Sterbehilfe:"Wir lassen dich nicht alleine"

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Mit dieser Haltung wolle man Menschen mit dauerhaftem Sterbewunsch begleiten, sagt Diakonie-Präsident Ulrich Lilie. Er fordert eine verbesserte Suizidprävention.

Der Präsident der Diakonie Deutschland, Ulrich Lilie, plädiert für einen offenen und enttabuisierten Umgang mit Sterbewünschen von Menschen am Ende ihres Lebens. "Ich sehe es als Aufgabe, das Thema Wunsch nach dem Tod zu enttabuisieren und die Menschen, die in unseren Einrichtungen arbeiten, so zu qualifizieren, um damit angemessen umzugehen", sagte Lilie dem Evangelischen Pressedienst.

Die Diakonie wolle sich nicht an der Handlung eines assistierten Suizids beteiligen, aber Menschen mit einem dauerhaften Sterbewunsch seelsorgerisch, pflegerisch und mit der Haltung "Wir lassen dich nicht alleine" begleiten. Aktuell bereite die Diakonie nicht nur eine Orientierungshilfe zum assistierten Suizid vor, sondern erarbeite zudem einen öffentlichen Vorschlag für eine gesetzlich und finanziell abgesicherte Suizidprävention in Deutschland, sagte Lilie. "Wir müssen dafür sorgen, dass unsere Kultur vorrangig eine Sorge- und eine Präventionskultur bleibt. Um dann in gesonderten, begrenzten Fällen Ausnahmen ermöglichen zu können", betonte er.

Es genüge nicht, nur Forderungen an die Politik zu stellen, sondern es bedürfe auch einer Selbstverpflichtung, in die Personalausstattung und in die Qualifizierung von Mitarbeitenden-Teams in der Sterbebegleitung zu investieren. Gleichzeitig unterstrich Lilie, dass die Gesellschaft erheblich mehr tun müsse, um Menschen mit Suizidwünschen auf den Weg zurück ins Leben zu holen. Die Diakonie setze sich daher für eine deutliche Stärkung der Suizidprävention sowie der palliativen Versorgung ein.

Selbsttötung sei Ausdruck von Selbstbestimmung

Im Februar 2020 hatte das Bundesverfassungsgericht das Verbot der geschäftsmäßigen Beihilfe zur Selbsttötung gekippt. Die Richter geben zudem dem Recht auf Suizid einen hohen Stellenwert: Selbsttötung sei Ausdruck von Selbstbestimmung. Dieses Recht schließe die Freiheit ein, auch die Hilfe Dritter in Anspruch zu nehmen. Die beiden großen Kirchen hatten das Urteil scharf kritisiert.

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Georg Bätzing, erneuerte am Wochenende seine Kritik: Das Recht auf selbstbestimmtes Sterben erfahre eine "erstaunliche, aber meines Erachtens gefährliche Aufwertung", sagte der Bischof am Samstag anlässlich eines Ärztetages im Frankfurter Haus am Dom zum Thema "Assistierter Suizid". Das Urteil erwecke den Eindruck, dass dieses Recht in die "innerste Mitte der gesamten Architektur der Freiheits- und Persönlichkeitsrechte der Verfassung" führe, so Bätzing. "Ich frage mich: Dürfen Rechtstexte nicht nachdenklicher geschrieben sein?" Er befürchte, dass ein Paradigmenwechsel in der Gesellschaft bereits begonnen habe.

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