Sri Lanka:Ein Blockierer kehrt zurück

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In Sri Lanka will Ex-Präsident Rajapaksa jetzt Premier werden. Keine gute Nachricht für den Inselstaat.

Von Arne Perras, Singapur

Mahinda Rajapaksa hielt es für einen guten Trick, als er im Januar vorgezogene Wahlen ansetzte. Er kalkulierte, dass er so seine Macht noch einmal retten könnte. Aber der damalige Präsident Sri Lankas hatte sich verrechnet. Es siegte ein anderer, die Wähler hoben seinen Rivalen Maithripala Sirisena ins Amt. Vielen war Rajapaksa nach zehn Jahren Herrschaft unheimlich geworden: zu selbstherrlich, zu autoritär. Die Korruption wucherte unter seiner Führung mehr denn je, also stimmten viele für den anderen Mann, der als integer galt und versprach, die Vetternwirtschaft zu bekämpfen und dem Parlament wieder zu seinem Gewicht zu verhelfen.

So also verlor Rajapaksa überraschend. Nun aber hat er sich wieder hochgerappelt. Am 17. August wählen die Bewohner des südasiatischen Inselstaates ein neues Parlament. Und Rajapaksa tritt an, um Premierminister zu werden. Nach der Niederlage im Januar wäre es ein spektakuläres Comeback.

Ob ihm das gelingen wird, ist alles andere als sicher, aber Zweifel wischt der 69-Jährige ohnehin gern zur Seite, sein Selbstbewusstsein hat trotz der herben Niederlage kaum gelitten. Befragt nach seinen Fehlern, kann er auch nur einen einzigen ausmachen, der ihm während seiner Amtszeit unterlaufen sei: eben das Vorziehen der Präsidentschaftswahl, bei der er scheiterte.

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(Foto: Eranga Jayawardena/AP)

Sri Lankas ehemaliger Präsident Mahinda Rajapaksa, 69, tritt bei den Parlamentswahlen an, um Premierminister zu werden.

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(Foto: Ishara S.Kodikara/AFP)

Neuer Präsident ist seit Januar Maithripala Sirisena, an den Rajapaksa sein Amt nach zehn Jahren verloren hatte.

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(Foto: Gemunu Amarasinghe/AP)

Über den Parlamentswahlen schwebt die Frage, wie die Gräuel des Bürgerkrieges glaubwürdig aufgearbeitet werden können, um Singhalesen und Tamilen zu versöhnen.

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(Foto: Eranga Jayawardena/AP)

Unter Rajapaksa besiegte das Militär 2009 die tamilischen Befreiungstiger. Seither wird er trotz Korruptionsvorwürfen von vielen als Kriegsheld verehrt.

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(Foto: Ishara S. Kodikara/AFP)

Im Bürgerkrieg waren tausende Kindersoldaten im Einsatz. Die Aufklärung möglicher Kriegsverbrechen hatte Rajapaksa stets verhindert.

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(Foto: Kuni Takahashi/Bloomberg)

Ist Rajapaksa bei den Parlamentswahlen erfolgreich, könnte dies die Reformen von Neu-Präsident Sirisena ins Wanken bringen.

Ansonsten tut King Mahinda, wie man ihn einst nannte, jetzt gern so, als habe es die Schlappe gar nicht gegeben. Im Wahlkampf präsentiert er sich, als wäre er noch immer die unverzichtbare Nummer eins. Als sein Gegenspieler Sirisena das Amt im Januar eroberte, wurde dies auch jenseits der Grenzen als wichtige Wegmarke eingestuft. Der Machtwechsel galt als erster Schritt, um Reformen voranzutreiben und auch einer Versöhnung auf der Insel eine Chance zu geben. Der neue Präsident schien den Weg für einen dauerhaften Ausgleich zwischen den Volksgruppen zu ebnen. Die große Mehrheit der fast 21 Millionen Einwohner sind Singhalesen, etwa 15 Prozent sind Tamilen. Erst 2009 ging ein drei Jahrzehnte langer Bürgerkrieg zu Ende. Auch wenn die Waffen nun schweigen, so sind die Wunden noch lange nicht verheilt. Eine Aussöhnung zwischen den ethnischen Gruppen kommt kaum voran.

Wie Sri-Lanka-Experte Alan Keenan von der International Crisis Group anmerkt, waren nach der Januar-Wahl die Hoffnungen auf eine demokratische Revolution, vor allem in der internationalen Gemeinschaft, überzogen. Der singhalesische Nationalismus ist stark geblieben, und Rajapaksa bedient diese Sehnsüchte, indem er sich nun als "Garant für die Zukunft" anpreist. Er versucht, die patriotischen Kräfte hinter sich zu scharen. Auf dieser Welle kann er in einem Land, in dem sich so viel Misstrauen zwischen den Ethnien aufgestaut hat, weit kommen. Und selbst wenn er nicht die nötige Mehrheit bekommen sollte, um Premier zu werden, so könnte er einen starken nationalistischen Block anführen und so Reformen Sirisenas ausbremsen.

Seit Januar ist der 69-jährige Mahinda Rajapaksa das Präsidentenamt in Sri Lanka los. Nun will er als Premier zurück an die Macht. (Foto: Dinuka Liyanawatte/Reuters)

Dessen Anhänger reagierten entsetzt darauf, dass der geschlagene Rajapaksa nun schon wieder eine neue Chance bekommen soll. Seine Kandidatur ist ein Indiz dafür, dass der Rajapaksa-Clan noch immer starken Rückhalt im Establishment hat. Die progressiven Kräfte und Stimmen der Minderheiten, die Sirisena zum Sieg verhalfen, stemmen sich nun gegen Rajapaksas nationalistischen Populismus, der vielerorts gut ankommt.

Über allem schwebt die Frage, wann in Sri Lanka ein glaubwürdiges Aufarbeiten der Kriegsgräuel beginnen kann. Ohne sie wird Aussöhnung zwischen der Mehrheit der Singhalesen und der Minderheit der Tamilen nicht möglich sein. Unter Rajapaksas Führung besiegte das Militär 2009 die rebellierenden tamilischen Befreiungstiger (LTTE), seither verehren viele den Ex-Präsidenten als Kriegshelden. Doch Rajapaksa hinderte die Vereinten Nationen stets an einer Aufklärung mutmaßlicher Kriegsverbrechen, nachdem in den letzten Wochen der Kämpfe 40 000 tamilische Zivilisten ums Leben gekommen sein sollen. Kehrt Rajapaksa auf eine machtvolle Position zurück, so dürfte das die Aufklärung dieses düsteren Kapitels kaum erleichtern.

Sirisena gab der gedemütigten Minderheit im Land im Januar Hoffnung, viele stimmten für ihn als Präsidenten, weil sie ihm den Wandel zutrauten. Nun aber könnte ausgerechnet der hartnäckige Blockierer Rajapaksa mit darüber entscheiden, ob die Wunden des Krieges bald heilen können oder nicht.

© SZ vom 11.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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