Glosse:Das Streiflicht

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Wie wohl der ideale fürstliche Empfang für einen gewissen Dr. jur. Hans-Georg Maaßen aussähe.

(SZ) Im ehrwürdigen Historischen Seminar einer rheinischen Universität begab es sich, dass der Professor einen Studenten bat, ihm die Rolle Heinrich des Zänkers in der Reichspolitik des 10. Jahrhunderts darzulegen. Nach einigem Nachdenken antwortete der Prüfling: Heinrich der Zänker war ein notorischer Störer des Reichsfriedens. So unbestreitbar korrekt diese Aussage war, der Mangel an konkreteren Auskünften führte zum Hinauswurf aus dem Professorenzimmer, aber das nur am Rande. Der Zänker war Herzog von Bayern und gemäß einer - bis heute in der Münchner Staatskanzlei fortwirkenden - Tradition von einem Sendungsbewusstsein, das ihm die Führung des christlichen Abendlandes als gerade noch angemessen erscheinen ließ. Ihm, der sogar ein Königskind entführte, widmete der Chronist Thietmar von Merseburg den Nachruf: "Herzog Heinrich ging in seiner Überhebung so weit, dass er wünschte König zu heißen und zum König gesalbt zu werden. König zu heißen erreichte er nur bei wenigen, zum König gesalbt zu werden, gelang ihm aber nicht; denn Gott hinderte es."

Der Zänker liegt begraben in der Kirche St. Emmeram, Regensburg. Da fällt uns ein: Im Schloss nebenan wurde vor nicht langer Zeit dem Vorsitzenden der Werteunion ein feierlicher Empfang bereitet. Genau genommen weilte "Dr. jur. Hans-Georg Maaßen" zum "Abendessen der Werteunion e. V. in Anwesenheit Ihrer Durchlaucht Gloria Fürstin von Thurn und Taxis" im Schloss Emmeram, wie der Rechercheverbund von NDR, WDR und SZ berichtet. Für einen Mann mit Ansprüchen, welche die Führung und Rettung des Abendlandes, zumindest Deutschlands nicht ausschließen, ist dies freilich ein eher begrenzter Erfolg. Ein Dinner bei einer Punk-Prinzessin a. D., die ihre Berufung heute offenbar darin sieht, das Land möglichst schlechtzureden, ist noch kein Meilenstein auf dem Weg des Wertunion-Chefs zur Kanzlerschaft (außerdem, so gemein, hat sie ein Riesenschloss und er nicht).

Man darf davon ausgehen, dass besagte Ansprüche des früheren Verfassungsschutzpräsidenten und Ex-CDU-Manns höchstens durch einen Empfang beim Bundespräsidenten im Schloss Bellevue erfüllt würden. Und auch nur, wenn er dort eine mehrstündige Rede des Inhalts halten dürfte, dass nur Dr. Maaßen die Umvolkung durch die Systemparteien und die teuflischen Machenschaften der globalistischen Elite bannen könnte, weil nur er, zweitens, die nötige Weite des geistigen Horizonts besitzt. Ansonsten: CDU, andere Parteien, Medien, Zivilgesellschaft - Dummköpfe, Sozialisten, wohin er schaut. Dennoch mag ihm das feste Schloss Emmeram noch von Nutzen sein: Es soll über gut 500 Zimmer verfügen. Dort kann Hans-Georg Maaßen alle Mitstreiter einsperren wie jene, die schon nach kürzester Zeit wieder aus der Werteunion und womöglich gar vor deren Vorsitzendem geflohen sind.

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