Wette an, dass das nicht stimme. Mays Lager beharrte dagegen auf der Geschichte. Die Parteiführung mahnte Clarke, sich ruhig zu verhalten. Clarke ist berüchtigt dafür, dass er sagt, was er denkt, ganz gleich, ob es der Parteilinie entspricht. Und die Konservativen wollten sich auf ihrem Parteitag eigentlich als Einheit präsentieren. Clarke schwieg also. Einen Tag lang.

In einem Interview mit der Nottingham Post legte er dann erst richtig los. Er nannte Mays Ausführungen "lächerlich und kindisch" und sagte, dass nicht nur Richter wütend würden, wenn die Innenministerin die Gerichte lächerlich mache. Das Büro von Premierminister David Cameron forderte eine Erklärung von Clarke; gemeint war: eine Entschuldigung. Der aber entschuldigte sich keineswegs. Er erklärte lediglich, er bedauere seine "etwas farbige Ausdrucksweise an einer Stelle des Interviews". Was wiederum bedeutete, dass er darauf beharrte, in der Sache recht zu haben.

Tatsächlich gibt es den Fall eines Bolivianers, der eine Katze besitzt und nicht ausgewiesen wurde. Im entsprechenden Gerichtsbeschluss wird die Katze erwähnt, aber sie ist nicht der Grund dafür, dass eine Aufenthaltsgenehmigung erteilt wurde. Innenministerin May konnte jedoch der Versuchung nicht widerstehen, den Fall zuzuspitzen, was ihr den Beifall des rechten Parteiflügels eintrug. Es führte bei den Kommentatoren des Geschehens zu nicht wenig Erheiterung, dass die Katze, die von May zum Politikum erhoben worden war, den Namen Maya trägt.

Am Donnerstagabend wurden May und Clarke zum Premier in die Downing Street No. 10 bestellt. Man könnte vermuten, dass Cameron derzeit Wichtigeres zu tun hat, aber nun versuchte er, für Ruhe zu sorgen - wie ein Schulrektor, der zwei streitende Kinder ermahnt. Als die beiden Minister Downing Street verließen, lächelten sie, als sei nie etwas vorgefallen.

Aber die absurde Geschichte wird konkrete Folgen haben. Cameron hat sich auf Mays Seite gestellt. Das bedeutet, dass Clarke bei der nächsten Kabinettsumbildung wohl seines Postens enthoben wird. Entweder wird er in den Ruhestand versetzt, oder er folgt Chris Huhne nach, der sich Ende des Monats dafür verantworten muss, dass er versucht hat, seine Strafpunkte für zu schnelles Fahren auf seine Frau zu übertragen. Huhne ist Minister für Energie und Klimawandel - ein Amt, das Clarke in seiner Sammlung noch fehlt.

© SZ vom 08.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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